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Diessen.
Di«
(c. 113
Diessen, auch Bayr-Diessen am Ainmersee in Oberbayern,
L. Ger. Landsberg. Die Gründer waren die Grafen von Diessen
(Berthold und Otto), Ahnen der Grafen von Andechs und Herzoge
von Meran c. 1130. Patron der Stiftskirche B. M. V., Patron
der Pfarrkirche S Georgius et S. Stephanus Protom. — Namen:
Diezzen, Diezum, Dyezen, Damasia, Tessenium. — Aufgehoben
am 19. März 1803 von Kurfürst Max Joseph. — Das Stift besass
an Regular-Pfarren nur Diessen, wozu 6 Kirchen gehörten und
zu Grafrath ein Superiorat, wo 3 Chorherren exponiert waren.
— Die Stiftskirche (seit 1804 Pfarrkirche) zählt zu den herrlichsten
Renaissance-Bauten in Oberbayern, wurde
vom Architekten Mich. Fischer unter Propst Herculan Karg
(1733—1739) erbaut, 7. Sept. 1739 consecriert. Der letzte Propst
Ferdinand bezog nach der Aufhebung ein Privathaus zu Diessen
und starb dort. — Die Klostergebäude wurden an Private
veräussert, der Prälaten-Stock und die Bibliothek demoliert.
(Das 1868 zu Diessen entstandene Dominikaner Nonnenkloster
befindet sich nicht in den ehemaligen Stiftslokalitäten) Im
Pfarrbezirke von Diessen lagen sechs meist sehr alte Kirchen, in
denen aber nur selten Gottesdienst gehalten wurde, von denen
die in kunsthist. Beziehung bedeutendste jetzt total demoliert
ist. Es waren: 1. Bierdorf ad B. M. V. 2. Raumenthai ad
S. Annam. 3. St. Johann nächst Diessen. 4. S. Martin, V2 Stunde
von Diessen entfernt. 5. Rieden ad S. Georgium. 6. S. Alban
am Ammersee. (Siehe unter der Literatur, Kunsttopographisches )
— Das zum Stifte Diessen gehörige Superiorat Grafrath oder
Wörth zu S. Rasso. Grafrath in L. G. Starnberg war eine Residenz
oder Superiorat von Diessen. Der Tradition zufolge gründate
Rasso (Ratho) Graf von Andechs im X. Jahrhundert zu Wörth
ein Benediktinerkloster, das keinen längeren Bestand hatte und
bei den Ungarneinfällen zerstört wurde. Rasso starb (wie
allgemein angegeben wird) 19. Juni 954, wurde zu Wörth
begraben und als Heiliger verehrt. Bei der Stiftung von
Diessen, die von den Grafen von Andechs ausging, erscheint
Wörth 1132 als ein Stiftungsgut von Diessen, das dort eine
kleine Kirche erbaute, die 1468 erneuert wurde, wobei man die
Gebeine des hl. Rasso erhob. — 1593 wurde die Kirche abermals
von Propst Balth. Günther erweitert. Von Propst Renatus
wurde 1678 eine Residenz (Superiorat) für 3 Chorherren von
Diessen erbaut, welche die Wallfahrt besorgten. Am 12. August
1689 wurde der Grundstein zu der heute noch stehenden Kirche
gelegt und 1693 eingeweiht. Die ursprünglichen Patrone der
Kirche zu Werd waren S. Salvator et S. Jacobus et Philippus
Apost., jetzt S. Rasso. Seelsorglich gehört Grafrath zu der
2 Stunden entfernten Pfarrei Wessling (D. Augsburg). 1803
befanden sich dort noch 3 Chorherren von Diessen, von dort
ab 25 Jahre nurmehr 2, der Chorherr Gelasius Arnold nebst
P. Veremund Dold von Andechs und nach des ersteren Tod
P. Veremund allein bis 1836. Auf Befehl des Königs Ludwig I.
wurde diese Wallfahrt der bayer. Franziskaner Provinz übergeben
und ein Hospiz für 3 Patres und 2 Brüder errichtet.
