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Beharrlich bestanden die Zeugen aus
dem Stab Mariazell darauf, dass jene Wälder
zur Mariazeller Allmende gehörten.
Sie hätten bisher immer Vogt und Gemeinde
, jedoch nie die Obrigkeit um Erlaubnis
gefragt,wenn sie beispielsweise
Bauholz benötigten. Der Freiherr betrachtete
jedoch diese Wälder als herrschaftliches
Eigentum. Allerdings kassierten
die Bauern der zwölf Mariazeller
Urhöfe noch bis 1773 von den Hardter
Bauern, die ihr Vieh ins Feurenmoos trieben
, Weidegeld.
Insgesamt wollten die Untertanen das Herkommen
und das gute, alte Recht gewahrt wissen
und wehrten sich dagegen, über die Maßen
beschwert zu werden.Als schriftliche Rechtsgrundlage
erkannten sie das Urbar des Rochus
Merz an, das aber wohlverwahrt in einer Truhe
im Schloß lag und von dem sie keine Kopie erhalten
hatten.
Ein ganz wesentlicher Streitpunkt waren die
Geldbußen im Bereich der niederen Gerichtsbarkeit
. Die Untertanen behaupteten, daß der
Herr „Die Geldtstraffen, frevel und buessen zu
hoch, und wider altes Herkommen nach gefallen
"6 ansetze. Die Amts- und Strafenprotokolle
jener Jahre legen ein beredtes Zeugnis davon
ab, wie die Untertanen immer wieder versuch-
ten,durch das engmaschige Netz von Verboten
, Einschränkungen persönlicher Freiheit
und vielfältigen Abgaben und Dienstleistungen
zu schlüpfen. Da hielt selbst der Vogt von Mariazell
ohne herrschaftliche Erlaubnis einen
Tanz in seiner Scheuer ab, da wurde, um dem
Mühlenzins (1/16 des gemahlenen Getreides)
zu entgehen, Getreide außerhalb der Herrschaft
gekauft und gemahlen (Abb. 4). Es wurden
Zehntgarben beiseite geschafft. Untertanen
, die aufs Schloß zitiert worden waren, erschienen
dort nicht. Es wurde auch versucht,
den Hoffall, eine Art Erbschaftssteuer, zu umgehen
: „Jacob Cammerer uffm Hardt, weilen er
die Obrigkeit seiner verstorbenen Muetter Hoffällen
halber, als er der Besitzer gewesen wär,
betrügen wollen, sich aber hernach befunden,
daß die Muetter Besitzerin gewesen, auch Ihme
der Hof käuflichen nit übergeben, ist er gestraft
worden 10 fl."7 Diese Beispiele zeigen, wie die
Untertanen ihre Belastungen, die ihre Freiheit
ebenso einengten wie ihre wirtschaftliche Lei-
Abb. 4: Zwei Einwohner von Aichhalden werden
beschuldigt, entgegen dem Mühlenbann Getreide
außer Landes mahlen gelassen zu haben
stungsfähigkeit, immer wieder zu mindern
suchten. Im Prozess von 1662 gelang ihnen
dies nicht.
Die Herren von Bissingen im Vorteil
Johann Friedrich von Bissingen äußerte sich erbittert
über seine ungehorsamen Untertanen
und ihre unerlaubten Zusammenkünfte, „die
sie heymlich in Wüncklen und ungewöhnlichen
Orthen getan haben"8. Nach seinem patriarchalischen
Verständnis war er ein guter
Landesvater, der die zerrüttete Herrschaft wieder
instand gesetzt hatte, den Untertanen geholfen
und sie „bevorab mit abwendung der
Quartiere nicht als ein Obrigkeit, sondern als
ein Vatter gehalten, und tractiert"9 hatte. Im
Prozess, der im Juli/August 1662 im Wirtshaus
von Conrad Clentz im Tal stattfand, festigte der
Pfandherr seine Position. Die Untertanen erhielten
nicht,wie gefordert,eine Kopie des Urbar
s. Es wurden nur Auszüge angefertigt und
abgelesen. Der gestrenge Fragenkatalog, nach
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