http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_24/0053
Die schneeigen Wellen, oh'n Rast, ohne Zahl
Sie künden den Frühling im Bernecktal.
Siehst du die grauen Wolken zieh'n?
Schon schmücket die Quelle ein saftiges Grün,
Der Haselstrauch grünt an der Halde,
Verschont von Winters Ungemach
Erblühen die Beeren im Walde:
Du armes Herz, voll Sorge und Qual
Zieh mit in den Frühling, in's Bernecktal.
Hier jubelt Waldvöglein ein altes Lied
Von Sehnen und Hoffen, von ewiger Lieb,
Von stürmischen Winterwochen.
Und das Herz, dem so bang, nach so
freudarmer Zeit
Es öffnet die Tore himmelweit,
Und hinein zieht das Glück und die Freude
zumal
Lm goldenen Frühling im Bernecktal.
C. Kirchhofer (Cajetan Schaub)
Im Jahre 1924 machte Cajetan eine Fahrt nach
Wien, er besuchte seinen Schwager Eisenhardt,
der dort als Direktor eine Filiale der Firma Junghans
leitete. Zu diesem Besuch schrieb Cajetan,
natürlich unter seinem Pseudonym C. Kirchhofer,
Sehr amberger Elferrat, 1926 (Cajetan Schaub sitzend
1. v.l.). Foto: Faist
eine spannende Reiseerzählung. Sie erschien im
Januar 1925 in 3 Folgen im „Schwarzwälder Pos-
tillon", dem Unterhaltungsblatt des „Schwarzwälder
Tagblatt". Die Erzählung beginnt: „Wien,
die Stadt meiner Träume. Endlich ist ein längst
gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen, ich
durfte Wien sehen. Wien, wie es weint und lacht,
bei Tag und bei Nacht. Leider hat es reichlich
lange gedauert, ich bin inzwischen 60 Jahre alt
geworden. Vor 30 Jahren wäre es vielleicht noch
schöner gewesen, vielleicht? Wenn man mit
einem verhältnismäßig jugendlichen Herzen
ausstaffiert ist, dazu die Erfahrungen des gereiften
Mannes besitzt, so hat das sicher viel für sich, man
sieht die Dinge klarer und nüchterner, als so ein
jugendlicher Brausekopf. [...]"
Obwohl oder gerade wegen dieser vielseitigen
künstlerischen Begabungen war Cajetan ein sehr
sensibler Mensch mit leichtem Hang zum
Schwermut. Dies erfährt man einerseits von
Zeitzeugen und andererseits erkennt man das an
den von ihm geschaffenen Werken. Ein gutes
Beispiel dafür sind die von ihm entworfenen
Kriegerdenkmäler, die vom Stil gar nicht in die
Zeit aus der sie stammen passen wollen.
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