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Bernhard Rüth:

ADEL UND KONFESSIONALISIERUNG IN DER
HERRSCHAFT SCHRAMBERG

ODER: WARUM BLIEB SCHRAMBERG KATHOLISCH?

Die nachfolgende Abhandlung geht auf einen Vortrag
zurück, den der Autor am 3 Juli 1998 anläßlich
der Jahreshauptversammlung des Museumsund
Geschichtsvereins Schramberg im Kulturzentrum
Schloß gehalten hat. Der Textteil wurde in
der Vortragsform belassen. Im Anmerkungsteil
sind die Quellen und Darstellungen, die für die
Geschichte der Herrschaft Schramberg im 16.Jahrhundert
einschlägig sind, im Zusammenhang
nachgewiesen. (Die Redaktion)

Es gehört zu den schwierigsten Aufgaben des
Historikers, geschichtliche Phänomene zu erklären
. Hierfür stehen ihm verschiedene methodische
Ansätze zu Gebote. Die „klassische"
Geschichtswissenschaft bedient sich des her-
meneutischen Verfahrens; sie erklärt Geschichte
intentional, indem sie auf die Motive der
handelnden Personen eingeht. Der Philosoph
Hermann Lübbe umschreibt das Wesen der historischen
Erklärung folgendermaßen: „Die historische
Erklärung erklärt den [...] unverständlichen
Fall dadurch, daß sie ihn als
Resultante sich überkreuzender Handlungen
verschiedener Subjekte erklärt, die jeweils andere
dominierende Zwecke verfolgten und der
Rationalität eines übergreifenden Handlungszusammenhangs
[...] nicht unterworfen waren
."1 Daneben bietet sich das theoretische
Instrumentarium der Gesellschaftswissenschaften
an. So erklärt die moderne Geschichtswissenschaft
- als historische Sozialwissenschaft
- Geschichte funktional, indem
sie auf überpersönliche Strukturen und Prozesse
abhebt. Diese Verfahrensweisen schließen
sich gegenseitig nicht aus, sondern ergänzen
sich wechselseitig.

Warum ist Schramberg eine Stadt mit katholischer
Tradition? Weshalb setzte sich die Reformation
im 16. Jahrhundert in der Herrschaft
Schramberg - entgegen dem „säkularen Trend"
- nicht durch? Diese Fragen berühren die geschichtliche
Identität Schrambergs. Die Katho-

lizität der Stadt bedarf der historischen Erklärung
.

Die Geschichtswissenschaft widmet sich seit
den 70er Jahren mit bemerkenswerter Intensität
der lokalen Dimension des reformatorischen
Umbruchs; dabei geht die Forschung in
erster Linie der Frage nach, warum sich die Reformation
im territorialen wie im städtischen
Bereich in weiten Teilen Mitteleuropas durchsetzte
.2 Im Rahmen des Paradigmas „Stadt und
Reformation" fanden - sozusagen als Negativfolie
- auch Fälle unterbundener oder unterbliebener
Reformation Beachtung: die katholischen
Reichsstädte3 - wie Rottweil4 und Überlingen5
-, katholische Bischofsstädte6 und auch katholische
Landstädte7 - wie z. B. Mindelheim. Olaf
Mörke widmete Stadt und Herrschaft Mindelheim
eine methodisch vorbildliche Untersuchung
; sie trägt den bezeichnenden Titel „Die
Ruhe im Sturm".8 Mit der Frage „Warum gab es
in Mindelheim keine Reformation?" erhebt
Mörke - in Anlehnung an Robert W Scribner9 -
den Nichtvollzug der Reformation zum „erklärungswürdigen
Faktum".10
Unter diesem Aspekt wird auch der Fall
Schramberg zum Exempel. Die Geschichte der
Reformations-Abstinenz in der Herrschaft
Schramberg fällt unter das historische Paradigma
„Adel und Konfessionsbildung". Dieser
Problemkreis wurde - im Gegensatz zum
Themenbereich „Stadt und Reformation" - von
der historischen Forschung vernachlässigt; es
fehlt an Einzeluntersuchungen wie an Überblicksdarstellungen
.11 Auszugehen ist von einem
Problemaufriß, den Volker Press 1979
vorgelegt hat. Press' Abhandlung „Adel, Reich
und Reformation" steckt den theoretischen
Rahmen für Fallstudien zum Themenbereich
„Adel und Konfessionsbildung" ab.12
Der vorliegende Aufsatz geht auf Überlegungen
zum Komplex „Adel und Kirche am oberen
Neckar"13 zurück. Der obere Neckarraum ist

2


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