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Robert Ditter:
EIN FRUCHTBARER IRRTUM
Irren ist menschlich, meinte schon Seneca und sprach damit eine Grunderfahrung unseres
Daseins aus. Eingedenk dieser Tatsache wird im Geschäftsverkehr häufig die Formel „Irrtum
vorbehalten" verwendet. Bei Irrtümern in der literatur wird gerne der „Druckfehlerteufel"
bemüht, der sich angeblich eingeschlichen habe. Ganzanders verhält es sich dagegen müdem
„fruchtbaren Irrtum", der zu einer neuen, besseren Erkenntnis führt. Einem solchen sind wir
im letzten Heft („D'Kräz", Heft 15, S. 8jf.) erlegen, als wir das heute im Stadtmuseum ausgestellte
Schloßmodell einem Wilhelm Haas zuschrieben. Zwar wußten wir, daß es sich dabei
nicht um den früheren Stadtarchivar handelte, aber wir glaubten an die Existenz eines
Namensvetters, bis wir bald nach dem Erscheinen des Heftes eines Besseren belehrt wurden.
Gerne berichtigen wir im folgenden unseren Irrtum, das um so lieber, als dieser sich letztlich
als äußerst „fruchtbar" erwiesen hat.
Mit Datum vom 1. Februar 1996 erhielt die Redaktion
einen Brief aus Adlikon/CH. Verfasserin
war Anita von Arx geb. Haas, die sich immer
noch, wie sie darin bekennt, mit ihrer
Heimatstadt verbunden fühlt und daher mit
großem Interesse unsere Arbeit verfolgt. Der
eigentliche Grund ihres Briefes war jedoch
der Hinweis auf einen Fehler in unserem Beitrag
: Nicht ein Wilhelm Haas sei der Erbauer
des Schloßmodells gewesen, sondern ihr Vater
Meinrad Haas. Als Kind habe sie während
des Zweiten Weltkriegs den Bau dieses und
anderer Burgmodelle miterlebt. Sie seien alle
unmittelbar nach dem Kriege der Stadt
Schramberg zur späteren Aufstellung in einem
Heimatmuseum überlassen worden. Sie
sei im Besitz eines Buches, in dem Fotos sämtlicher
Modelle zusammen mit Begleittexten,
von Eugen Müller, dem späteren äußerst verdienstvollen
Stadtrat, in Schönschrift gestaltet
, enthalten seien. Zum Beweis legte sie
dem Brief eine Kopie des Vorworts bei, das,
weil es alles Wesentliche über die Entstehung
aussagt, hier in Auszügen und mit einigen
leichten Korrekturen wiedergegeben werden
soll:
Dem unermüdlichen Burgen- und Heimatforscher Wilhelm Haas,
Archivar der Stadt Schramberg, sei hier besondere Ehre und Dank
ausgesprochen. Durch jahrzehntelange Studien und aufopfernde
Arbeit an Hand von alten Chroniken, Urkunden und Dokumenten
gelang es ihm, die Sage und Geschichte unserer Fünftälerstadt
Schramberg niederzuschreiben und zu veröffentlichen. Eine Neubearbeitung
der Chronik ist in Angriff genommen. Wie viele Stunden
mag Wilhelm Haas auf den zerfallenen Burgruinen zugebracht
haben, bis Zeichnungen der einzelnen Burgen gemacht werden
konnten. . .
Paul Rebstock, ein genialer Zeichner, machte sich unter Hinzunahme
alter Grundrisse und Beschreibungen ans Werk, die einzelnen Burgen
zu rekonstruieren und im Bild wiedererstehen zu lassen. Auch ihm
sei für seine mühevolle Arbeit großer Dank ausgesprochen.
Mit Idealismus und aus liebe zur Heimat. . . ging ich daran, die fünf
Burgen der Geschichte von Schramberg im Modell wiedererstehen zu
lassen . . . In jahrelanger Arbeit, jede freie Stunde, oft ganze Nächte
dazu verwendend, fertigte ich in mühevoller Bastelarbeit die Modelle
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