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Ernst Huber,
Schramberg
Ernst Huber:
DIE GESCHICKE DER MÖBELWERKE
MOSER BIS ZU IHREM VERKAUF (2)
Erinnerungen an „die Moser 's"
Im zweiten Teil seiner persönlichen Erinnerungen an
die Möbelwerke Moser in der Zeit von 1947 bis zum
Verkauf 1971 (erster Teil in der Kräz Nr. 38) charakterisiert
der 2018 verstorbene Autor die drei Firmenchefs
der Möbelwerke aus der Familie Moser in dieser
Zeit. Ihre Persönlichkeiten schildert Ernst Huber
in seiner bekannt humorvollen, plastischen Erzähl-
weise. Die Industriegeschichte wird dabei um die
Sichtweise des Betriebsalltags und der zwischenmenschlichen
Aspekte bereichert.
Vorsorge für die Söhne
Albert Moser (1872-1960) war der absolute Chef
der Familie.1 Als er 1942 mit 70 Jahren in den Ruhestand
ging, hatte er nach menschlichem Ermessen
alles für das Funktionieren der zweiten Generation
getan. Weil ihm das im seinerzeitigen
Schramberg bekannte Sprichwort „Dreikinder sind
Streitkinder" gut geläufig war, versuchte er frühzeitig
, der Entstehung einer zerstrittenen Dreifaltigkeit
seiner drei Söhne aus dem Wege zu gehen.
Deshalb kaufte er für Albert jun., den als „ziemlich
eigensinnig" geschilderten Ältesten, frühzeitig eine
eigene Möbelfabrik im westfälischen Minden. Dessen
im Unternehmen verbleibenden beiden Brüdern
Erwin (1902-1981) und Fritz (1903-1978)
traute er zu, dass sie miteinander auskämen.
Die beiden Töchter spielten in seiner Nachfolgestrategie
keine Rolle. Sie wurden gut verheiratet
und blieben mit dem Unternehmen im Gesellschafterstatus
verbunden.2 Damit hatte es sich.
Albert Moser, der „Motivationskünstler"
Es gab viele Geschichten, wie der Senior Albert
Moser zeitlebens mit den bei ihm Beschäftigten,
sonstigen Abhängigen und Lieferanten umgegangen
sein soll. Eine solche habe ich selbst erlebt.
Der Leiter des Moser-Betriebsbüros, Heinz Andrä,
bei welchem ich in der Nachkriegszeit (als lange
keine Berufsschule mehr stattfand) allwöchentlich
einen Abend privaten Zeichenunterricht genommen
habe, kannte nicht nur mein gesundheitliches
Problem, sondern wohl auch meine
Fähigkeiten und hatte mir im April 1947 eine
Stelle im Betriebsbüro angeboten.3 Für diese Position
sei keine offizielle Bewerbung erforderlich.
Ich solle mich einfach einmal nach Feierabend
bei der Firma Moser einfinden. Dort würde er
den Herrn Fritz Moser für eine Inaugenscheinnahme
hinzubitten.
So gut es ging, habe ich mich eines Abends in
Schreiner Hausers Werkstatt vom Tagesstaub befreit
und bin mit bibberndem Herzen zur Firma
Moser an den Bahnhof hinuntermarschiert. Dort
erwartete mich Heinz Andrä. Von Fritz Moser war
zunächst nichts zu sehen. Er habe noch die Post
zu unterschreiben. Auch Heinz Andrä hatte noch
1 Albert Moser sen. war 1895 in die Werkstatt seines Vaters
eingetreten und baute sie zu einer führenden Möbelfabrik
für Schlafzimmer aus.
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2 Elisabeth Helberger (1904-1981) und Gertrud Schöpflin
(1909-2003)
3 Autor Ernst Huber hatte in der Schreinerei Hauser in Schramberg
eine Schreinerlehre absolviert.
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