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Hans-Joachim Losch:
DIE BIOGRAPHIEN DER REVOLUTIONÄRE
CARL FRIEDRICH POPP UND JOHANNES MOSER
Im Juni 1849 war die revolutionäre badische
Regierung unter dem gemäßigten Demokraten
von Brentano in einen erbitterten Abwehrkampf
gegen die anrückenden preußischen
Truppen verwickelt. Sie konnte jedoch der
Übermacht dieser Truppen nicht standhalten
und mußte aus Karlsruhe fliehen. Nur in der Festung
Rastatt verteidigten sich einige Wochen
hindurch noch mehrere tausend - überwiegend
badische - Soldaten sowie Freischärler aus
ganz Deutschland und Polen. Am 23. Juli 1849
mußten aber auch sie kapitulieren. Etwa 5000
Mann gingen in die Gefangenschaft.
Tod von Carl Friedrich Popp als
Freischärler in der Festung Rastatt
Unter den Freischärlern befand sich auch Carl
Friedrich Popp. In zeitgenössischen Berichten
heißt es in nüchternen Worten, daß er „in den
Kasematten von Rastatt" starb. Wir erfahren
aber weder etwas über das genaue Todesdatum
noch über die Todesursache noch über die
Gründe seiner Anwesenheit in der von
Preußen belagerten Festung.
Eine Eintragung im Totenbuch der evangelischen
Stadtpfarrei Rastatt1 bringt nunmehr etwas
Licht in das Dunkel der Überlieferung.
Dort wurde nämlich das genaue Sterbedatum
und auch der Grund seiner Anwesenheit in der
Festung verzeichnet: „Im Jahr 1849, den 19.
September frühe um 2 Uhr, starb hier und
wurde mit ärztlicher Erlaubniß den 20. September
Abends in der Stille beerdigt: der Frey-
schaarer [Freischärler] Friedrich Popp von
Schweinfurt am Main. Sein Alter und die
Namen seiner Eltern sind hier unbekannt."
Zeugen der Beerdigung waren ein Totengräber,
ein Tagelöhner und der evangelische Pfarrer.
Warum findet man den Namen von Popp, der
sich doch als Freischärler in der Festung Rastatt
befand, auf keiner der Listen, welche die
Preußen von den Gefangenen anfertigten? Was
war die Todesursache? Warum wird in der Eintragung
besonders hervorgehoben, daß Popp
„mit ärztlicher Erlaubniß" und „abends in der
Stille" beerdigt wurde?
Die erste Frage läßt sich am besten wohl so beantworten
, daß Popp zum Zeitpunkt der Kapitulation
bereits krank war und sich daher im
Militärhospital, das wahrscheinlich in den Kasematten
der Festung untergebracht war, befand
.
Was die Todesursachen angeht, so sind wir auf
Vermutungen angewiesen. Am wahrscheinlichsten
ist die Annahme, daß Popp an einer
Seuche starb; denn zeitgenössische Quellen berichten
, daß unter den gefangenen Soldaten
Seuchen ausbrachen. Darauf deutet auch die
Formulierung „mit ärztlicher Erlaubniß" hin;
denn offenbar bestand wegen der Gefahr einer
Seuchenausbreitung ein ärztliches Interesse
daran, den Toten möglichst schnell zu beerdigen
. „Abends in der Stille" wurde Popp wohl
deshalb bestattet, weil die staatliche Obrigkeit
ein öffentlichkeitswirksames Begräbnis eines
Freischärlers, d.h. eines politischen Aufrührers,
auf jeden Fall verhindern wollte.
Es stellen sich aber weitere Fragen: Warum
wurde Popp, obwohl er als ein Vertreter des
Deutschkatholizismus galt, von einem evangelischen
Pfarrer begraben? Was veranlaßte
Popp, der doch eine gänzlich unmilitärische
Persönlichkeit war, dazu, als Freischärler gegen
die preußischen Truppen zu kämpfen? Welche
Funktion besaß er bei den Freischärlern?
Diese Fragen berühren wichtige Probleme seiner
religiösen und politischen Existenz. Um sie
zu klären, ist es notwendig, verschiedene Phasen
seines schulischen, beruflichen und politischen
Werdegangs sowie den Wandel seiner religiösen
Einstellungen näher zu untersuchen.
Werdegang des Schauspielers und
Musiklehrers Popp von Schweinfurt
In seinem Brief vom 18.10.1835 an den Magistrat
der Stadt Schweinfurt2 schreibt Popp, daß
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