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Günter Buchholz:
EIN JUBILÄUMSFEST AM VORABEND
DER REVOLUTION
Schramberg und die Steingutfabrik von
Isidor Faist und Baron von Uechtritz
Günter Buchholz,
Schramberg
Günter Buchholz fasst den Werdegang der Schram-
berger Steingutfabrik zusammen und analysiert das
Festalbum von 1845 zu ihrem 25-jährigen Jubiläum,
verfasst von dem späteren demokratischen Landtagsabgeordneten
Michael Trotter. Die Fabrikbesitzer
Isidor Faist und Baron von Uechtritz als Wegbereiter
der Industrialisierung Schrambergs werden in dem
Album gewürdigt, das u.a. mit einer Umdichtung
Schiller'scher Strophen auch Kennzeichen bürgerlichen
Selbstbewusstseins ist am Vorabend der deutschen
Revolution von 1848/49.
Von Baden nach Württemberg:
Grenzgänger Isidor Faist
In der 1820 schon stadtähnlichen Siedlung
Schramberg sorgte der Kupferstecher Isidor Faist
aus Nordrach bei Zell am Harmersbach für einen
wirtschaftlichen Aufschwung. Er war 1817 von
der Zeller Steingutfabrik zunächst in die vom
Steuereinnehmer Horn gegründete Steingutfabrik
Horn in Hornberg gewechselt. In Schramberg am
Tierstein stieß er auf Tonvorkommen für seinen
neuen Arbeitgeber. Auf diesem Umweg kam Faist
auf die Idee, im württembergischen Schramberg
eine Steingutfabrik zu errichten. Hier galt nämlich
der Gebietsschutz für die Zeller Fabrik, der Horn
zu schaffen machte, nicht.
1821 wurde in einem statistischen Jahrbuch Württembergs
noch der Oberndorfer Verwaltungsaktuar
Isenbiehl als Initiator genannt, doch verschaffte
erst der Einstieg des Hausachers Baron
Ferdinand von Uechtritz den Gebrüdern Faist das
nötige Kapital. Er hatte auch das seit etwa 1730
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bestehende Hammerwerk in Schramberg gepachtet
. 1822 tätigten noch die Brüder Johann Georg
Faist (auch für seinen abwesenden Bruder Valentin
) und Isidor Faist Rechtsgeschäfte für die neue
Firma. Danach lenkte aber bald Isidor Faist als
technischer Leiter die Produktion, zunächst im
alten, durch Hochwasser 1778 beschädigten
Schramberger Schloss der Grafen von Bissingen.
Erschwingliche, lernbegierige oder im Hafnerhandwerk
erfahrene Arbeitskräfte, eine geringe
Pacht und ein unverzinsliches Darlehen des württembergischen
Königs ermöglichten den Start.
Auch nach der Kündigung des Pachtverhältnisses
1822 setzte sich der Aufschwung dank der Kenntnisse
des neuen Partners von Uechtritz, was Finanzen
, Handelsverbindungen und Industriebau
betraf, fort und es wurden die heute noch bestehenden
stattlichen Fabrikgebäude errichtet.
Die 200 Arbeiter ehrten den Fabrikanten Faist
bei einer 1845 vom Gemeinderat initiierten Feier
sogar selbst. Schultheiß Fidel Bollinger lobte das
soziale Engagement des gebürtigen Nordrachers,
der seinen Beschäftigten einen auskömmlichen
Lohn bezahlte.
Sehr bald lebte die Firma auch vom Export ins
nahe Baden und in andere Staaten des Deutschen
Bundes, aber auch nach Frankreich und England,
das Mutterland des Wedgwood-Steinguts.
Faist starb 1853. Seine Witwe Nanette führte das
Unternehmen bis zu ihrem Tod 1857 weiter. Dann
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