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vor kurzer Zeit von seiner langjährigen Wanderschaft
zurückgekehrt war und sein
Geschäft als selbständiger Meister im Hafnerhaus
gegenüber vom „Schützen" betrieb,
suchte die mutlosen Leute aufzumuntern,
indem er sagte: „Wir im Schwarzwald henns
no guet, mier wisset no nit was der Napolion
fer an gewaltätige Mensch isch, do mueß mer
d' Verhältnis von Westphale gsen hau wie ich,
no kriegt mer erst e Begriff dervo. I wär no
länger in der Fremde blibe, aber i hans
nimmiseah könne, wie der König Jerome mit
dene Westphälinger umgoht.Aber mier dürfet
koa Angst hau, daß sie zu üs kummet, sie
krieget voarhear Schläg. So wit i kumme bin,
han i erfahre, daß nimed koa Freud an der
Franzosenherrschaft hot, und strenge Herre
regieret it lang." „ Wenn des Sprüchwort wohr
wär, daß strenge Herre it lang regieret, no
dürftet mir Schramberger Hoffnung hau, daß
mir der Unteramtma au bald zum Heft nuß
bringet", sagte der Dolle-Weber. „Der Napolion
und üser Amtma sinn zwei Gliche. Der Napolion
will äll Länder erobere, und der Amtma
ällAemtli, wo es im Oartgitt, isacke.Es wäret
au Manne unter der Schramberger, wo oas
oder es andere versorge und dlnahme dervo
bruche könntet. Es isch koa Kleinigkeit wer-
kli, Bürger von hie si, wo mer 73 Armi hau
mueß und 114 koa Pfennig Stüre zahle könnet
, weil sie nit e mol fer lOOfl. Oagetum
henn." Der Peter-Beck, der immer noch auf
der Seite des Amtmann stand, sagte: „ Weber
du hosch it ganz u'reacht mit dene Ämtli. Es
isch wohr, es gab schau Schramberger, wo au
lese und schreibe könnet. Mer henn au so
Aemtlischlecker hie, wo älles no umesunscht
tätet, wenn sie derdurch nun eweng voarne
na kämet. Aber der Amtma ka's au wohl bruche
, er hott koa z'große Lnahm zu sire
Famiii."
Das folgende Gespräch konzentriert sich auf
die Ehefrau des Unteramtmanns, Louise Wilhelmine
Harprecht (1792-1832), die am Beginn
des 19. Jahrhunderts offenbar lebhaftes
Gesprächsthema in Schramberg war. Karoline
Grüner führt weitere Personen in die Erzählung
ein, die auf historischen Vorbildern beruhen
: „Schneckenburger" = Josef Schnecken-
burger (1770-1867), „Nagler-Matthis" =
Matthias Schilling (1786-1853) und „Stricker-
Lorenz" = Lorenz Haas (1773-1851). Unklar
bleibt jedoch, wer mit dem Namen „Buz-
Weber" gemeint sein könnte. Josef Schneckenburger
wird als Original geschildert und eine
lustige Anekdote von ihm überliefert:
Der Vältis erwiderte:,, Woascht, Peter-Beck, der
Amtma hett au lichter z'machet, wenn si Wib
oafacher wär. Die brucht jo glaubi en Hufe
Geld zu dene neumodische Häs und Hüet.
Und die Visitte wo sie hält, kostet au no. "Der
Schneckenburger sagte darauf:„Es dürftets nu
äll mache wie der Papierer, der hott
dAmtmänni nuß brocht, bi sim Wib macht
sie koani Visitte meh, er hott ere e mol e Liedli
gsunge, seil mueß ere nit selli gfalle hau."
Erstaunt fragten die Anwesenden, wie das
Liedlein heiße? Da sagte der Schneckenburger
: „Singe kan is nit, aber der Text hoast e so:
Der großen Frau mit em noble Huet,
Schmeckt der Wein und Kaffee guet, Wenn sie
geht in die Visit, Nimmt sie sieben Esser mit."
Alle lachten, der Mühli-Antoni sagte jedoch:
„Es isch guet, daß i des erfahre hann, es kann
si, i sing des Liedle au e mol. Die Uffwartinge
unter dene Wibslit kummet it so billig na und
isch e unötigs Zügs, d'Mägd und älles kochet
und brotet isch. Und obedruff richtet sie
enand hinnedri no reacht us, daß sie noch
der Visit Tagwis schreiet und in der Händel
drinn stecket." Der Nagler-Matthis sagte:„ Von
dene Sache woaßt halt üseroas ninnt. Bi üs
hoaßt halt: Nix gehabt isch e ruehige Sach."
Der Buz-Weber und der Schneckenburger hatten
bisher dem Gespräch, ohne sich viel darein
zu mischen, zugehört. Als die beiden auf
einmal anfingen laut zu lachen, frug sie der
Stricker-Lorenz, was sie zu ihrer Heiterkeit für
eine Ursache hätten. Da erwiderte der Schneckenburger
: „Mier lachet weg eu, weil ihr eu
um die uglegte Eier kümmeret." Ln einem
Atemzug sagten die andern: „Lhr zwei henn
guet lache, von eu hott koan nint z'verlieret,
weil ihr selber nint hen."
Da fing der Schneckenburger an zu singen:
„Jo, jo seil glaubi, Bettellüt henns guet, Es
bricht inne koa Ochs e Hoarn, Es frißt ihne
koa Spaz e Korn, Jo, jo seil glaubi, Bettellüt
hennts guet!" Mit dem Schneckenburger hatte
es eine eigene Bewandtnis. Er war Musikant
und spielte als solcher nicht nur bei den
Hochzeiten im Ort, sondern auch auswärts
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