Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TM 98/1280
Lebendiges Freiburg: zwischen Tradition und Fortschritt; zum 30jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild
Freiburg im Breisgau, 1997
Seite: 42
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/lebendiges_freiburg/0044
Erasmus von Rotterdam war anerkannt als Literat in solchem Sinne, als
Fachmann der Literatur - Kenner und Beherrscher der sprachlich verfaßten
Welt. Daher sein spielerischer Umgang mit der Sprache, natürlich dem
Latein als der damaligen lingua franca. Seine Eloquenz ist selbst in der
Übersetzung von höchstem Reiz. Souverän beherrschte er verschiedene
Sprachen, insbesondere auch das Alt-Griechische, dessen Aussprache bis
heute durch Erasmus bestimmt wird. Souverän war sein Umgang mit der
literarischen Überlieferung. Zurück zu den Quellen - das war das Programm
der Humanisten, seitdem sie als Teilnehmer am Konstanzer und
dann am Basler Konzil hier alte Handschriften suchten und fanden, sammelten
und edierten.

Erasmus hat das Prinzip „ad fontes" unterschiedslos auf profane und geistliche
Texte angewandt, auf die klassische Antike wie auf die Bibel und die Kirchenväter. Seine
kritische Ausgabe des NT lag Luther bei seiner Eindeutschung der Bibel zugrunde. Erasmus ist
der Humanist, der Geistiges und Geistliches nicht trennen mochte, vielmehr Denken und Glauben
, Philosophie und Theologie als Einheit verstand. Er und die südwestdeutschen Humanisten
haben den im übrigen Europa weitgehend säkularisierten, profanen Humanismus in das Religiöse
zurückgebunden. Hier bei Erasmus (und den Humanisten am Oberrhein) sehe ich den grandiosen
Versuch (besser: die radikale Vision) zur Versöhnung von Welt und Überwelt, von Diesseits
und Jenseits. Manchmal erscheint dies eine besondere Geisteshaltung in der hiesigen Tradition
zu sein, wenn man an Walter Benjamin denkt oder an Martin Heidegger oder Max Müller
u.a.. Man könnte - ein wenig irrational - auch darauf anspielen, daß Erasmus in Rotterdam
(im Jahr 1466) als - illegitimer - Sohn eines Geistlichen und einer Arzttochter zur Welt kam! Er
ist später zum Augustinerchorherren geweiht worden, erhielt aber vom Papst die Befreiung von
seinen geistlichen Gelübden.

Erasmus ist jedenfalls seinen Zeitgenossen zum Inbegriff der Versöhnungshoffnung, der Versöhnungsvision
geworden. Versöhnung von Philosophie und Theologie, Versöhnung zwischen den
Staaten. Er nannte sich selbst einen civis mundi, einen Weltbürger, der er ja wirklich war (zuhause
in Frankreich, England und Deutschland wie in der Schweiz, geprägt von Italienern, von der
devotio moderna, von den englischen - und natürlich auch von den deutschen Humanisten).
Die Angst vor dem Krieg war eine elementare Ur-Sorge bei Erasmus, und er war eine ängstliche,
auch um seine (stets angeschlagene) Gesundheit (sein „Körperchen") besorgte Natur, aber er
kämpfte (um mit Reinhold Schneider zu sprechen) „mit den Waffen des Geistes gegen den
Geist der Waffen". So schizophren die Formel klingt, die jahrelang am Sockel der Aristotelesfigur
vor der hiesigen Universität zu lesen war: „Kampf dem Krieg!" sie könnte von Erasmus stammen.
Um dem Krieg auszuweichen und ihm vom befriedeten Hinterland aus entgegenzuwirken, war
er nach Freiburg gekommen. Der „Krieg", der die Menschen am meisten aufwühlte und entzweite
, war der Krieg zwischen den Konfessionen, der in Basel 1529 eskaliert war bis zum


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