Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., M 7946,v
Krebs, Engelbert
Die Mystik in Adelhausen: eine vergleichende Studie über die "Chronik" der Anna von Munzingen u. die thaumatographische Literatur des 13. u. 14. Jahrh. als Beitrag zur Geschichte der Mystik im Predigerorden
Freiburg im Breisgau, 1904
Blatt: 54
(PDF, 13 MB)
Bibliographische Information
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Klosterkultur am Oberrhein

  (z. B.: IVa, 130a, IVb, 130b; Achtung: bei Originalseitenzählung "IIII" muss hier "IV" eingegeben werden)



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54 Engelberfc Krebs:

genommenen Gedankengängen des Hohenliedes, daß sie einmal
einen halben Tag unter einer umgestürzten Bütte im Kreuzgang
in Verzückung lag und „zu dem Kusse gelangte". Sie war
eine Witwe und trug großes Leid um ihre verlorene Jungfräulichkeit
. Da war es ihr einst, wie wenn sie von Engeln
in einer Kelter all ihres sündigen Blutes entleert
würde und neues Blut eingegossen erhielte. Die Laienschwester,
welche die Kranke pflegte, fand tatsächlich nachher ihr Gewand
blutig. Da es mit dieser Frau zum Sterben kam, wurde sie
plötzlich frohgemut und forderte die Schwestern zum Gottes-
lobe auf: „Gott, alle Weisheit ist hier und seine heil.
Mutter und St. Dominikus und alles himmlische Heer."

Von diesen 4 Berichten ist nicht ein einziger, der nicht
sein Seitenstück in andern Wunderberichten, seine Erklärung
in Beachtung der Gedankengänge unserer Schwestern fände.

Wie Adelheid von Breisach so haben zahlreiche fromme
Betrachterinnen des Leidens Christi die Schmerzen des Erlösers
mitgefühlt. Gertrud von Bruck in Unterlinden zu
Kolmar bricht unter dem Dröhnen der Hammerschläge bei der
Kreuzigung krank zusammen Gute Tuschelin in Adelhausen -),
die von Weihnacht bis Lichtmeß die Süßigkeit der Kindheit
unseres Herrn verkostet, erlebt die ganze Fasten lang die Passion
so mit, daß sie zu Bette liegen muß. Agnes von Nordera:;)
erhält jeden Tag um die Stunde der Kreuzigung die Qualen
derselben fühlbar mitgeteilt. Zahlreiche Erzählungen aus Nord
und Süd unseres Vaterlandes berichten von Betrachtern des
Leidens Christi, welche seine Wundmale in den eigenen Gliedern
schmerzlich gespürt haben4).

Und wie zu diesem Mitfühlen des Leidens so finden wir
zur Verzückung im Kusse des Herrn das Vorbild in einer
Cistercienserin, von der Caesarius von Heisterbach erzählt5), die

r) Unterlinden 217. 2) AdeJhausen 169. :iJ Adelhausen 183.

4) vgl. weiter unten unter „Grünburg von Kastelberg\

5) Caes. VIII, 15. Man vergleiche übrigens, was die Schwestern täglich
als Antiphon in der Marienvesper beteten: „Er küsse mich mit dem


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