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Krebs, Engelbert
Die Mystik in Adelhausen: eine vergleichende Studie über die "Chronik" der Anna von Munzingen u. die thaumatographische Literatur des 13. u. 14. Jahrh. als Beitrag zur Geschichte der Mystik im Predigerorden
Freiburg im Breisgau, 1904
Blatt: 103
(PDF, 13 MB)
Bibliographische Information
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Klosterkultur am Oberrhein

  (z. B.: IVa, 130a, IVb, 130b; Achtung: bei Originalseitenzählung "IIII" muss hier "IV" eingegeben werden)



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Die Mystik in Adelhausen. 103

Bei andern mag tatsächlich vorgekommen sein, was sie
erzählt — namentlich vieles von den Visionen. Wer Alban
Stolz' Tagebücher kennt, wird sich erinnern, wie merkwürdig
erregt die Phantasie dieses ernsten, zur heiligsten Mystik neigenden
Mannes in den Morgenstunden, zumal in dem vor dem
Erwachen vorhergehenden Halbschlummer arbeitete, wie düstere
Bilder er im eigenen Zimmer vor dem Bette sah, wirklich sah,
wie markante Gedanken er oft beim Aufwachen ganz unvermittelt
fertig in seinem ans Betrachten und Grübeln gewöhnten
Geiste vorfand1). Er hat oftmals Gott gedankt für derartig
gnadenvolle freundliche und ernste Erregungen seiner äußerst
sensiblen Natur, aber er hat es nie für ein Wunder, sondern
meist für ein natürlich Ding gehalten, das sich besonders steigerte
, wenn er sich den Schlaf tagelang abbrach, und wenn er
an glühheißen Sommernachmittagen nach äußerst bescheidener
Mahlzeit einsam spazieren ging -). Wer aber hat sich mehr den
Schlaf geraubt als unsere Schwestern!

') Die „Witterungen der Seele" und der „wilde Honig" sind voll von
wertvollen Aufzeichnungen hierüber. Ich greife aufs Geratewohl nur einiges
heraus. Wie genau Stolz bei seinen Visionen sah, zeigt er, wenn er z. B.
im Dezember 1863 schreibt: „Als ich heute aufwachte, sah ich im Geiste
den obern Teil eines schwarzen weißgeränderten Sargdeckels, und zwar
nur einen schiefen Durchschnitt davon." 2 Seiten weiter, im März
1864, schreibt er: „Gestern hatte ich wieder mein Totengesicht. Ich sah
plötzlich beim Einschlafen gegen Morgen einen Sarg niederstellen von
vier Trägern." („Wilder Honig." Freiburg 1870. S. 555 u. 557.) Seine
Frühgedanken zeichnet er 20 Jahre vorher im September 1843 so: „Wenn
ich morgens aufwache, so ist es mir, wie wenn die Seele in einer Atmosphäre
Gottes schwämme. Die Gedanken an Gott sind immer die ersten
und stehen schon fertig da, und die Seele schaut unwillkürlich
hinein, wie in den Tag, wenn man im hohen Sommer erwacht." („Witterungen
." Freiburg 1867. Seite 150.) Besonders Avährend der hl. Messe ergriff
es ihn oft wunderbar: „Nach der Wandlung kam es mir wie eine
geistige Vision, fast bis zum Traumbild sichtbar" (ibid. 159). Ähnliche bis
ins kleinste getreue Schilderungen sind, wie gesagt, fast zahllos in seine
Tagbücher verstreut.

2) Besonders interessant sind die Aufzeichnungen vom November 1843.
z. B.: „Ich möchte es nicht sowohl ein Fasten nennen als vielmehr eine
Üppigkeit, denn es setzt mich diese Nahrungslos igk ei t in einen Ge-


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