Museums- und Geschichtsverein e.V. Schramberg, [ohne Signatur]
D'Kräz: Beiträge zur Geschichte der Stadt und Raumschaft Schramberg
Schramberg, 25.2005
Seite: 161
(PDF, 62 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_25/0161
ten" am Anfang des Krieges 7384 Personen.
Der Frauenanteil lag bei 40 Prozent. Frauen
hatten in der Folgezeit neben Fremdarbeitern
die Lücken, die die „Ausmarschierten" hinterließen
, zu schließen. Den Zenit erreichte die
Firma 1944 mit über zehntausend „Gefolgschaftsangehörigen
". An der Spitze des Betriebes
stand nach dem Tod von Oskar Junghans
(1876-1927) Helmut Junghans (1891-1964),
seit 1933 Mitglied der NSDAP und im NS-Sys-
tem Wehrwirtschaftsführer.4
Nach 1945 stand die Uhrenindustrie vor dem
vorläufigen Aus. Demontagepläne sahen bei
Urgos, Haller & Jauch, Joh. Jäckle GmbH in
Schwenningen, der Uhrenfabrik in Mühlheim,
bei Hermle & Söhne in Gosheim die Totaldemontage
, bei Junghans, Kienzle und Mauthe
den Abbau von 50 Prozent der Kapazitäten
vor. Erschwerend kam die vorgesehene Totaldemontage
der Uhrensteinefertigung bei
Junghans in Dunningen und die der Zugfedernfertigung
bei Hugo Kern in Schramberg
hinzu, beides Schlüsselbereiche für die Uhrenindustrie
.5

Die Absperrung der französischen Besatzungszone
von der so genannten Bi-Zone (Vereinigtes
Wirtschaftsgebiet der britischen und amerikanischen
Zone) schwächte über die
Demontagen hinaus die Uhrenindustrie. Sie
führte unmittelbar dazu, dass sich Diehl in
Nürnberg mit der Herstellung von Uhren
befasste, zunächst nur von Weckerwerken.
Die Demontagen ließen sich nach der Westeinbindung
der Bundesrepublik Deutschland
politisch nicht mehr in dem vorgesehenen
Rahmen durchsetzen. Ab 1950/51 befand sich
die Uhrenindustrie fast wieder auf dem Vor-
kriegs-Produktionsstand.
Die 50er-Jahre waren für die Uhrenindustrie
günstig. Es herrschte eine große Nachfrage
nach Uhren aller Art. Mit der Wiedereinführung
der Wehrpflicht schien auch die Waffenproduktion
wieder moralisch gerechtfertigt zu
sein. Bei Junghans wurden wiederum Zünder
produziert. Für Carl Diehl ein wichtiger Umstand
für den Erwerb der Aktienmehrheit von
Junghans.6

Mit dem Übergang von Junghans zu Diehl
1956 änderte sich für die Belegschaft wenig.
Anfang i960 herrschte bei Junghans wie in
anderen Uhrenfirmen gar Arbeitskräftemangel
, der durch Anwerbung von „Gastarbeitern"
überwunden wurde. Eine Zäsur bahnte sich ab
1967, mit der ersten Rezession in der Bundesrepublik
, an.

Diese Zeichen der Zeit wurden von Junghans-
Geschäftsführer Dr. Karlheinz Rummel wahrgenommen
. Er versuchte sie am 17. November
1967 vor Betriebsjubilaren mit einer als „programmatisch
und richtungsweisend" gedachten
Rede zu deuten.7

Die Rede Dr. Rummels erfüllte den Anspruch,
„programmatisch und richtungsweisend" zu
sein, nur bedingt. Sie war jedoch ein Versuch
der Standortbestimmung in einem sich wandelnden
Umfeld. Dr. Rummel erwähnte dabei
die Gefahr, die von der japanischen Industrie
ausging, die „längst das Stadium des Kopierens
verlassen und zu ganz beträchtlichen eigenständigen
Leistungen gelangte".
Er vertraute jedoch darauf, dieser Herausforderung
begegnen zu können, wenn „wir mit
größter Intensität Forschung und Entwicklung
betreiben, um mit Produkten auf den Markt zu
kommen, die zu auskömmlichen Preisen Absatz
finden". In Bezug auf den Absatz sprach er
zu diesem frühen Zeitpunkt bereits von Marketing
, mit dem er das Gebiet bezeichnete, „in
dem alles zusammengefasst ist, was mit der Absatzseite
eines Unternehmen zu tun hat". Im
Gegensatz zu früher, als „die Fertigung Vorrang
" hatte, verwies er auf Amerika, wo große
und weltbekannte Firmen „nicht mehr selbst
produzieren, sondern ihre Erzeugnisse, deren
Entwicklung und deren Vertrieb zwar noch in
der Hand haben, aber bei anderen Firmen fertigen
lassen".

Als Positivum führte er bei Junghans die neue
Produktgruppe „Junghans electronik" an sowie
die Fertigung der Diehl-Werke „mini-clok"
und „dilectronik" in Schramberg und die aus
Gründen der Rationalisierung anvisierte Verlagerung
des Vertriebs nach Nürnberg. Es war
insgesamt eine handwerklich gute Rede, aber
ohne jeglichen visionären Anflug. Konnte man
mehr erwarten?

Die Antwort hierauf hat viel mit dem menschlichen
Wahrnehmungsvermögen zu tun. Dasselbe
ist zunächst rückwärts gerichtet. Es verbindet
die Erfahrung der Vergangenheit mit
dem derzeitigen Zustand. Dieser Erfahrungswert
wird dann auf einen Punkt x der Zukunft

161


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_25/0161