Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TM 98/1280
Lebendiges Freiburg: zwischen Tradition und Fortschritt; zum 30jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild
Freiburg im Breisgau, 1997
Seite: 68
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/lebendiges_freiburg/0070
Es muß ein herrliches Septemberwetter gewesen sein. Viele Fremde waren mit Sonderzügen an
jenem 3. September 1882 nach Freiburg gekommen, vor allem aus Colmar kamen 2200 Gäste,
um mitzufeiern. Und es war Grund genug, dies zu tun, denn die Eisenbahnlinie Freiburg-
Breisach-Colmar wurde eröffnet. In den Lokalen, in den Straßen und auf den Plätzen der Stadt
Freiburg herrschte lebhaftes und fröhliches Treiben, und selbst aufkommende Gewitter machten
dem kein Ende.

Im Jahre 1882 standen über dem jetzigen Hauptbahnhof keine Häuser, und die Bahnlinie führte
auf einem Damm durch Wiesen und Sumpf. Der Mooswald war wirklich Sumpfwald. Der
Wasserspiegel lag einige Zentimeter unter dem Waldboden. Erst in den Jahren nach 1934, als
die Rhodiaceta ihre Tiefbrunnen in den Mooswald legte und Wasser aus dem Wald pumpte,
senkte sich der Wasserspiegel um 1,5 Meter.

Zurück in das Jahr 1882. Um 20.15 Uhr trat an jenem 3. September der elsässische Sonderzug
mit 1200 Personen die Rückfahrt an. Gewitter hatten den Tag in Nacht verwandelt und wol-
kenbruchähnliche Regengüsse gestatteten nur eine Sicht von wenigen Metern. Kleine Rinnsale
wurden zu reißenden Bächen und beschädigten den Eisenbahndamm. Kurz danach folgte der
Kurszug nach Breisach. Dieser fuhr sehr langsam, und im Mooswald bei Kilometer 5,5 auf der
Höhe von Landwasser Mitte sah der Lokführer das gräßliche Unglück, dessen Augenzeugenbericht
hier folgt:

„Schon unterwegs fahre ich an entwurzelten Bäumen und umgestürzten Telegrafenstangen vorbei
. Das Unwetter tobt fürchterlich. Immer langsamer muß ich fahren, um schließlich zu halten.
Stockfinster ist die Nacht. Im grellen Aufzucken der Blitze bietet sich mir ein grauenhaftes Bild
dar. Die Lokomotive des Sonderzuges ist entgleist und ragt in dem versumpften Gelände kerzengerade
in den Himmel. Auch die anderen Wagen sind aus den Schienen und liegen umgeworfen
in dem Sumpf. Nur drei der fünfundzwanzig Personenwagen 3. Klasse stehen noch auf
den Geleisen. Die umgeworfenen Wagen haben sich ineinander verkeilt. Überall höre ich Stöhnen
und Jammern. Eltern rufen nach ihren Kindern, Kinder nach Vater und Mutter. Schon kommen
die Bauern aus den nahen Dörfern Hugstetten und Hochdorf mit Sturmlaternen und
Wagen um zu helfen. Man bringt die Verletzten und Toten in meinen Zug. Ich fahre rückwärts
nach Freiburg."

Mit Windeseile verbreitete sich die Kunde von dem entsetzlichen Unglück in der ganzen Stadt.
Eisenbahner, Feuerwehr, Ärzte, Schwestern und Sanitäter eilten mit rasch zusammengeholten
Fahrzeugen zu dem Unfallort. Fahrzeuge mit Tragbaren und Verbandszeug folgten. Nur mühsam
kann man an den Bahndamm heran. Der glich einem Schlachtfeld. Ihre letzten Kräfte
boten die Helfer auf, um zu retten, was noch zu retten war. Um Mitternacht hatte das Unwetter
noch nicht nachgelassen. Bis zum Montag abend waren 104 Schwerverletzte und 63 Tote
geborgen. Fünf der Schwerverletzten starben noch. Die Toten, darunter ganze Familien, wurden
in ihre elsässische Heimat überführt.

Die gesamte Bevölkerung gab ihnen das letzte Geleit. Fünf fanden in Freiburg ihre letzte Ruhe.


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