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sen wurde. Seinen Denkzettel hatte er diesmal
ja bekommen.
Für die Schiltacher hatte die Rötenberger Geschichte
noch ein unerwartetes Nachspiel. Die
Drohungen der Rottweiler Reiter bei ihrem
Rückzug, sie würden bei Nacht wiederkommen
und Grenzsteine suchen, wurden dem Hornberger
Amtsverweser berichtet, der sofort eine
Nachtwache mit zwei Männern von Schiltach
und Lehengericht für die Staigstraße bei der
Ziegelhütte anordnete. Als Wachlokal diente
ein Raum im bewohnten „Ziegelhäusle", von
dem aus die Staigstraße gut zu übersehen war
und die Stelle, an der man den Pürschgrenz-
stein vermutete, im Blickfeld lag (siehe Abb. 1).
Die Bewaffnung der Wächter bestand aus
„unther und ober Gewähr", d.h. aus Seitengewehr
und Spieß oder Hellebarde.
Nun verlangten die Herren in Stuttgart genauen
Bescheid über den Platz des angeblichen
Pürschgrenzsteins. Außerdem wollten sie wissen
, ob die Geschichte des Steins vielleicht nur
auf einer unsicheren Überlieferung beruhte.
Um Gewissheit zu bekommen, sei der im Hornberger
Kellereilagerbuch befindliche Vertrag
von 1515 einzusehen. Sollte sich der Stein tatsächlich
auf württembergischem Gebiet befinden
, dann sei er auszugraben und wegzuschaffen
, ferner seien eindringende Störenfriede
„bey dem Kopf zu nehmen und wohlverwahrt
nach Hornberg zu führen". Amtsverweser Zim-
metshauser kannte sich in der Schiltacher
Gemarkung nicht gut aus, er ließ deshalb den
alten Forstknecht von Schiltach, Joh. Georg
Wagner, zu sich aufs Oberamt kommen. Zuerst
wurde ihm der Vertrag zwischen Württemberg
und Rottweil vorgelesen, dann musste er ihn
selbst durchlesen. Anschließend bestätigte
Wagner schriftlich, dass die Geschichte von
dem verborgenen Grenzstein keine Tradition,
sondern eine ihm bekannte Wahrheit sei. In
dem Vertrag sei der Stein zwar nicht erwähnt,
doch sei das Revier, wo er sich im Boden
befinde, „zum Herzoglichen Haus Württemberg
ganz allein mit Steuren, Zinnßen, Gülten,
Zehenden, Fählen, Dritteln, accis und Zoll gehörig
". Schließlich wurde Wagner beauftragt, den
Stein möglichst bald auszugraben und wegzuschaffen
. Weil der Winter aber bereits begonnen
hatte und der Boden schon gefroren war,
musste die Grabung auf das Frühjahr verschoben
werden. Die lästige Nachtwache auf der
Staig, zu der jeden Tag zwei andere Männer
abkommandiert wurden, ging aber weiter,
obwohl nicht zu befürchten war, dass die Rottweiler
den Winter über etwas unternehmen
würden. Erst Anfang März taute der Boden so
weit auf, dass man an die Ausgrabung gehen
konnte, und am 6. März 1756 schickte dann der
Forstknecht folgendes Schreiben nach Hornberg
(siehe Abb. 2):
Erleichtert konnte nun Amtsverweser Zim-
metshauser nach Stuttgart melden, dass die leidige
Angelegenheit mit dem Pürschgrenzstein
erledigt sei. Dem Schreiben legte er den Grabungsbericht
des Forstknechts und eine Aufstellung
der Unkosten bei, die bei der Sache
angefallen waren. Diese betrugen insgesamt 38
Gulden und 56 Kreuzer. Jeder Wachmann sollte
pro Nacht 12 Kreuzer bekommen, der Rest
ergab sich aus Heizung und Kerzenbeleuchtung
des Wachlokals, Ausgrabung des Steins,
„Euch berichte, bälder hat sich nicht tun lassen
, wegen der Gefröhr des Bodens. Der
Weg und die Landstraß, wo jedermann hat
darüber lauffen müssen, war der Boden
ohnedem hartt, allwo der Freye Pürsch-
Stein darunter verborgen gewesen, es hat
sich lang verweilt, biß und dann wir den
Stein gefunden haben. Erstlich habe 2
Wachten bestellt unten und oben an der
Staig, welche uns Rapport thun müssen,
wann jemand gewandelt, oder ein reysen-
der kommen möchte, damit wir uns darnach
richten können, es waren 11 Männer
bey mir, welche sich eigenhändig hirinn
unterschriben haben, dass dises Werk vollzogen
, und der Stein glüklich gefunden,
auch in der Stille und bey Nacht mit Heb-
Eisener und Stokhauen und Hebel herausgebracht
; der Stein war aber mit nichts
bezeichnet, alß nur mit einem +, oben aufgewesen
, es war aber ein grosser Sandstein
gewesen, welchen ich zu 100 Stüker mit
einem Stein-Hamer zerschlagen lassen, und
dann haben wir das Loch wiederum ordentlich
zugemacht, dass niemand nichts wahrnehmen
kan.
Johann Georg Wagner
Forst Knecht."
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