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Haus von Ignaz Hils (1757-1838) gemeint, der
1786 von den Haas-Erben den Kassiererhof
erwarb.10 Eine wichtige Rolle erhält in der
Erzählung der damalige Pfarrer Franz Josef Werdich
(1756 -1828), der seit 1780 Pfarrer in Aichhalden
und Mariazell und von 1802 bis 1828 in
Schramberg war. Die rätselhafte Unbekannte
aus Lauterbach wird von der Familie des Hafners
Andreas Maurers aufgenommen. Auf ihre
Bitte hin wird sie nur „Gundel" genannt:
Die Männer, welche auf dem Schützenplatz
ihren Feierabend hielten, hatten die Lauter-
bacherin schon vergessen. Umsomehr beschäftigten
sich die Weiber und Mägde, welche
am Brunnen beim Gerberhaus im Flecken
mit ihren Wasser - Gölten standen, mit ihr.
(Bei Rotgerber Nazis Haus.) Ein Weib machte
die andern aufmerksam, indem sie sagte:
„Gugett au, dort kunntjo no e Luterbacheri;
was tuet au die no hie, es nachtet jo schau
bald, und gugett au, wie die derherhopset."
Darauf erwiderte die Magd vom Engel:„Dös
isch koa Wunder, wenn die nit reacht laufe ka,
sie hott so Pariser-Stiefele an ihre Luterbacher
Füeß!" Dem gleichen Urteil verfiel die Lauter-
bacherin, als sie am Brunnen beim „Hirsch"
vorbei ging, doch schaute sie weder nach
links noch rechts, sie bemerkte nicht, dass sie
die Zielscheibe zu den Spöttereien war. Sie lief
über die Kirchenbrücke, an der Kirche vorbei,
trotzdem dieselbe noch offen stand, direkt
gegen den Pfarrhof zu. Die wunderfizigen
Weiber, die ihr nachgelaufen waren, um zu
erfahren, wo sie hingehe, nahmen nun an,
dass sie noch den Pfarrer zu einem Kranken
im Imbrand hole und interessierten sich nicht
mehr weiter um sie, sondern trugen jetzt in
aller Ruhe ihre Wassergölten heim.
Der Pfarrer machte gerade noch seinen
Abendspaziergang im Garten, welcher das
Pfarrhaus und die Zehnt-Scheuer umgab; als
er die Lauterbacherin erblickte, glaubte er
auch, das dieselbe ihn noch zu einem Schwerkranken
auf eine Filial holen wolle. Er schritt
rasch auf sie zu. Nach kurzer Unterredung
trat er in das Pfarrhaus, während die Lauterbacherin
sich auf einer steinernen Bank
neben der Haustür niederließ. Der Pfarrer
ging zum Hafner, der eben seine Arbeit vollendet
hatte und teilte demselben mit, dass
eine schwer bedrängte Person ihn um Hilfe
und Obdach angefleht habe. Er könne sie
aber, obgleich er sie für würdig halte, nicht in
seine Wohnung aufnehmen. In einer Wirtschaft
könne sie nicht übernachten, da sie
aus wichtigen Gründen nicht erkannt werden
wolle, überdies sei es nicht ausgeschlossen
, dass sie sich für längere Zeit, vielleicht bis
die unruhigen Kriegszeiten vorüber seien,
verborgen halten müsse. Sie verlange nichts
als ein ruhiges, sonniges Stübchen. Für ihren
Unterhalt könne sie selbst sorgen, da sie nicht
mittellos sei.
Der Hafner überlegte eine Zeit lang, dann
sagte er: „Herr Pfarrer, ich will das Weibsbild
in mein Haus aufnehmen, ich habe Platz
genug und da ich bis tief in den Winter hinein
auswärts mit meinem Gesellen schaffen
muß, so ist es mir sogar recht, wenn jemand
bei meinem Weib zu Hause ist." Ohne von
jemand bemerkt oder angehalten zu werden,
kam der Hafner mit der Lauterbacherin in
sein Haus, die Männer waren zwar noch alle
auf dem Schützenplatz beisammen, aber da
es öfters vorkam, dass noch jemand spät am
Abend Milchhäfen oder sonstiges Geschirr im
Hafner-Haus holte, so achtete niemand darauf
. Die Hafnerin nahm, nachdem sie erfahren
hatte, daß die Lauterbacherin verfolgt
werde, dieselbe bereitwilligst auf. Öfters sagte
sie zu ihrem Mann, es wundert mich doch,
aus welchem Grund Gundel, so hatte die Lauterbacherin
gebeten sie zu nennen, verfolgt
wird. Sie ist doch so rechtschaffen und gewissenhaft
, ich finde keinen Fehler an ihr. Der
Hafner beruhigte sie jedesmal, indem er zu
ihr sagte: „Muesch nit drüber no grüble, wo
Gundel na ghört und wurum daß sie ver-
schlupfe mueß.ln der weltliche Zitgit es äller-
leifer Ursache, daß oas oder es ander es Lebes
nimmi sicher isch. Wills Gott, daß es bald
anderscht wurdf"
Ein Findelkind in der Waschküche des
Gasthauses Post
Die Erzählung kehrt nach dem Erscheinen der
„geheimnisvollen Lauterbacherin" zum Schützenplatz
zurück und führt weitere Personen
ein. Bestimmen lassen sich der „Schneider
Fleig" = Xaver Fleig (1763 -1829) und der „Nag-
ler-Franz" = Franz Anton Schilling (1789 -1846).
Nicht geklärt werden konnte, wer die „d'Vöre-
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