Museums- und Geschichtsverein e.V. Schramberg, [ohne Signatur]
D'Kräz: Beiträge zur Geschichte der Stadt und Raumschaft Schramberg
Schramberg, 38.2018
Seite: 19
(PDF, 22 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/kraez_38/0019
Bei Stromausfall den Orgelbalg treten

Ab dem Herbst 1944 waren nun auch in unserer
Gemeinde die Auswirkungen des Krieges immer
stärker zu spüren. Der Schulunterricht fiel öfter
aus wegen Lehrermangel oder durch Fliegeralarm,
bei dem wir schnell in dem Schulkeller Schutz
suchten, bis die Gefahr vorbei war. Wenn keine
Schule war, mussten wir Holz oder Reiswellen
zur Schulbühne hochtragen, bei Stromausfall in
der Kirche den Orgelbalg treten oder wir durften
wieder nach Hause gehen.

Mit Stahlstiften auf Dachschiefer gekritzelt

Im Sommer ging es in den Wald zum Beerensammeln
oder zu den Bauern, den Kartoffelkäfer zu
bekämpfen. Dafür gab es dann die Schulspeisung

- Nudeln mit Tomatensoße, und als Dessert einen
Löffel voll Lebertran. Für die zweite Klasse
1944/45 haben wir keinen Zeugniseintrag bekommen
, weil wir kaum noch Unterricht hatten.
Es fehlten ja sämtliche Schreibmittel wie Papier,
Bleistifte sowie Tinte. Ich weiß noch, dass wir
mit Stahlstiften von der Firma Zehnder auf Dachschiefer
kritzeln mussten.

Nach dem Krieg gab es Plastiktafeln. Vom dritten
Schuljahr an hatten wir als Hauptlehrer Albert
Eiermann. Mit Lernen war auch nicht viel, die
Schulen waren ja von den „Arabern" besetzt. Mit
dem Weißen Sonntag 1946 klappte es auch nicht,
dieses Fest wurde auf 1947 verschoben.

Ab und zu bekam ich von den Knechten 10 Pfennig
fürs Most holen. Das kostete auch die Fahrt
mit dem Fichter-Bus von der Bachwirtschaft bis
ins Dorf. Zum Ende des Krieges versteckten sie
ihre Busse zur Sicherheit im Wald - es gab ja
auch keinen Kraftstoff mehr. Dafür konnte man
mit dem Lastwagen vom Bachwirt auf der Pritsche
, besetzt mit Bänken, ins Dorf mitfahren. Er
hatte sein Fahrzeug mit einem Holzvergaser ausgerüstet
.

Vater zum Volkssturm einberufen

Im Oktober 1944 - mitten in der Kartoffelernte

- kam der Bescheid, dass mein Vater sofort zum
Volkssturm einrücken und sich in Donaueschingen
zur Kurzausbildung melden musste. Beim Abschied
haben alle geweint. Das Chaos auf unserem
Hof ohne Bauer war vorprogrammiert.

Nach drei Wochen hat der Oberknecht auf dem
Rathaus Meldung gemacht. Aufgrund der Anfrage
von Bürgermeister Kaltenbacher beim Wehramt
kam der Bescheid, nur wenn Ersatz komme, könne
der Bauer wieder nach Hause gehen. Nach einigem
Hin und Her entschied sich der Oberknecht
Hermann Kürschbach, mit dem Bauer Matthias
Klausmann zu tauschen. Alle waren glücklich, als
mein Vater nach Hause kam. Leider haben wir
von unserem Oberknecht nie mehr etwas gehört.

Ausgebombte Freiburger Familie vor der Tür

Am Tage nach der Totalzerstörung der Stadt Freiburg
am 27. November 1944 standen die Mutter
und die sechs Geschwister von unserem Lothar
Thoma da und bettelten, dass wir sie aufnehmen.
Sie hatten bei dem Bombenangriff ihr Haus und
alles Hab und Gut verloren und nur im Luftschutzkeller
überlebt. Ihr Vater war noch im Krieg.

Selbstverständlich nahmen wir diese Familie bei
uns auf und es wurde alles Nötige dafür eingerichtet
. Die drei Buben kamen zu uns ins Zimmer,
die drei Mädchen und die Mutter in die hintere
Stube. Da wurde es ganz eng zum Schlafen für
fünf Burschen in drei Betten. Sie waren bei uns
bis Herbst 1946. Als ihr Vater aus der Gefangenschaft
heimkam, wurde das Haus in Freiburg wieder
aufgebaut und sie konnten wieder einziehen.

Zuflucht im Heu für desertierte Soldaten

Eines Abends kamen sieben deutsche gefangene
Soldaten auf den Hof und wollten übernachten.
Sie stammten aus der Umgebung, waren in Peterzell
aus dem Zug abgehauen und durften sich
nicht erwischen lassen. Sie konnten bei uns auf
dem Heubarn schlafen, sich am anderen Morgen
in Arbeitskleidung umziehen und sich verabschieden
. Sie kamen alle gut nach Hause und haben
später die geliehenen Sachen wieder zurückgebracht
.

Besatzungstruppen bedienen sich

Ende April 1945, als der Krieg zu Ende ging, kamen
die französischen Besatzungstruppen aus al-

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