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bachtal nach Schramberg fahren, wo die Herrschaft
ihre Wohnung genommen hatte.
2. Bei Abgaben, wie hier beim Zehnten, spielte
auch in der Folgezeit die Frage der Umwandlung
von Naturalleistungen in Geldleistungen
eine Rolle. Eine vernünftige Regelung hätte für
beide Seiten Berechenbarkeit und wirtschaftliche
Überschaulichkeit gebracht. Doch wurde
nach Meinung der Untertanen der Geldbetrag
immer zu hoch angesetzt, so dass sie lieber mit
ihren Zugtieren und (was die Tagelöhner
betraf) mit der Hand fronten, als einen Geldbetrag
zu leisten. Bei den Naturalfronen wurde
ihnen aber dann immer wieder das Fronbrot
vorenthalten. Das heute noch übliche geflügelte
Wort „Mir gebet nix!" war ursprünglich
nicht Ausdruck Schramberger Sparsamkeit,
sondern die Antwort der Amtleute auf die Bitte
der Untertanen, ihnen nach des Tages harter
Arbeit die zustehende Gemüsesuppe und das
Fronbrot zu reichen.
3. Die Pfarrer waren in ihrer Besoldung nun
auf einen Geldbetrag und einem Anteil aus
dem Zehnten angewiesen, den sie nicht mehr
von den Zehntpflichtigen vor Ort, sondern von
der Heiligenfabrik Schramberg erhielten.
Deren Verwalter, der Kastenvogt, wurde vom
Herrn von Schramberg ernannt. Zudem sorgte
das Patronatsrecht, das ius nominandi et prae-
sentandi, des Herrn von Schramberg dafür, dass
sich die Pfarrer als Herrenpfarrer verstanden
und von den Gemeinden auch so eingeschätzt
wurden. In den Pfarrchroniken bringen die
Pfarrer viel Verständnis für den „gnädigen
Herrn", aber kein Verständnis für die Bauern
auf, die angeblich an den Grundfesten der gottgewollten
Ordnung rüttelten.
Fortdauernde Konflikte
Auf dem Reichstag von Speyer hatte eine Delegation
schrambergischer Untertanen versucht,
dem Kaiser eine Bittschrift mit siebzehn Klagepunkten
zu übergeben. Nach dem Reichstag
reiste sie demTross des Kaisers nach und versuchte
, sich mit weiteren Bittschriften Gehör
zu verschaffen. Ende 1570 gaben die Abgeordneten
ihre Sache immer noch nicht verloren,
obwohl ihnen der Reichshofrat befahl, nach
Hause zu reisen und ihrer Herrin gehorsam zu
sein. In einer Supplikation vom März 1571 bitten
sie zum wiederholten Mal den Kaiser um
Hilfe und Rettung, da sie sonst mit ihren
„armen Weib und Kindern ganz und gar ins
Elend verlaufen oder im Grund verderben"
müssten.
Den Untertanen der Herrschaft Schramberg
gelang es schließlich, ihre Beschwerden vor
den Reichshofrat zu bringen, der auch eine
Kommission zur Schlichtung des Konflikts einsetzte
. Der weitere Fortgang ist bislang unsicher
. Der Reichshofrat war ein vom Kaiser
direkt besetztes oberstes Reichsgericht, dessen
Prozeduren den Schramberger Untertanen
fremd waren. Sie mussten einen beim Gericht
akkreditierten Agenten finden, der ihre Beschwerden
in eine geglättete, juristisch tragbare
Form brachte und sie beim Reichshofrat
einbrachte. Später schickten die Untertanen zu
Beginn des 18.Jahrhunderts einen eigenen Gewalthaber
oder Interessenvertreter als Lobbyisten
nach Wien.
Die Zeit nach dem Übergang der Freien Herrschaft
Schramberg im Jahr 1583 an Österreich,
die von Obervögten wie Georg Friedrich von
Hersperg ausgeübt wurde, erschien den Untertanen
im Rückblick als harmonisch und konfliktfrei
. Zu handfesten Konflikten kam es, als
1648 der vom Kaiser zum Baron (Freiherrn)
erhobene Johann Friedrich von Bissingen
pfandweise die Herrschaft übernahm. Wie in
einer früheren Ausgabe (D'Kräz 17, Seite 18ff.)
dargestellt, eskalierte der Konflikt in der Karwoche
1662. Eine Schar Untertanen, an ihrer
Spitze die Vögte, stürmten ins Schloss. Der
kranke Freiherr fühlte sich bedroht. Er klagte
vor Regiment und Kammer in Innsbruck die
Untertanen, vor allem die Vögte und hier vor
allem Talvogt Basche Maurer als angeblichen
Rädelsführer der Rebellion und Sedition an
und forderte zu seinem Schutz eine Schlossbesatzung
. Auch die Untertanen hatten sich
inzwischen nach Innsbruck gewandt.
Als die Kommission dann 1662 im Wirtshaus
von Konrad Klentz im Tal an die Arbeit ging,
fühlten sich die Untertanen bald im Nachteil.
Allzu inquisitorisch kamen ihnen die Fragen
vor, die den 63 Zeugen (den Untertanen und
einigen ehemaligen, inzwischen ins Triber-
gische ausgewanderten Untertanen) gestellt
wurden. Es wurde auch nach Versammlungen,
heimlichen Zusammenkünften und Absprachen
gefragt, worauf die Untertanen sehr
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