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jüdischen Kaufleuten einsetzte, allgemein
gegen die Benachteiligung jüdischer Kaufleute
Stellung oder konkrete Lösungen im vorliegenden
Fall zur Diskussion gestellt hätte. Ferdinand
Wolber hatte sich wohl zum Sprecher der
sich durch die jüdische Konkurrenz in ihrer
Existenz bedroht fühlenden Kaufleute gemacht
.10 Ob er mit jenem „Ferdinand Wolber"
identisch ist, welcher nach der Märzrevolution
von 1848 unter den liberalkonservativen
Schramberger Revolutionsgegnern genannt
wird11, kann hier offen bleiben. Über das Klima
der christlich-jüdischen Beziehungen im damaligen
Schramberg vermittelt die Nachricht freilich
eine gewisse Vorstellung, dass im gleichen
Jahr 1821 „ein Jude dortselbst wegen Diebstahls
25 Stockstreiche erhalten sollte", „mitleidige
Frauen" für ihn jedoch vier Streiche
abbaten12.

Die politisch-rechtliche Entwicklung im
Königreich Württemberg nahm danach einen
Verlauf, der vermutlich den Vorstellungen eines
Ferdinand Wolber nicht in jeder Hinsicht
entsprochen hat. 1828 erhielten die Württemberger
jüdischen Glaubens per Gesetz das
Recht auf freie Berufswahl und Berufsausübung
. 1864 wurden sie ihren christlichen Zeitgenossen
„in allen bürgerlichen Verhältnissen"
gleichgestellt und 1869 war ihre Emanzipation
vollends abgeschlossen, nachdem das Verbot
christlich-jüdischer Mischehen aufgehoben
worden war.

Es ist bekannt, dass der Antisemitismus sich auf
der Ebene des zweiten Deutschen Reiches seit
etwa 1873 neu formierte und im Dritten Reich
seine bösartigen Ziele tatsächlich erreichte.

Schon Anfang April 1933 wäre in diesem Sinn
über dem Schramberger Tuchwaren-Marktstand
eines Nathan Degginger ein von SA und
SS geschütztes Transparent „Deutsche, kauft
nicht beim Juden!" denkbar geworden. Und tatsächlich
fiel in Rottweil der entsprechenden
Politik die „Rottweiler Hemdenfabrik Degginger
& Cie" der Nachfahren Nathan Deggingers
bis Oktober 1938 zum Opfer13

Anmerkungen

1 Stadtarchiv Schramberg, Bestand 647 (98324)

2 Vgl. auch C. Kohlmann, D'Kräz Nr. 12 (1992), S. 62ff und
Nr. 13 (1993), S. 4lff, Jüdische Kaufleute und Viehhändler im
Raum Schramberg.

3 Stadtarchiv Rottweil, Verzeichnis über die Beisitzer
1830/1850, Nr. 3

4 Deggingers letztes Hemd. Begleittext zur Ausstellung „Deggingers
letztes Hemd" in der Ausstellung „Juden am obersten
Neckar" im Dominikanerforum Rottweil. Haigerloch 2003

5 Diese Lebensbeschreibung wird von Gerald P. Mager, Stadtarchiv
Rottweil, bearbeitet.

6 C. Kohlmann, Jüdische Kaufleute und Viehhändler im Raum
Schramberg, D'Kräz Nr. 12 (1992), Seite 62 ff.

7 R Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und
Hohenzollern. Stuttgart 1966 S. 155 ff.

8 H.-J. Losch, Von der Monarchie zur Republik. Schramberg
unter der Herrschaft des Hauses Württemberg (1806-1918).
In: Schramberg. Adelsherrschaft - Marktflecken - Industriestadt
hrsg. vom Museums- und Geschichtsverein Schramberg
e. V und von der Großen Kreisstadt Schramberg. Schramberg
2004 S.202.- Am 30. Januar 1933 waren in Schramberg nach
Paul Sauer vier Juden ansässig (Sauer, a. a. O. S. 195).

9 L. Weisserjuden im Rottweiler Wirtschaftsleben des 19. Jahrhunderts
. Rottweiler Heimatblätter 40. Jg. (1979) Nr. 2 S. 3 ff

10 C. Kohlmann, Jüdische Kaufleute und Viehhändler im Raum
Schramberg, a.a.O., Seiten 63,64

11 Losch, Von der Monarchie zur Republik, a. a. O. S. 179

12 R. Klein, Beiträge zur Geschichte der Juden in Rottweil a. N.
Rottweil 1924 (Nachdruck Haigerloch 2004) S. 58

13 Reichskristallnacht in Rottweil 1938-1988. Quellen und Materialien
. Hrsg. von W. Hecht. Rottweil 1988 S. 64 und
S.67

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