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hängen. Auch heute noch werden über 50
Jahre nach der Gründung Baden-Württembergs
eklatante Unterschiede zwischen Badenern
und Württembergern ausgemacht und
ihnen wie von altersher je nach Standpunkt
oder Zugehörigkeit positive oder negative
Charaktereigenschaften zugewiesen. Das gehört
zur Tradition.
Der Bau der Bernecktalstraße
Wie im Kapitel „Verkehrswege" des Buches
„Schramberg. Ort und Herrschaft. Von den
ältesten Zeiten bis zur Gegenwart" von Oskar
Dambach aus dem Jahr 1904 zu lesen ist, ging
der Weg von Schramberg nach Tennenbronn
über viele Jahrhunderte hinweg über den
Trömbach. 1849 legte Graf Cajetan von Bissingen
und Nippenburg, damals Besitzer der
Grundherrschaft, einen Holzabfuhrweg durch
das Bernecktal an. Vorher war das Passieren
des Tales nur auf schmalem Fußpfad möglich,
der von einem auf das andere Ufer über Felsen
und Vertiefungen führte. Für das geschlagene
Holz wurde der Bach zum Abführen benutzt.
Der Weg über die Höhen, durch das Reiterloch,
war zum Befahren, seiner Steilheit wegen, fast
untauglich. Der Holzweg konnte nur mit leichten
Fuhrwerken von Schramberg aus befahren
werden. Dem Tennenbronner Haldenmetzger
war es nur möglich, mit Hundegespann und
Leiterwägelchen seine Schramberger Kundschaft
mit Fleisch- und Wurstwaren beliefern
zu können.
Der Bau einer besseren Straße durch das Bernecktal
wurde 1872 durch einen von Schramberg
aus veranlassten Zeitungsartikel angestoßen
. Über die Bauplanung und die Preisverhandlungen
entstand bei der Abteilung für
Straßen- und Wasserbau des königlich-württembergischen
Ministeriums des Innern eine
umfangreiche Akte, die heute im Staatsarchiv
Ludwigsburg aufbewahrt wird. Für die Planung
zeichnete jedoch in erster Linie die königlich-
württembergische Straßenbauinspektion des
Oberamtes Oberndorf verantwortlich. Diese Behörde
wurde zu dieser Zeit von Karl Leibbrand
geleitet, der sich sehr für die Verbesserung der
schlechten Schramberger Verkehrsverhältnisse
einsetzte. Seinem späteren Wirken als Leiter der
Abteilung für Straßen- und Wasserbau des königlich
-württembergischen Ministeriums des
Abb. 1: Das Bernecktal auf einer Wanderkarte des
Badischen Schwarzwaldvereins aus der Zeit vor
dem Ersten Weltkrieg. Privatbesitz German Moosmann
Innern hatten die Schramberger nach jahrelangen
Bemühungen insbesondere ihren Eisen-
bahnanschluss zu verdanken.
Für die Bauplanung der Bernecktalstraße und
die Preisverhandlungen nahm man sich viel
Zeit. Das Königreich Württemberg und das
Großherzogtum Baden haben dabei sehr gut
zusammen gearbeitet, um eine durchgehende
Straßenverbindung schaffen zu können. Das
Bauprojekt war für die aufstrebende Industriestadt
Schramberg und ihre Raumschaft von
großer wirtschaftlicher Bedeutung.
Straßenbauinspektor Karl Leibbrand schrieb
am 16. Februar 1873 in einem Bericht an die
Abteilung für Straßen- und Wasserbau des
königlich-württembergischen Ministeriums
des Innern:
„Es ist richtig, daß für Schramberg die Herstellung
einer möglichst directen und leicht
fahrbaren Verbindungsstraße mit der Som-
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