Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TM 98/1280
Lebendiges Freiburg: zwischen Tradition und Fortschritt; zum 30jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild
Freiburg im Breisgau, 1997
Seite: 34
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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findet, aber auch Landgerichts- oder Medizinalräte, Ärzte, Buchhändler und ein Notar. Die meisten
dieser Generation sind längst hinübergegangen, und ihre Namen finden sich nur noch auf
ihren jetzigen oft ebenso schönen Grabstätten auf dem großen Friedhof, welcher ebenfalls aus
der Zeit des Oberbürgermeisters Winterer stammt. Ich stehe oft vor diesen Gräbern und mache
Betrachtungen über die Geschichten, die mir meine 95 Jahre alt gewordene Mutter über diese
Familien erzählt hat, und über die eine oder andere muß ich immer mal wieder lächeln. Da
hatte sich im 113er Regiment die Tradition ergeben, daß jede der Offiziersfrauen einmal ein
Kaffeekränzchen während des Jahres geben mußte. Zu diesem wurde auch die Großherzogin
Hilda (1864-1952) eingeladen. Da hatte sich eine der Damen besonders angestrengt. Marie
mußte nach ihren-besten Kuchenrezepten Köstliches zaubern. Der Damentee mit der Großherzogin
kam und war wieder zu Ende. Die Hausfrau lobte Maries Anstrengung, alles sei bestens
gewesen. Aber diese fand nichts in Ordnung. Sie jammerte nur: „Die Frau Großherzogin hat ja
nur in meinem schönen Kuchen mit der Gabel herumgestochert und fast nichts gegessen." Da
wurde sie getröstet: „ Den Kuchen hätte sie gewiß gern gegessen, aber sie hat doch ein neues
Gebiß!"

Das Leben in der damaligen Zeit hat sich aber nicht nur auf Kaffeekränzchen und Pfeifenrauchen
beschränkt, sondern man hat auch etwas für die Kultur getan. Der Theater- oder Konzertbesuch
war eine Pflicht, den man sich und dem Kulturleben schuldig war. Die Schauspieler, die
Sänger, die Musiker, den jeweiligen Generalmusikdirektor, den Dirigenten, kannte man alle
namentlich. Man war auch Mitglied eines oder gar mehrerer Vereine und stiftete immer mal
wieder für wohltätige Zwecke. Sonntags legte man ein feiertägliches Gewand an und ging in
seine Kirche. Danach natürlich als Mann noch zu einem Schoppen vor dem Mittagessen. Dem
Sport huldigte man auch. Tennis, Reiten oder Ausfahrten per Kutschwagen waren an der Tagesordnung
. Und es kamen auch schon die ersten Autos auf, die aber auch ihre Mucken hatten.
Heute steht noch die Garage meines Großvaters in der Nr. 46, allerdings nicht mehr im damaligen
Jugendstil. Sie ist verstümmelt worden wie so vieles in unserer schönen Wohnstraße. Ebenso
wie an einigen Häusern der Zierrat wegen Unverstandes abmontiert und als unzeitgemäß
vielleicht noch als Blumenuntersatz im Vorgarten dahinvegetiert. Apropos Vorgärten. Davon hat
man bei ihrer Anlage weit mehr verstanden als heutzutage. Schon ihre Einzäunung mit kunstvollen
schmiedeisernen Toreinfahrten waren Schmuckstücke für sich. Es gab ganz besondere
Blumen und Stauden, die bevorzugt angepflanzt wurden und bis heute noch bevorzugt werden.
Da ist z.B. der Rhododendron zu nennen, der im Halbschatten der Straßenbäume vorzüglich
gedeiht. Ebenso die beliebte Hortensie, die in blau und rosa immer noch ihren angestammten
Platz hat. Außerdem genießen besondere Rosensorten in eigens angelegten Beeten ihr Dasein.
Im allgemeinen werden Vorgärten gepflegt und es fällt schon auf, wenn einer unter ihnen einen
Sammelort von Abgestelltem bildet. Vielleicht wäre mal ein Wettbewerb unter den Vorgartenbesitzern
der Stadt angebracht, um auch in anderen Stadtteilen ihre Pflege wieder anzuregen.
Was in den Landstädtchen und kleinen Dörfern schon geübt wird, sollte es nicht auch in einer


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