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Für die Besetzung der geforderten Kommission
machten die Bittsteller einen geschickten Vorschlag
. Der Pfandherr der Nachbarherrschaft
Triberg, Lazarus von Schwendi, sollte sich des
Streits annehmen. Sicher war den Schramber-
ger Untertanen die soziale Einstellung des begüterten
Grundherrn und kaiserlichen Obri-
sten, der unter anderem in Triberg ein Spital
stiftete, bekannt.
Dagegen lehnten sie Georg von Ow zu Harlingen
, der einer früheren Kommission angehören
sollte, die „kein Fürgang gehabt", ab. Georg
von Ow war der Testamentsvollstrecker
des Rochus Merz und Empfänger der Reichslehen
für Anna Merz und daherder Gegenseite
,,^ dieser Strittsach etwas verwandt und zu-
gethan".
Es begann unter Rochus Merz
Die Untertanen hatten unter einer Herrschaftsintensivierung
zu leiden, die schon Rochus
Merz eingeleitet hatte. So hatten sie „allein bittweis
" für die Dauer von fünf Jahren „und länger
nitt" zu den üblichen vier Frontagen vier
zusätzliche Frontage zum Ausbau des Schlosses
auf sich genommen. Ihre Hoffnung, dafür in
anderen Angelegenheiten milde behandelt zu
werden, erfüllte sich nicht. Und Anna Merz
betrachtete die vier zusätzlichen Frontage bereits
als ein ihr zustehendes Gewohnheitsrecht
.
Zusätzliche Fron zum Ausbau öffentlicher Gebäude
, Wege und Wasserstraßen lehnten die
betroffenen Bauern und Tagelöhner zwar nicht
grundsätzlich ab, beklagten sich aber über die
schlechte oder gar verweigerte Belohnung und
Verpflegung, „welches alles bei den alten Inhabern
der Herrschaft nitt gewesen, sondern
wenn wir über die vier Frön der Herrschaft
gedienet, ist uns alle Zeit gebührliche Belohnung
sampt Essen und Trinken geben, wir auch
von ihnen gantz billich und gnädig gehalten
worden".
Ein weiterer Streitpunkt entstand durch die
Neuorganisation der kirchlichen Verhältnisse
unter Rochus Merz, der eine neu geschaffene
kombinierte Kirchenstiftung im wesentlichen
mit dem großen Zehnt ausstattete. Dieser Klagepunkt
ist so anschaulich geschildert, daß er
fast ungekürzt zitiert werden kann.
„Item haben wir von Alters hero zur Erndtzeit
auf den Feldern die zehente Garb lassen liegen,
welche die Priesterschaft durch ihre ... Diener
geholet, und haimb führen lassen, das übrige
hatt der arm Mann bester Gelegenheit und
dem Wetter nach in seine Scheuren gesamblet.
Jetzo aber hat die Herrschaft Schramberg die
selbe zehente Garb der Priesterschafft umb ein
genanntes Geld abgekaufft, damit geschiecht
uns (eine) große unbilliche Neuerung, dann es
verbietten die Vögt im Namen unserer gnedi-
gen Frau alle Jahr vor der Erndt bey Straf zehen
Gulden dass niemandt schneyden oder ein-
samblen soll, er hab sich dann zuvorderist mit
Ihnen des Zehendt halb verglichen, und ihnen
denselben abkaufft, darbey sie dann eine solche
Übersetzung thun, dass wir uns alle Malen
erbeten, die Garben von Stück zu Stück abzu-
zehlen, und davon die zehent Garb zu geben,
und dieweill sie uns darüber nit tringen können
, wollen die Vögt dass ein jeder armer Un-
derthon zuvor und ehe er seyn Frucht eingeführt
, auff den Schramberg und etliche ein
große Meil Wegs lauffen."
Oft mußte ein Bauer diesen Weg mehrmals
zurücklegen, bis ihm endlich ein Diener zur
Abzählung der Zehntgarben zugeteilt wurde.
Dies hatte Folgen, die auch der Obrigkeit nicht
zum Vorteil gereichten: „Mittlerweil und wann
Regen und Ohngewitter vorhanden, liegt die
Frucht im Feldt und verdirbt, oder so große Hitze
einfällt, reißet sie auß, dass wir derhalben
nitt koennen gemessen."
War die Ernte trotz allem glücklich eingebracht
, gab es als nächstes Streit darüber, wo
die Bauern das Getreide mahlen lassen durften.
Seit Rochus Merz die Bannmühle im Tal hatte
bauen lassen, waren die Untertanen verpflichtet
, ihr Korn dort mahlen zu lassen,was für sie
mit beschwerlichen An- und Abfahrten verbunden
war. Die Bauern wollten, im wahrsten
Sinne des Wortes, in den „gelegensten" Mühlen
, also in den naheliegenden Mühlen in ihrer
Nachbarschaft, mahlen lassen, auch wenn diese
möglicherweise auf fremdem, württembergischen
Territorium lagen. „Desgleichen hatt
von Alters hero ein Jedweder in Mühlen die
ihm am gelegensten oder sonst seines Gefallens
fahren, oder aber eigne Mühlen in seinem
Haus oder Hof machen und darauf mahlen mögen
." Der Kampf um die Aufhebung des
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