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Der Protokollist notiert:
„All dieweilen Michel Rapp und Maria Götzin
keineswegs in ihrem Verhör gestehen wollen,
daß sie außer des Waldes auf der Höhe an
einem Bosch oder Hecken, sondern im Weg
unter freiem Himmel, - hingegen die zwei
Gezeugen eidlich ausgesagt, daß sie neben
einem Bosch gesessen seien, so daß man von
ihnen nichts anderes sehen habe können als
die zappelnden Füße. Als hat man für nötig
befunden, sämtliche Personen gegen einander
zu stellen, und sie zu vernehmen.
Rapp und die Müllerin verbleiben bei dem,
daß sie neben keinem Bosch oder Hecken
gesessen, sondern am Weg unter freiem
Himmel. Doch könnte sein, daß nebst her
ein Hecken gewesen sei. Seien mit den
Füßen nit außer dem Weg kommen. Die
Ursach könne sein, daß weilen die Gezeugen
neben her auf der Seiten gangen seien,
sie nit richtig sehen hätten können.
Matheis Fleig sagt aus,
weilen sie ziemlich weit von ihnen entfernt
gewesen sei, habe er nichts sehen können
als die Füße.
Proghammer bleibt bei seiner Aussag, daß sie
neben einer Hecken gesessen seien.
Beide aber fügen hinzu, sie hätten von diesen
nichts Unehrliches gesehen, außer daß sie hart
bei einander gesessen seien."11
Als Ergebnis dieser dritten Befragung wird dem
Michel Rapp und der Maria Götzin mitgeteilt,
dass hiermit die Inquisition beendet sei. Es
würden keine weiteren Untersuchungen mehr
gegen sie geführt.
Weil sie beide aber „mit öfterem Umhalsen und
Liebkosen sich als verehelichte Leut verfehlet
hätten, solle Michel Rapp der gnädigen Herrschaft
zur Strafe zahlen 6 Gulden 24 Kreuzer,
die Müllerin 3 Gulden 12 Kreuzer", und sie
dürften nicht vom Platz weichen, bis die Strafe
bezahlt sei.
Das Protokoll vermerkt am Schluss, dass nicht
nur Michel Rapp und die Müllerin zu einer
Geldstrafe verurteilt werden, sondern auch
Mathias Fleig, der Hardt-Wirt.
Dieser muss sogar wesentlich mehr zahlen als
die Delinquenten, nämlich 15 Gulden, deswegen
, weil er, obwohl ihm doch vom Gericht
Stillschweigen auferlegt worden war, dem
Michel Rapp vor dessen Vernehmung alles
haargenau erzählt hatte, was er, Fleig, als Zeuge
vor Amt über die Kuss-Geschichte ausgesagt
hat.12
Anmerkungen
1 Lothar Späth, Die Verleihung des Marktrechts durch Kaiser
Karl V an Schramberg, D'Kräz Nr 18 (1998), S. 2 ff
2 Amts-, Verhör- und Strafenprotokoll der hochherrschaftlich
Bissingschen Cantzley der freyen Herrschaft Schramberg,
Bd 2; Stadtarchiv Schramberg
3 Michel Rapp, Bauer und Müller im Mühllehen (1684-1761)
war verheiratet mit Anna Agatha Schenk. Das Ehepaar hatte
vier Kinder
4 Maria Götz, geborene Häberlin (1684-1742), seit 1702 mit
dem Nunnenmüller Jacob Götz verehelicht, hatte zehn Kinder
. Katharina, die älteste Tochter, war 23 Jahre alt und frisch
verheiratet.
5 Oberamtmann in Schramberg war im Jahr 1727 Franz Joseph
Lamberger.
6 Der Weiler „Mühllehen" gehörte zum Kloster-Amt Rottenmünster
.
7 Der Weiler „Nunnenberg" (Nonnenberg) war württembergisch
und gehörte zum Oberamt Hornberg.
8 Amts-, Verhör- und Strafenprotokoll Bd 2, S. 224
9 Amts-, Verhör- und Strafenprotokoll Bd 2, S. 212
10 Amts-, Verhör- und Strafenprotokoll Bd 2, S. 224
11 Amts-, Verhör- und Strafenprotokoll Bd 2, S. 237
12 Amts-, Verhör- und Strafenprotokoll Bd 2, S. 239
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