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Arbeiterverein beantragten deshalb im Vorfeld
der nächsten Gewerbegerichtswahl die Einführung
des Verhältniswahlrechtes und hatten
damit auch Erfolg (P-KAVS 4.10.1903). Bei den
Gewerbegerichtswahlen am 12. April 1904 war
dann eine Listenverbindung des Katholischen
und Evangelischen Arbeitervereins mit den
Hirsch-Duncker'schen Gewerkvereinen sehr
erfolgreich und konnte alle neun Sitze besetzen
, sodass die Freien Gewerkschaften eine katastrophale
Niederlage einstecken mussten (SA
14.4.1904). Der Christliche Uhrenindust-
riearbeiterverband Schwarzwald, eine sehr
kleine und eine der wenigen Lokalorganisationen
ohne Verbindung zu einem der bereits
bestehenden Berufsverbände der Christlichen
Gewerkschaften,41 löste sich aber noch 1904
auf und überführte seine Mitglieder in den
Christlich-Sozialen Metallarbeiterverband und
den Zentralverband christlicher Holzarbeiter
im Gesamtverband der Christlichen Gewerkschaften
Deutschlands, die in der Industriestadt
Schramberg Zahlstellen gründeten.42
Die Gründung des Christlichen Metallarbeiterverbandes
und des Christlichen
Holzarbeiterverbandes
Nach der Auflösung des Christlichen Uhrenin-
dustriearbeiterverbandes Schwarzwald lud der
Christlich-Soziale Metallarbeiterverband die
Schramberger Arbeiterschaft erstmals am 27.
November 1904 zu einer Zusammenkunft ein,
die entsprechend dem Gedanken der Interkon-
fessionalität nicht im katholischen Vereinshaus
Bären, sondern im evangelischen Vereinshaus
Württemberger Hof stattfand, um auch die kontinuierlich
wachsende evangelische Arbeiterschaft
anzusprechen. Der Referent Emil Kollof-
rath, Bezirksleiter des Christlich-Sozialen Metallarbeiterverbandes
aus Freiburg i. Br., sprach
bei dieser Gründungsversammlung vor etwa
200 Teilnehmern und kritisierte zunächst „die
Interesselosigkeit der hiesigen Arbeiterschaft,
die lieber den nutzlosen Klimm-Bimmvereinen
nachlaufe, als ihrer ersten Pflicht, die soziale
Lage des Arbeiterstandes zu verbessern, Folge
leiste". Außerdem beschäftigte er sich mit der
Tarifvertragsidee, der die Freien Gewerkschaften
zunächst sehr kritisch gegenüberstanden,
aber von den Christlichen Gewerkschaften
gefördert wurde.43 Eindringlich wurde aufgerufen
: „Arbeiter Schrambergs! An Euch liegt es
nun, das Gehörte zu beherzigen und zu befolgen
, tretet ein in den christlichen] Holz- oder
Metallarbeiterverband, denn nur durch eine
starke Organisation wird es uns möglich sein,
unseren gerechten Wünschen Nachdruck zu
verleihen. Arbeiter, erwacht aus dem Stumpfsinn
, tretet ein in den christlichen] Verband,
seid überzeugt, es geschieht zu Eurem Wohle
und zum Nutzen und Frommen der gesamten
Arbeiterschaft" (SA 1.12.1904).
Erster Vorsitzender des Christlich-Sozialen
Metallarbeiterverbandes Schramberg war der
Uhrmacher Eugen Hüppchen (1870-1925)
(SchT 13.2.1907), dem der Fabrikarbeiter
Thomas Hug (1879-1945)44 folgte. Zunächst
herrschte die Bezeichnung Christlich-Sozialer
Metallarbeiterverband vor, wechselte aber
bereits ab und zu mit der Bezeichnung Christlicher
Metallarbeiterverband, bis seit 1909 nur
noch die letzte Bezeichnung verwendet wurde.
1894 traten einige christlich eingestellte Gewerkschafter
aus dem Deutschen Metallarbeiterverband
bei dessen Konferenz in Krefeld aus
und bildeten daraufhin eine entsprechende
Fachsektion im Katholischen Arbeiterverein
von Duisburg unter Führung von Franz Wieber
(1858-1933), aus der unter dem Eindruck der
allgemeinen Zentralisierung der christlichen
Arbeiterbewegung am 15. Oktober 1899 der
Christlich-Soziale Metallarbeiterverband hervorging
. Dieser hatte zwar zunächst einen eindeutig
regionalen Schwerpunkt im Rheinland
und in Westfalen, konnte sich aber trotz der
scharfen Ablehnung durch die Arbeitgeber der
Metallindustrie kontinuierlich entwickeln und
wurde bis 1910 zu einer der wichtigsten Einzelgewerkschaften
im Gesamtverband der
Christlichen Gewerkschaften Deutschlands
(Abb. 5).45
Der zweite bedeutende Berufsverband der
Christlichen Gewerkschaften der Industriestadt
Schramberg war der Zentralverband
christlicher Holzarbeiter, dessen Mitglieder in
den großen Schreinereiabteilungen der Uhrenfabrik
Gebrüder Junghans AG und der Hamburg
-Amerikanischen Uhrenfabrik (H.A.U.)
sowie in der Möbelfabrik Ferdinand Moser &
Sohn arbeiteten. Das lokale Gründungsjahr ist
leider noch nicht bekannt, vermutlich kam es
aber ebenfalls noch 1904 zur Bildung einer
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