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German Moosmann:
DAS BERNECKTAL IN ALTEN
ANSICHTEN UND ERINNERUNGEN
Auf der Straße zwischen Schramberg nach Tennenbronn fahren tagtäglich viele Autofahrer in
beide Richtungen durch das Bernecktal. Wanderer sieht man heutzutage hingegen nur noch
selten. Die landschaftliche Schönheit ist nur noch wenigen bewusst. Als vor über einem
Jahrhundert die ersten Urlauber und Wanderer in den Schwarzwald kamen, hat man das
Bernecktal noch mit anderen Augen gesehen. Im ersten Fremdenverkehrsführer des württembergischen
Schwarzwaldvereins über Schramberg und Lauterbach aus den 1890er-Jahren
wurde das Bernecktal sogar als „das schönste des südlichen Schwarzwaldes" hervorgehoben.
Eine vergleichbare Werbung findet man im heutigen Tourismusmarketing nicht mehr.
Die zahlreichen Sehenswürdigkeiten waren früher weit bekannt und wurden gern besucht:
das Berneckbad, das Elektrowerk, der Wasserfall, die Teufelsküche, das Eiswerk, der steinere
Mann, die große Tanne und schließlich der Ramstein mit der jahrhundertealten Ruine. Die
heute teilweise kaum mehr bekannten Sehenswürdigkeiten verdienen es wieder entdeckt zu
werden und werden im vorliegenden Beitrag in Wort und Bild vorgestellt. Wie bei einer Wanderung
mit einem ortskundigen Wanderführer werden Geschichte und Geschichten erzählt,
die aus eigenen Erinnerungen oder ergänzenden Nachforschungen stammen.
Der Autor ist mit dieser Landschaft - er lebt auf dem Ramstein und bewirtschaftete dort den
Gründiehof- seit seiner Kindheit vertraut. Lm Ruhestand begann er sich zunächst mit Ahnenforschung
zu beschäftigen. Während einer schweren Erkrankung schrieb er außerdem eine
beeindruckende Autobiographie und hat nun auch mit heimatgeschichtlichen Aufsätzen
über unterschiedliche Themen begonnen. Der vorliegende Beitrag, der mit Unterstützung des
Schramberger Historikers und Volkskundlers Carsten Kohlmann entstanden ist, stellt seine
erste Veröffentlichung dar. Allen, die dem Autor mit Auskünften oder Bildern geholfen haben,
sei für ihre Unterstützung sehr herzlich gedankt.
Das Landschaftsbild des Bernecktals
Das Bernecktal zeigt sich mit vielen verschiedenen
Gesichtern. Große, lang gezogene
Kurven, aber auch kurze, gefährliche Kurven.
Links von der Berneck und rechts von der
Straße sind immer wieder prachtvolle Felsen
zu sehen. In den Schluchten fließen und plätschern
kleine Bäche von der Höhe hinunter in
die Berneck. Dort wächst auch viel Holz; das
Bernecktal ist sehr waldreich. Parallel zur Berneck
auf halber Hanghöhe haben sich Bauernhöfe
angesiedelt, die alle an den Wasserquellen
gebaut wurden. Dort treffen im so genannten
Quellhorizont Granit und Buntsandstein aufeinander
und lassen das Quellwasser austreten.
Diese natürliche Trinkwasserversorgung war
die Grundlage für die Ansiedlung der Bauernhöfe
auf dem Ramstein und an der Purbenhalde
.
Vor der großen Gebietsreform in Baden-Württemberg
am Beginn der 1970er-Jahre gehörte
Tennenbronn zum Kreis Villingen und war seit
1810 badisch. Der 1952 gegründete Südweststaat
ließ die Grenzen immer mehr zurücktreten
. Etwa fünfhundert Meter unterhalb der
Ruine Ramstein, wo das Bernecktal immer
enger wird, befand sich die badisch-württembergische
Grenze, die bis zur Gründung des
Südweststaates rechts der Berneck war. Von
dort aus markierte die Berneck die Grenze bis
zur Falkenstein kurz vor Schramberg. Die
Straße verlief auf württembergischem Gebiet,
das ausTennenbronner Sicht links der Berneck
liegende Gebiet war badisch (Abb. 1).
Die Gegensätze waren damals noch stark
ausgeprägt. Seit meiner Kindheit denke ich
über die Zeitgenossen nach, die als Badener
und Württemberger an der Vergangenheit
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