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bendig ist. Die alten Stücke werden zu hohen
Preisen von Uhrensammlern gehandelt. Deshalb
gibt es auch, jetzt wieder in Neuauflage,
eine Geschichte der Fa. Becker, die in den USA
erschienen ist, mit Abdruck eines originalen
Werkkatalogs aus dem Jahr 1924. Die Geschichte
endet in diesem Buch mit dem Jahr
1930, der Übermahme der Fa. Becker durch
die Fa. Junghans. Sie bzw. Ihre Familien bezeugen
, daß die Geschichte dieser Firma
auch nach diesem Datum weiterging. Aber
wenig ist darüber bekannt, in welchem Umfang
die Produktion hier in Schramberg weitergeführt
wurde, wie viele Mitarbeiter damals
nach Schramberg umgezogen sind und
wie sie sich hier eingelebt haben. Auch sonst
ist wenig über die genaueren Umstände dieser
Firmenübernahme bekannt.Mein Kollege
Günter Buchholz und ich wollen versuchen,
soviel wie heute noch möglich über diese Fragen
herauszubekommen.
Dabei sind Sie eine wichtige, für viele Fragen
die einzige Quelle. Deshalb wollen wir Sie
bald einmal zu einem ersten Gespräch einladen
, um zu hören, woran Sie sich erinnern.
Wir hoffen sehr, daß Sie dabei mitmachen
werden. Vorab aber möchten wir schon einmal
fragen, ob Ihnen über die mit diesem
Brief angeschriebenen ehemaligen Freiburger
noch weitere Mitbürger bekannt sind, die
entweder selbst diesen Umzug mitgemacht
haben, wahrscheinlich als Kinder von Becker-
Mitarbeitern, oder die sich als Kinder an Erzählungen
ihrer Eltern aus dieser Zeit erinnern
werden. Mein Kollege Schlesinger zum
Beispiel gehörte zu dieser letzten Gruppe. Für
jede Information über Namen und Adressen
sind wir Ihnen sehr dankbar, auch wenn die
Betreffenden heute nicht mehr in Schramberg
oder Umgebung wohnen. Auch wenn der genaue
Wohnort nicht bekannt ist, könnte es
lohnend sein, nach ihnen zu suchen.
Außerdem nennen wir Ihnen jetzt schon einmal
die Fragen, die wir Ihnen in einer ersten
Gesprächsrunde stellen wollen. Vielleicht regen
sie Sie an, in Ihren Erinnerungen zu suchen
. Möglicherweise finden Sie auch noch
Dokumente, die uns weiterhelfen können.
Hier sind die Fragen:
1 Etwa wie viele Freiburger sind damals nach
Schramberg umgezogen? Wann erfolgten
die Umzüge? Kennen Sie noch Namen?
2 Wie wurden Sie bzw. Ihre Familien in
Schramberg auf genommen? In der Schule?
In den Kirchen? In Vereinen? Im Betrieb?
3 Haben die Freiburger in Schramberg besondere
Formen des Zusammenhaltens
entwickelt? Verein? Club? Freundschaften?
4 Hat sich das Verhältnis der Freiburger zu
den Schrambergern nach dem Krieg, als
Flüchtlinge aus dem Osten kamen, verändert
?
5 Wissen Sie etwas über die wirtschaftlichen
Ursachen, die zum Ende der Fa. Becker geführt
haben? Wieviel aus der Freiburger
Produktion wurde von funghans übernommen
? Blieb ein Restbetrieb unterfung-
hansscher Führung in Freiburg?
Wir werden natürlich auch nach anderen Informationsquellen
suchen, so daß das Gelingen
dieser Untersuchung nicht allein von Ihnen
abhängen wird. Aber wir versprechen
uns vor allem von den Gesprächen mit Ihnen
Einblick in die menschlichen Erfahrungen,
die mit dieser wirtschaftlichen Entwicklung
verbunden waren. Und daher bitten wir Sie
sehr herzlich, uns bei dieser Bemühung zu
helfen.
Einen Terminvorschlag und einen Treffpunkt
nennen wir Ihnen noch. Aber auch schon davor
sind wir für telefonische oder schriftliche
Nachrichten sehr dankbar.
Wir konnten mit zweien telefonisch Kontakt
aufnehmen. Zu einem persönlichen Gespräch
waren sie nicht bereit. Beide erklärten übereinstimmend
, daß sie sich an die damaligen
Ereignisse nicht mehr erinnern könnten. Beide
waren zum Zeitpunkt der Übersiedlung 13
Jahre alt. Diese Aussage ist also wenig überzeugend
.
Beide haben in Schramberger Familien hineingeheiratet
. Darf man den Schluß ziehen, daß sie
sich nur ungern an die Ereignisse von vor
60 Jahren erinnern wollten?
Der einflußreichste Zuwanderer war sicherlich
Direktor Juchelka, der auch im Gespräch
immer wieder erwähnt wird. In der Einwohnerkarte
, die wir im Stadtarchiv aufspürten, findet
sich der Eintrag: Zuzug 1946 als Flüchtling
aus Braunau. Früher in Schramberg gemeldet
von 30.8.33 bis 1.4.38 (Abb. 7).
In Braunau/Böhmen befand sich, wie oben
erwähnt, ein Zweigbetrieb der Fa. Becker.
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