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sinn" und wählten Josef Hug vom „Frohsinn"
zum ersten und Josef King von der „Freiheit"
zum zweiten Vorsitzenden (Abb. 7). Das Übergewicht
des bürgerlichen Gesangvereins zeigte
sich auch in der Zusammensetzung der
Gründungsversammlung, an der sich 45 Sänger
des „Frohsinn" und nur 27 Sänger der „Freiheit
" beteiligten (PB 25.5.1933). Vaterländische
Lieder, die nun besonders wichtig wurden
, schreckten viele Sänger der ehemaligen
„Freiheit" ab; sie hielten sich von vornherein
fern oder zogen sich allmählich zurück (PB
19.1. 1934/PB 4.5.1933). Für das Gausängertreffen
am 16. Juli 1933 studierte man das
Chorwerk „Gotentreue" ein, das „die deutsche
Seele und das deutsche Gemüt und Volksempfinden
, sein Schicksal und Hoffen" ausdrücken
sollte (NSW 24.7.1933). Auf der Grundlage von
Richtlinien der NSDAP zur Gleichschaltung des
Vereinswesens, die vorschrieben, daß die Vereinsvorstände
zur Hälfte aus NSDAP-Mitgliedern
bestehen müßten, wurde Josef King bald
aus der Vorstandschaft verdrängt und durch
Otto Winterhalter ersetzt (PB 6.8.1933). Dennoch
wurde beschönigend betont, daß Gleichschaltung
„nie Ausschaltung der Vereinsmitglieder
" bedeuten dürfe (PB 19.8. 1933). In
Wirklichkeit war aber genau das der Fall.
Gleichzeitig - und damit wurde die Strategie
der Gleichschaltung offensichtlich - wurde der
„Vereinigte Männergesangverein Frohsinn"
immer stärker in die Propagandaarbeit der
NSDAP-Ortsgruppe eingebunden (PB 3.11.
1933 / PB 12.11.1933). Der Rückzug vieler ehemaliger
Sänger der „Freiheit", die mit der
Gleichschaltung nicht einverstanden waren
und ihre Meinung äußerten, wurde als „Bloßstellung
des Vereins" gebrandmarkt, und man
war sich einig, „daß mit aller Schärfe gegen diese
schamlosen Elemente vorgegangen werden
muß" (PB 23.12. 1933). Die ersten Erwartungen
, einen Gesangverein mit über 100 Mitgliedern
bilden zu können, erfüllten sich nicht.
Vielmehr wurde bei der Generalversammlung
am 19. Januar 1934 festgestellt: „Leider hat die
Vereinigung nicht die starke Erhöhung der Sängerzahl
gebracht, wie man es hätte erwarten
dürfen" (PB 19.1.1934). Dennoch ging das Gefühl
der Zusammengehörigkeit unter den ehemaligen
Sängern der „Freiheit" nicht verloren.
Sie fanden sich nach dem Ende des Dritten Reiches
wieder zusammen und gründeten in der
Tradition ihres alten Arbeitergesangvereins in
Lauterbach den „Volkschor". Der „Volkschor"
bestand bis zur Vereinigung mit dem „Frohsinn
" am 15. Januar 1965 und stellt für eine
zukünftige Untersuchung ein interessantes
Fallbeispiel für den Wandel der Arbeiterkulturbewegung
in der Nachkriegszeit dar.34
Abkürzungen
NSW NS-Wacht
NSV2 Nationalistische Volkszeitung
PB Protokollbuch des Männergesangvereins
„Frohsinn" Lauterbach
bzw. des „Vereinigten
Männergesangvereins Frohsinn"
Lauterbach
SNB Schramberger Nazi-Blätter
SP Schwarzwälder Post (ab 1950
wieder Schwarzwälder Bote)
ST Schwarzwälder Tagblatt
SVW Schwarzwälder Volkswacht
SZ Schramberger Zeitung
60
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