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Verwaltung
Zu den herrschaftlichen Beamten, die im Auftrag
des Herrn arbeiteten, gehörten der Oberamtmann
und unter dessen Aufsicht der Schreiber
, der Rentamtmann, der Büttel als Repräsentant
der Polizeigewalt und der Forstknecht.
Auch die vom Freiherrn ernannten Pfarrer
galten als dessen Beamte.
Die männlichen Untertanen waren, zumindest
im Bereich der Rechtsprechung, an der Verwaltung
beteiligt. Bei Malefizprozessen trat der
herrschaftliche Anwalt als Kläger auf, das Urteil
wurde aber vom Stabhalter, einem der sechs
Vögte, verkündet, nachdem es die Ausschüsse,
nämlich von den Gemeinden gewählte Schöffen
aus den fünf Gerichtsbezirken, gemäß der
Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V gefällt hatten
. In den Ausschüssen waren gewöhnlich un-
Abb. 2: Stabhalter Sebastin Maurer, Vogt im Tal,
mit 12 Richtern (Ausschüsse) in einem Malefizpro-
zess von 1651. Im Prozess von 1662 traten fast alle
wieder als Zeugen auf
parteiische Vögte und Beivögte aus den fünf
Stäben vertreten, dazu einige Bauern, jedoch
kaum Tagelöhner. Die Vögte und Beivögte
selbst wurden von den Bauernschaften gewählt
, vom Herrn aber ernannt. Nach Meinung
des Herrn auf Schloß Schramberg hatten sie
gehorsamst dessen Interessen zu wahren. Gegen
diese Gehorsamspflicht verstießen sie
nach Meinung des Pfandherrn Johann Friedrich
von Bissingen in der Karwoche 1662 sträflich
(Abb. 2).
Rebellion und Sedition?
In einem Protestationslibell an das oberösterreichische
Regiment schildert Freiherr Johann
Friedrich von Bissingen den unerhörten Vorgang
. Bis in den innern Schloßhof drangen Talvogt
Sebastian Maurer und die übrigen Vögte,
gefolgt von einer Schar Untertanen, vor. Vom
Amtmann ließen sie sich weder abweisen
noch vertrösten. Zunächst brachten sie ihre
Beschwerden mündlich, dann schriftlich in
40 Artikeln vor. Sie verlangten sofortige Abhilfe
. Der Obrist von Bissingen jedoch hatte die
Rädelsführer, voran Sebastian Maurer, einzeln
aufs Schloß bestellen und examinieren wollen.
Dagegen schworen die Untertanen untereinander
, nur gemeinsam aufs Schloß zu gehen
und sich nicht abweisen zu lassen. Der kranke
Freiherr ließ mitteilen, wenn er sich besser fühle
, werde er im Urbar nachschlagen lassen und
ihnen zu gegebener Zeit Bescheid geben. Den
Untertanen wurde es schließlich zu bunt. Sie
gaben die Cassagelder, Steuergelder, die sie eigentlich
dem Landtag in Ehingen hätten überbringen
müssen, sechs gewählten Abgeordneten
auf die Reise nach Innsbruck mit. Dort
übergaben die Abgeordneten dem Regiment
die Beschwerdeartikel. Der Obrist wiederum
klagte den größten Teil der Untertanen der Rebellion
und Sedition an und verlangte, wenn
auch vergeblich, österreichische Militärhilfe.
Die Untertanen erreichten die Entsendung
einer hochwohllöblichen Kommission nach
Schramberg. Im Namen von Erzherzog Ferdinand
Carl verbot das Regiment dem Freiherrn,
vor dem Ausgang des Prozesses gegen die
Untertanen vorzugehen. Talvogt Sebastian
Maurer, der als erster Zeuge im Prozeß vorgesehen
war, blieb im Amt.
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