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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_19/0056
Lothar Späth:

DIE GESCHICHTE DER AICHHALDER MÜHLE (Schluß)

Der Bau der Aichhaider Mühle beruhte auf
dem Vertrag, der zwischen dem Grafen von Bissingen
und der Gemeinde Aichhalden geschlossen
worden war und der am 10. April
1792 sowohl „die landesfürstliche als auch lehensherrliche
Bestätigung" erhalten hatte (vgl.
„D'Kräz, Heft 17, S. l6f.). Der Bau und Betrieb
dieser Mühle war laut Vertrag an folgende Bedingungen
geknüpft:

- Die Mühle war auf der Gemeindeallmend zu
erstellen.

- Sie sollte als oberschlächtige Mühle gebaut
und mit je einem Mahl- und Gerbgang versehen
werden.

- Lediglich den Allmendsgenossen war es erlaubt
, in dieser Mühle mahlen zu lassen. Alle
übrigen Einwohner des Stabes Aichhalden
sollten weiterhin die Bannmühle in Schram-
berg benutzen.

- Als Ausgleich für die durch die Einrichtung
der Mühle verursachten Mindereinnahmen
der Bannmühle in Schramberg sollte die
Gemeinde jährlich auf Dreikönig 60 fl. an
das Gräfl. Rentamt entrichten.

- Zur Sicherung dieses Mühlenzinses und zur
Vermeidung weiterer Einbußen auf Seiten
der Bannmühle wurde der Bau einer weiteren
Mühle in Aichhalden ausgeschlossen.
Aus demselben Grund wurde es sämtlichen
Einwohnern Aichhaldens bei Androhung einer
schweren Strafe untersagt, außerhalb
des österreichischen Territoriums, vor allem
nicht in den benachbarten württembergischen
Mühlen, mahlen zu lassen.

- Die Verpflichtung des jeweiligen Mühlenbesitzers
zum Frondienst und sonstige
Schuldigkeiten gegenüber der Herrschaft
blieben von diesem Vertrag unberührt. Als
Schutz- und Scheingeld hatte er vielmehr
jährlich auf Martini 48 x an das Rentamt zu
bezahlen.

Nach einem alten Sprichwort „wird nichts so
heiß gegessen, wie es gekocht wird". Auch die
Einwohner Aichhaldens nahmen es mit diesem
Vertrag nicht so ganz genau. Sie gingen bis an
die Grenze und manchmal sogar darüber hinaus
. Im wörtlichen Sinne geschah das, als sie
beim Bau der Mühle auf dem „Heiligenwiesle",
das sie vom Heiligenkasten erworben hatten,
nicht nur bis zur „neuen" Markungsgrenze gingen
, sondern diese sogar überschritten (vgl.
„D'Kräz", Heft 18, S. 31). Als diese Grenzverletzung
- die Markungsgrenze war hier gleichzeitig
Herrschaftsgrenze zwischen Schramberg
und Württemberg - 1792 ruchbar wurde,
konnte der Streit „gutnachbarlich" vom Beivogt
von Aichhalden und dem zuständigen
Forstmann aus Schiltach zunächst beigelegt
werden. Daß er damit aber nicht endgültig
begraben war, zeigte die erneute Auseinandersetzung
um diesen „wunden Punkt" bei der
Grenzvermessung 1837ff. zwischen dem Königreich
Württemberg und dem Großherzogtum
Baden.

Viel schwerwiegender war eine andere Vertragsverletzung
: Nach Punkt 1 des Vertrags war
den Bürgern von Aichhalden lediglich eine
Mühle mit zwei Mahlgängen zugestanden worden
. Offensichtlich konnten sie sich mit dieser
Reglementierung nicht abfinden und erstellten
oberhalb der zugestandenen Mühle „helinge"
eine weitere mit einem Mahlgang. Dadurch
wurde das Gefälle des Mühlenkanals optimal
genutzt, indem sein Wasser zunächst die obere
Mühle und dann die untere antrieb. Erstaunlich
ist nur, daß für die obere Mühle weder eine -
und sei es nur eine nachträgliche - Baugenehmigung
erteilt wurde, noch danach irgendeine
obrigkeitliche Reaktion erfolgte. Die Franzosen
nennen ein solches selbstherrliches Vorgehen
die Schaffung eines «Fait accompli», einer vollendeten
Tatsache. Die Aichhaider hat das wenig
gekümmert!

Sorgen mußten sie sich dagegen um die Finanzierung
des Mühlenbaus machen. Zwar kamen
die erforderlichen „Capitalien" relativ leicht
herein - Kommunen waren schon immer gefragte
Schuldner -, aber der Zins- und Schuldendienst
belastete die relativ arme Gemeinde
beträchtlich. Wie das Rechnungsbüchlein von
1792-93 ausweist, mußten gleich zu Anfang
1.550 fl. an Krediten aufgenommen werden.

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