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schrieb wiederholt Briefe in dieser Sache an
Herzog Eberhard III. von Württemberg und beklagte
sich über die unzumutbaren Verhältnisse
(Abb. 6). Einige Jahre herrschten chaotische
Verhältnisse, über die Stabsvogt, Gericht und
Gemeinde des württembergischen Stabes Tennenbronn
berichteten, daß sich die Katholiken
nicht wie sie an gewisse zeit und Ordnung in
der Kirche halten würden, weshalb wir ofter-
mahlen an unserm Gottesdienst lang verhindert
und an unseren weit entlegenen Hauß-
wesen daheimbd versammlet, uff die zwo
stund von dem Gegentheil unß verlästern lassen
müssen. Erst vor kurzem wären der Priester
und der Mesner mitten in einen Gottesdienst
geplatzt, als der Pfarrer gerade die
Gemeinde singen ließ. Der Priester bestieg daraufhin
die Kanzel und predigte während des
Gesangs, las dann noch die Messe, daß wir also
erst nach zweyen stunden unsern Gottesdienst
völlig halten [können, was alles große]
ärgernuß, allerhand Gerung und Feindseligkeiten
[durch diese] Absurdität und confusio-
nes unter der Bevölkerung des Kondominats
verursachen würde (ebd.).
Die endgültige Regelung des Konflikts um die
Restitution von Pfarrei und Kirche in Tennenbronn
fiel dann aber 1660 mit der Einsetzung
des neuen Pfarrers Johann Gerhard Ramsler
schließlich doch zu Gunsten der rechtmäßigen
Ansprüche des Herzogtums Württemberg aus.
In seinen Lebenserinnerungen mit dem Titel
Cursus Vitae et Miseriae M. Johannis Gerhardt
Ramsleri Specialis Chaerpolitani etc.
hat Ramsler die erneute Wiederinbesitznahme
der Kirche in Tennenbronn ausführlich beschrieben
.27 Der vorderösterreichisch-württembergische
Konfliktfall Tennenbronn war
für ihn nach dem Vikariat in Herrenalb die
erste selbständige Pfarrstelle. Ramsler faßt in
dem entsprechenden Kapitel seiner Lebensbeschreibung
zunächst die Vorgeschichte des
Konflikts zusammen und beschreibt dann die
von ihm vorgefundenen Verhältnisse: In der
Kirch wollten die Papisten mit ihrem Meßpriester
den Meister spielen und beunruhigten
den Gottesdienst der Evangelischen,
sonderlich die Predigten mit ihrem ongestim-
men Einlaufen, Meßgeläute und dergleichen,
daß es zwischen beyder Theilen Communen
öffters ein gefährlich Ansehen hatte. Im Pfarr-
Hof konnten sich der Prediger, sein Weib und
Kinder mit dem Mößner und denen seinigen
so wenig vertragen, als die Schaf mit denen
Wölfen. Seine beiden Amtsvorgänger Brodt-
beck und Kercher hätten sich deswegen wiederholt
bei ihrem Landesherrn beschwert und
hätten es nie lange auf dieser mit so vielen
Problemen verbundenen Pfarrstelle ausgehalten
. Die Bemühungen von Amtmann Johann
Abraham Wolfsfurtner zur Lösung des Konfliktes
und zur Durchsetzung der württembergischen
Ansprüche schätzte Ramsler nicht
besonders hoch ein: Allein der Wolffsfürtner
wolte den Wolf nicht beißen, und verschöbe
jener die Sach von sich auf den ErtzHertzo-
gen zu Insbruck.
Mit der Neubesetzung der Pfarrstelle durch Johann
Gerhard Ramsler sollte das Problem dann
auch endlich im württembergischen Interesse
definitiv gelöst werden. Gleich bei seiner Ankunft
wurde der Befehl gegeben, vermittelst
ausgewehlter landMiliz das Schloß an der
KirchThür zu verändern, den päpstischen
Mößner abzutreiben, dem sogenannten S. Georgischen
Praelaten zu Villingen anzudeut-
ten, daß erfürohin seine MeßMönchen sollte
daheim behalten, und mich quovis modo zu
mainteniren. Die Wiederinbesitznahme der
Kirche von Tennenbronn fand dann in der vorgesehenen
Weise auch am 14. März 1660 statt.
Der katholische Mesner wurde vertrieben und
nach der Darstellung Ramslers - die näheren
Gründe gehen aber leider aus den bisher ausgewerteten
Quellen nicht hervor - in der Herrschaft
Schramberg wenig später hingerichtet.
Der Verlust der Kirche - so Ramsler weiter -
wäre denen Schrambergischen Unterthanen
und Bauren ein ohnverdäulich Bißen, als
welche dadurch gezwungen worden, hinfüro
wie auch vor Zeiten ihren Gottesdienst in
lautterbach oberhalb Schramberg, dahin sie
über 1 Stund zu gehen hatten, zu verrichten.
Der Zorn der katholischen Tennnenbronner
über diese Verschlechterung ihrer kirchlichen
Verhältnisse und den dörflichen Statusverlust
gegenüber den evangelischen Tennenbron-
nern richtete sich nun gegen den neuaufgezogenen
Pfarrherrn, der in seiner Person die
Konfession des Protestantismus sowie die Territorialmacht
des Herzogtums Württemberg
verkörperte und wieder vertrieben werden
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