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Bericht in der Bodensee-Zeitung vom 6.5.1935 über
„ Lügenmeldungen "
tag in Schramberg. Es dürfte sich also bei dem
Bericht von Werner Hofmann um eine Verwechslung
handeln. Eine solche Annahme liegt
nahe, zumal der Bericht etwa 60 Jahre nach
dem Bischofstag verfasst wurde.
Der „ttinausschmiss von Hitlerjungen
durch streng katholische Lehrherren"
Der Bericht von Werner Hofmann über die
Zwischenfälle auf dem Bischofstag in Schramberg
enthält die Aussage, dass einigen - als
Schläger identifizierten - Hitlerjungen von
ihren streng katholischen Lehrherren ernsthaft
mit Hinausschmiss gedroht worden sei. Gibt es
Anhaltspunkte, die diese Aussage stützen? Bei
meinen Nachforschungen dazu teilte mir Werner
Hofmann mit, dass er zwar nicht für alle
Hitlerjungen die Androhung eines Hinauswurfs
nachweisen könne, dass ihm aber ein Fall
namentlich bekannt sei, der seine Darstellung
stütze. Es handele sich bei dem Hitlerjungen
um Ilmar Marquardt, dem der katholische Lehrherr
Franz Kasenbacher17 den Hinauswurf
angedroht habe, weil er an den Schlägereien
der HJ mit den katholischen Jugendlichen
beteiligt gewesen sei.
Wer war Ilmar Marquardt? Er stammte aus Tuttlingen
und war Lehrling im Fotogeschäft
Kasenbacher. Politisch betätigte er sich bei der
HJ und war wohl einer der aktivsten Hitlerjungen
; denn im August 1935 wurde er zum Kameradschaftsführer
der HJ ernannt (siehe obige
Abbildung rechts).
Durch die Aussagen von Werner Hofmann
dürfte feststehen, dass sich Ilmar Marquardt als
Hitlerjunge an den Schlägereien auf dem
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S<nuetäbfd>aft3fflirret;
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jum Sametflbftfiaft3fü(jrer;
(Sugen W c r i, ©eebort
jum KameTabfc&aftSfüjrer.
Beförderung von Ilmar Marquardt zum Kameradschaftsführer
der HJ, NS-Wacht vom 17.8.1935
Bischofstag in Schramberg beteiligte. Aber
wurde ihm deswegen auch der Hinauswurf aus
dem Lehrlingsverhältnis angedroht? Auf meine
Nachfrage hin teilte mir Herr Karl Kasenbacher
einen anderen Anlass für den angedrohten Hinauswurf
mit: Sein Vater [Franz Kasenbacher]
habe ihm erzählt, Ilmar Marquardt habe sich
sonntags vor Beginn der Gottesdienste an der
Brücke bei St. Maria postiert, um jugendliche
Kirchgänger zu fotografieren und sie deswegen
zu denunzieren. Daraufhin habe der Vater
[Franz Kasenbacher] dem Lehrling gesagt, ein
solches Verhalten dulde er nicht. Wenn er es
noch einmal mache, werde er entlassen. Auf
meine Nachfrage nach dem Zeitpunkt der
Androhung erwiderte Herr Karl Kasenbacher,
dass die Androhung des Hinauswurfs nichts
mit dem Bischofstag von 1935 zu tun gehabt
habe, sondern einige Zeit später erfolgte, wahrscheinlich
erst 1936 oder 1937.
Aus dieser Mitteilung wird deutlich, dass die
Aussage von der Androhung eines Hinauswurfs
durch einen katholischen Lehrherrn im Fall
Ilmar Marquardt nicht zutrifft. Eine solche Aussage
dürfte aber auch im Falle der anderen Hitlerjungen
nur schwer zu beweisen sein; denn
es fehlt bis heute jeglicher Anhaltspunkt für ein
entsprechendes Verhalten von katholischen
Lehrherren in Schramberg.
Anmerkungen zum Bericht des
ehemaligen HJ-Standortfuhrers
über den Bischofstag
Bei meinen Nachforschungen zum Ablauf des
Bischofstages bekam ich telefonischen Kontakt
mit dem ehemaligen HJ-Standortführer Hans
Moser (13.7.1916-29.5.2001). Ich stellte ihm
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