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die HJ zu einem Gegenmarsch antreten lassen
. "
An dieser Meldung ist richtig, dass sich die
katholische Jugend vor 15 Uhr aufstellte, aber
nicht zum Marsch durch die Stadt, sondern
zum Empfang des Bischofs Sproll anlässlich der
Glaubenskundgebung der Jugend in der Heiliggeistkirche
.18
Hans Moser berichtet dann von Provokationen
der katholischen Jugend. So sei sie in Marschkolonne
von der Berneckstraße in die Hauptstraße
eingebogen und habe keine Anstalten
gemacht, der HJ, die in der Mitte der Straße
angehalten hatte, auszuweichen, sondern sei in
mehr als provozierender Weise genau auf die
HJ zumarschiert. Weiterhin beschreibt er, wie
einige ältere Burschen der katholischen Jugend
aus dem Eingang vom Hotel Bären gestürmt
seien und sich an den am Schluss des HJ-Zuges
marschierenden Pimpfen vergriffen hätten. Nur
durch das disziplinierte Verhalten seitens der
HJ sei es zu keinerlei Handgreiflichkeiten
gekommen. Die gesamte HJ sei nach dem
Marsch durch die Stadt ins HJ-Heim beordert
worden und gegen 17-18 Uhr, nachdem die
meisten katholischen Jugendlichen die Stadt
verlassen hätten, in kleinen Gruppen entlassen
worden, aber mit der Anweisung, unverzüglich
nach Hause zu gehen. Dabei betont er immer
wieder, dass es von Seiten der HJ zu keinerlei
Handgreiflichkeiten gekommen sei.
Ob es die geschilderten Provokationen gegeben
hat, ist durch andere Quellen nicht belegt.
Mit Sicherheit haben die Provokationen, wenn
es sie denn gegeben hat, nicht schon um 15
Uhr, sondern frühestens nach Schluss der Glaubenskundgebung
, also etwa gegen 16 Uhr, stattgefunden
. Es muss aber bezweifelt werden,
dass die katholischen Jugendlichen in Marschkolonne
durch die Stadt abgezogen sind. Wahrscheinlich
ist, dass sie sich nach Abschluss der
Glaubenskundgebung zu ihren Bussen auf den
direkt neben der Heiliggeistkirche gelegenen
Berneckschulplatz begaben, um von dort nach
Hause zu fahren.
Leider äußert sich Hans Moser mit keinem
Wort über die von Werner Hofmann geschilderten
Sachverhalte, nämlich dass der Schram-
berger NSDAP-Ortsgruppenleiter Wolf die Hitlerjungen
in der Reithalle versammelte, sie in
einer scharfmacherischen Rede zu einer „Gegendemonstration
" aufrief, dass ältere Hitlerjungen
jeden Passanten, der die Hakenkreuzfahne
nicht grüßte, mit dem Schulterriemen
verprügelten und die Fensterscheiben von
Omnibussen, die mit St.-Georgs-Pfadfindern
besetzt waren, einschlugen.
Hans Moser geht auch nicht auf den Bericht
vom 10.4.1935 ein, den der damalige Kaplan
Hörner an das Bischöfliche Ordinariat schickte
(vgl. S. 50f.). Ohne Gegenargumente anzuführen
, bemerkt er lediglich, dass der Inhalt des
Berichtes wie ein Kartenhaus zusammenbrechen
würde, wenn fotografiert worden wäre.
Hans Moser ignoriert ferner die Aussagen von
Vikar Böhringer zu den Vorkommnissen. Es gibt
nur einen Vorfall, den er bestätigt und den
Stadtpfarrer Schmitt folgendermaßen darstellt:
„Am Abend des Bischofstages zog die HJ. in
Uniform in geschlossener Kolonne in grösserer
Anzahl am Pfarrhaus vorüber. Da hörte
der Stadtpfarrer Pfuirufe. Er öffnete das Fenster
und rief hinaus: Ist das Religion? Erneute
Pfuirufe. Hasserfüllte und wutverzerrte Gesichter
(der Ausdruck ist ganz wörtlich zu
nehmen) Hessen ihn erstarren. Da drehte sich
ein Junge um und schrie in Wut und Hass
(siel): ,Herr Stadtpfarrer, nein, aber Sie sind
ein Vaterlandsverräter.' Hierauf wurde der
Junge von einem Führer zurückgedrängt.
Beim Weitermarschieren schrien sie auf der
anderen Seite des Pfarrhauses mit geballten
Fäusten: ,Der ganzen Brut sollte man es
machen wie dem Dollfuß.'19 ... Am Montag
erschien dann beim Stadtpfarrer ein katholischer
Junge namens ein früherer Führer
der St. Georgspfadfinder, der seinerzeit mit seiner
Gefolgschaft zur HJ. überging. Dieser
erklärte: ,Er sei der gewesen, der das Wort
Vaterlandsverräter gerufen habe; aber er
bestreite, gesagt zu haben: Herr Stadtpfarrer,
sie sind ein Vaterlandsverräter, sondern er
habe gesagt: Es geht gegen Vaterlandsverräter
.'...Am 8.April wurde dann auch der Stadtpfarrer
selbst auf seinen Wunsch hin von
einem hiesigen Polizeibeamten verhört, wo er
die obigen Angaben machte. Ich habe auch
aus dem Grunde ein Verhör meinerseits
beantragt, weil die hiesige katholische Bevölkerung
, empört über die Frechheit des Jugendführers
, verlangt, dass etwas getan werden
müsse. Eine solche Beleidigung des Stadt-
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