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und in Schramberg ein Schloss bauen lässt, von
der Kuenzischen Sache erfahren und erkennt,
dass es hierbei nicht nur um das private Wohl
eines kleinen Schramberger Untertanen geht,
sondern um herrschaftliche Interessen, und so
die Anregung gibt, der Schramberger Flößer
solle sich in seinem Streit mit Wolfach weiter
um eine Lösung bemühen.
Weitere Zeitumstände scheinen einen solchen
neuen Anlauf zu begünstigen. Auch auf der
anderen Seite der Konfliktparteien hat ein
Wechsel stattgefunden. In Donaueschingen
sitzt seit einiger Zeit Fürst Josef Wenzel, der
Sohn des 1762 verstorbenen Wilhelm Ernst, auf
dem fürstenbergischen Thron. Dazu kommt
eine Neuerung auf österreichischer Seite. Die
k.u.k.-Repräsentation und Regierung für die
österreichischen Vorlande ist jüngst von Konstanz
nach Freiburg verlegt worden. „Neue Besen
kehren gut!" Vielleicht ist es diese alte
Volksweisheit, die Andre hoffen lässt, am Ende
doch noch zu seinem Recht zu kommen.
Es fällt auf, dass ihm bei seinem weiteren Vorgehen
ein sehr engagierter, fähiger Anwalt zur
Seite steht, der Regierungs- und Kammergerichts
Processatori Literatus J. Krapf, der ihn
in juristischen Dingen berät und für ihn die
nötigen Briefe schreibt. Wurde er ihm von
höherer Stelle aus zugeteilt?
Zunächst gilt es für Andre, sowohl auf österreichischer
Seite in Freiburg wie auch bei der
Fürstenbergischen Regierung in Donaueschingen
dafür zu sorgen, dass die schon fast vergessene
Flößergeschichte wieder auf die Tagesordnung
kommt. Während die k.u.k.-vorder-
österreichische Kammer und Regierung in Freiburg
sofort auf die Kuenzische Anfrage reagiert
und mit einem entsprechenden Schreiben in
Donaueschingen vorstellig wird, lässt sich die
Fürstenbergische Regierung lange Zeit, bis sie
mitteilt, man müsse, um nach so langer Unterbrechung
dieses Verfahrens eine kategorische
Antwort geben zu können, sich erst wieder
genau informieren und die in Frage stehende
Angelegenheit ganz neu untersuchen. Erst im
Dezember 1764, sieben Monate später, kommt
die eigentliche fürstenbergische Antwort: Man
habe sich in Wolfach kundig gemacht, es
bestehe kein Zweifel daran, dass Schramberger
Flößer kein Recht hätten auf der Kinzig zu
flößen, und dass der Schramberger Flößer
Andre Kuenz an seiner finanziellen Misere selber
schuld sei. Es gebe daher eigentlich nichts
weiter zu verhandeln.
Schon aus diesem ersten Akt in Sachen der wieder
aufgelebten „Kuenziana" - wie ein Fürsten-
bergischer Beamter die Angelegenheit spöttisch
bezeichnet - wird deutlich, in welcher
Weise der Prozess sich weiter gestalten würde:
ungeduldiges Drängen auf der einen Seite, fortdauernde
Hinhaltetaktik auf der anderen. Im
Laufe der nächsten Jahre werden an die 60
Briefe geschrieben, 45 davon mit Kuenzischem
oder k.u.k.-österreichisch/Freiburger Absender,
die anderen stammen aus Donaueschingen,
Wolfach, aus der Grafschaft Geroldseck, vom
Markgrafen in Baden-Baden, der württembergischen
Regierung in Stuttgart und aus der Hofkanzlei
in Wien. Es wird immer deutlicher, dass
es in dieser Auseinandersetzung nicht nur um
Andre Kuenz geht, sondern um territoriale Interessen
und Ansprüche der Kinzig-Anrainer-Staaten
Fürstenberg, Österreich und auch Württemberg
. Ist die Kinzig - wie das Fürstenberg
sehen möchte - ein „flumen privatum", ein Pri-
vatfluss, der nur denen zur Verfügung stehen
soll, die den größten Anteil daran haben, nämlich
Wolfach und Schiltach, oder wie es Schramberg
sieht, ein „flumen publicum", der wie eine
öffentliche Straße allen Benutzern offen stehen
muss.
Die k.u.k.-Repräsentation und -Kammer in Freiburg
muss staunend zur Kenntnis nehmen, wie
sicher sich die Wolfacher und fürstenbergische
Seite ist. Vor allem das Auftreten der Wolfacher
Schiffer lässt keinen Spielraum für Kompromisse
. Es hat den Anschein, als würde man sich
dort sogar über den Schramberger und seine
Bemühungen lustig machen.
Endlich im Mai 1766 kommt es auf Drängen
der Regierung in Freiburg zu einem Treffen
zwischen den Wolfacher Schiffern und Andre
Kuenz. Damit dieser nicht durch sein „bekannt
ungestümes Wesen" einen möglichen Vergleich
verhindere, bekommt er einen offiziellen Aufpasser
zur Seite gestellt, den Comes palatinum
Franz Josef Ignatz von Rassler, der in dieser Angelegenheit
auch weiterhin die österreichischen
Interessen vertritt. Dieser berichtet nach
demTreffen an Anwalt Krapf und die Behörden
in Freiburg:
„Der Andre Kunz hat zwar Euer Excellenz und
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