Museums- und Geschichtsverein e.V. Schramberg, [ohne Signatur]
D'Kräz: Beiträge zur Geschichte der Stadt und Raumschaft Schramberg
Schramberg, 25.2005
Seite: 58
(PDF, 62 MB)
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Er war es auch, der dem 15-jährigen Jungen die
Möglichkeit gab, Forschungsergebnisse zu
publizieren.

In die Diskussion um die Gemälde im Schram-
berger Rathaus mischte er sich schon mit 13
Jahren ein, und er schrieb seinen ersten Leserbrief
im „Schwarzwälder Boten". Das war
1985, also vor 20 Jahren.
Er formulierte aber nicht nur seine Meinung,
nein, er führte den Lesern auch die Gründe vor
Augen und zeigte pädagogische Ansätze auf: „Da
ich mich schon seit einiger Zeit mit dem Thema
Nationalsozialismus beschäftige, bin ich der Meinung
, daß wir vor unserer Geschichte nur bestehen
können, wenn wir sie akzeptieren, sie verstehen
, aus ihr lernen und sie nicht aus unserem
Leben verdrängen. Die nationalsozialistischen
Wandmalereien leisten hierzu einen Beitrag. Im
Rahmen der Unterrichtsbehandlung des Themas
Nationalsozialismus könnte man hierdurch
den Schramberger Schülern die Grundzüge des
Nationalsozialismus an Hand eines der wenigen
übriggebliebenen, von den Nazis geschaffenen
Werken in Schramberg vermitteln, zum Beispiel
den ,Blut- und Bodenmythos', Verherrlichung
des Bauern- und Arbeiterstandes, die stolzen
Arier, das Volksbrauchtum usw. In diesen Dingen
stellt sich ja gerade die Lächerlichkeit und die
Gefahr dieses Gedankengutes heraus, das zum
Nachdenken zwingt. Geschichte wird zum
Erlebnis, man beginnt zu verstehen...."
Dieser Leserbrief sagt sehr viel über Carsten
Kohlmann aus. Schon zur Zeit auf dem Gymnasium
trieb ihn seine zutiefst humanistische
Gesinnung dazu, sich mit Krieg und Gewaltherrschaft
in unserer Geschichte auseinanderzusetzen
.

— Deshalb wundert es nicht, dass er sich schon
in den 1980er-Jahren zu den „Barfußhistorikern
" zählte, die sich als Laien mit Themen
der Arbeiterbewegung und des Dritten
Reichs beschäftigten, die noch nie aufgearbeitet
wurden.

— Deshalb wundert es nicht, dass er noch
heute die Aufarbeitung des Nationalsozialismus
als eine herausragende Aufgabe
der Schramberger Geschichtsforschung
sieht.

— Deshalb wundert es nicht, dass er sich in
seinen Aufsätzen immer wieder mit Minderheiten
beschäftigt: seien es die Sinti und

Roma oder die Zwangsarbeiter in der
Industriestadt Schramberg.
— Deshalb wundert es nicht, dass er sich aus
innerster Überzeugung heraus mit der jüdischen
Gemeinde in Rexingen bei Horb beschäftigt
und dort an vorderster Stelle mitarbeitet
.

Er erkannte aber auch, dass das Forschen im
Stillen nur ein Teil der Aufgabe eines Hobby-
Historikers sein kann, denn Pflicht und Aufgabe
ist auch das Publizieren. Nur so konnte
auch die Öffentlichkeit von seinen Forschungsergebnissen
profitieren. Und auch
diese Zeitschrift.

Er ist der wahre „Herr D'Kräz" geworden, ihm
hat es die Stadt zu verdanken, dass es diese Zeitschrift
so noch gibt. Ich weiß, dass er dies bestreiten
wird, aber so „isch er halt"!
Seine Frau Evelin wird das bestätigen. Ja, seine
Frau, denn in all seiner Arbeit hatte er auch das
große Glück, sie zu treffen und zu heiraten. Mit
ihm verheiratet zu sein, heißt vor allem Verständnis
haben und Geduld. Ich danke ihr dafür,
denn am Verlust von vielen Ehestunden in diesem
Jahr war ich der Schuldige. Hatte ich doch
für die Jubiläums-DXra^ nicht auf ihren Mann
verzichten können.

Aber nicht nur ich. Sein Berufsweg hat ihn
zwangsweise immer wieder von Schramberg
weg „in die Welt hinaus" geführt. Zwei Jahre
Ausbildung für den höheren Archivdienst mit
praktischer Ausbildung im Hauptstaatsarchiv
Stuttgart und im Stadtarchiv Rottweil, 2005
Staatsexamen für den höheren Archivdienst in
Marburg an der Lahn und seit Juni 2005 im
Staatsarchiv Sigmaringen mit der Berufsbezeichnung
Archivassessor.
In die „weite Welt" hinaus führte ihn auch seine
Marburger Abschlussarbeit, in der er sich mit
dem „Archiv der Gemeinde Shavei Zion in
Israel" beschäftigte, das er auch persönlich aufsuchte
. Die Auswahl dieser Arbeit spiegelt seine
humanistische Grundeinstellung deutlichst wider.
Alle Welt weiß sein Können und sein unermüdliches
Engagement zu schätzen, u.a.
erhielt er im Jahr 2000 den Dr.-Leopold-Lucas-
Preis der Universität Tübingen für seine Magisterarbeit
, aber seine Heimatstadt gibt ihm
keine Chance, obwohl gerade sie von ihm am
meisten profitieren könnte. Ja, der Prophet im
eigenen Land...

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