Museums- und Geschichtsverein e.V. Schramberg, [ohne Signatur]
D'Kräz: Beiträge zur Geschichte der Stadt und Raumschaft Schramberg
Schramberg, 25.2005
Seite: 200
(PDF, 62 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_25/0199
schwarzem Bandmaterial geschnitten, gehämmert
, gebogen, gefeilt und an einem anderen
Arbeitsplatz geschliffen und poliert. Karl Het-
tich empfand diesen Ablauf als viel zu umständlich
.

Der ausgewiesene Tüftler machte sich Gedanken
über eine Verbesserung der primitiven
Arbeitsweise und fand auch einen machbaren
Weg. Aufgrund seiner bei früheren Vorschlägen
gemachten Erfahrungen behielt er diesen
jedoch für sich und ließ als Privatmann bei
einem verschwiegenen Schreiner zunächst ein
Holzmodell und nach diesem Muster bei zwei
verschiedenen Schramberger Schlossern je einen
Teil seiner erdachten Maschine anfertigen.
So konnte keiner von den beiden wissen, wie
die Erfindung funktionieren sollte.
Daheim baute er dann seine Biegemaschine
ganz im Geheimen zusammen und brachte
sie unter manchen Schwierigkeiten zum Laufen
.

Jetzt schlug er seinem Chef Paul Landenberger
vor, dass er wegen besserer Zeiteinteilung für
Sandwäscherei und Landwirtschaft die bisher
in der Fabrik geleistete Arbeit künftig in Heimarbeit
erledigen wolle.

Dies wurde ihm unter der Voraussetzung zugestanden
, dass er seine bisherige Tagesleistung
absolut garantieren müsse. Genau diese Zusage
war für Karl Hettich das kleinste Problem. Aufgrund
seiner bisherigen Versuche wusste er,
dass sich sein Versprechen in zweistündiger
Tagesarbeitszeit erfüllen ließ, so dass ihm der
übrige Tag für Landwirtschaft und Sandwäscherei
zur Verfügung stand.
Zunächst blieb dies aber sein bestgehütetes
Geheimnis. Die „Buckmaschine", wie er sie
nannte, bekam ihren Platz im Schlafzimmer
der Eheleute. Nur er, seine Frau Karoline und
später der älteste Sohn Franz durften an der
Maschine arbeiten. Die Schlafzimmerkommode
wurde zur Werkbank umfunktioniert
.

Schon bald nahm er auch den zweiten Teil der
Hakenfertigung ins Visier, das Schleifen und
Polieren. Dabei kam ihm erneut das Wasser seiner
Quelle zugute. Es reichte aus, um über ein
Wasserrad 0,25 PS zu erzeugen und damit
sowohl ein Putzfass wie auch eine Schleif- und
Polierscheibe anzutreiben. So konnte er dem
Herrn Landenberger fortan nicht nur halbfertige
, sondern voll einbaufähige Ankerhaken liefern
. Der lang angestrebte Schritt in die Selbstständigkeit
war getan. Man schrieb das später
als Dreikaiserjahr in die Geschichte eingegangene
Jahr 1888.

Das Geschäft ließ sich gut an. Nach und nach
wurden vier Männer und vier Frauen eingestellt
. Es gab Platzprobleme. Als unterhalb der
Straße die ehemalige Neff'sehe Mühle, in welcher
zuvor die Firma Konrad Mayer & Söhne
Uhrenteile produziert hatte, frei wurde, nutzte
Karl Hettich die Gelegenheit und mietete die
dortigen Räume für eine Jahrespacht von 470
Mark. Um 1890 herum konnte dann die geheimnisvolle
„Buckmaschine" aus dem Schlafzimmer
herausgeholt, verbessert und nach
weiterer Auslastung gesucht werden. Auch die
Firma Junghans wurde als Kunde gewonnen.
Allerdings konnte Arthur Junghans nicht verstehen
, wie ein so „kleiner Mann" die Haken
preiswerter als er in seiner großen Fabrik herstellen
konnte.

So setzte er seinen ganzen persönlichen Ehrgeiz
in die Analyse der erforderlichen Arbeitsgänge
und verkündete dem „kleinen Hettich"
bei einem zufälligen Zusammentreffen im
Gasthaus „Engel", dass er nun auch so billig
produzieren könne und deshalb natürlich
nichts mehr bei ihm bestellen würde. Offensichtlich
wähnte er ihn damit geschäftlich am
Ende und fragte etwas von oben herab, was er
denn nun machen würde. Karl Hettich erwiderte
seelenruhig: „Wege dem mach i doch
meine Häke." Und er machte sie nicht nur, sondern
verkaufte sie auch.
Neu gewonnene Kunden in Schwenningen,
Villingen, Triberg und Furtwangen, selbst ein
solcher in London, glichen den Ausfall mehr
als aus. Wenn die Arbeit überhand nahm, mus-
sten auch die schon größeren Kinder in allen
Bereichen fest mithelfen, denn Sandwäscherei
und Landwirtschaft wurden ja nach wie vor
auch noch betrieben.

Dann aber kam die Katastrophe. Aus heiterem
Himmel musste sich der unermüdliche Mann
eines Sonntagnachmittags mit plötzlich auftretenden
Bauchschmerzen ins Bett legen. Der
Arzt diagnostizierte eine Kolik. Am Vormittag
des darauf folgenden Montags starb Karl Hettich
im Alter von nur 57 Jahren. Man schrieb
das Jahr 1894. Zurück ließ er nicht nur die vie-

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