Quellen: Anecdota de celeberrimo monasterio Andecensi
et inclyta Canonia Diessensi. (Finauer, Histor. liter. Magazin I.
114—145). — Chronicon Diessense e cod. Pollingano communi-
catum a R. D. Philippo Salier C. Reg. Pollingano. (Duellius,
Miscellan. Lib. H, 124-128.) — Mon. boica VHI. (1768) 117—
312. Mit Abbildung des Stiftes und der Kirche, Franz Kirzinger
-1803).
delin. 1766, Jo3. Ant. Zimmermann sculpsit Monachii. Inhalt:
a) Fundatio et Series Praeposit. von 1132—1768. (117—124). —
b) Codex Traditionum von 1132—1425. (125-160) — c) Diplo-
matarium miscellum 1132—1518, 91 Urkunden. (161-297). —
(1) Miscellanea genealogica de comitibus de Andechs et aliis-
-Sepulturae in Canonia Diessen. — Excerpta ex Necrologio Diessensi.
(Letztere vollständig im M. G. Nec. I.) — Regesten uugedruckter
Urkunden . . . das Gerichtsgebiet von Landsberg und den Güterbesitz
der ehem. Klöster Diessen, Wessobrunnn und Benediktbeuern
betr. Von H. Zintgraf, in Oberbay. Archiv 30 (1870/71),
51-60. — Mon. Ger. SS. a) Notae Diessenses 1122-1432, XVII.
323-327. — b) Catalogus Praeposit. Diessensium 1132—1316,
XVII. 327—328. — c) De fundatoribus M. Diessensis 954—1250,
XVII. 328-331. — Necrol. I, 7-32, Necrologium Diessense
(circa 1200.) — Oefele, Script, rer. boic. II. 645—703 Monumenta
Diessensia: a) Catalogus Praepositorum 1535. — b) Luitoldi
Praepos. Diessensis, Necrologium Diessense s. XII., et alterum
ejusdem (s. M. Germ. Nec. I. 7 ff.) c) Codex Traditionum
Diessensium ex membranis Luitoldi. — d) Breve Chronicon
ab 1151—1432. — e) Memoria sepulchralis Comitutn Diessensium.
— Descriptio belli gallici ab anno 1800 27 Maji usq. 1801
16. Aprilis in nostro Collegio et vicinia grassante autore Michaele
Ruraelsperger Decano Canoniae Diessen. (Ediert von
ür. Frh. Edmund v. Oefele im Oberbayer Archiv, 33. Bd. (1879)
229-247.)
Literatur: A) Allgemeines: Hopp, Pfründe-Statistik
H, 298-300. — Hugo Jos. A, Chronik des Marktes und der
Pfar rei Diessen nebst kurzer Geschichte des ehemaligen reg.
Chorherrenstiftes Diessen. Diessen (Druck und Verlag von
J. C Hüber) 1901, 186 S. 4°. Mit. vielen Illustrationen von Eduard
Gabelsberger in Diessen. — Desselben, Kloster Diessen (Sulzbacher
Kalender 1897, S. 39—62, kein Auszug aus der Schrift sub a);
enthält über die Klostergeschichte mehr und ausserdem den
Personalstaud des Stiftes unter den jeweiligen Pröpsten von
1630-1803.) — Hundius, Metropolis II. Edit. Tom II. 179—190.
(Reihe der Pröpste bis 1611 incl.) — Khamm, Hierarchia,
Pars III. regul. 431—436. — Kuen, Collectio Tom. IV. 54-69,
die Reihe der Pröpste bis Simon Werlin (1611) ist wörtlich
herübergenommen aus Hundius. Von 1611—1755, fortgesetzt von
Joh. Bapt. Krez, C. Reg. des Stiftes Wengen. Enthält ausführliche
Biographien der Pröpste bis auf Rerthold U. (exclusive) und S. 66
bis 68: Catalogus potissimorum Scriptorum illustrium Canoniae
Diessensis. (Mit Angabe ihrer Druckwerke und MS.) —
Dr. Scheglmann, Saecularisation, 3. Bd, 2 Abteilung, 516—532.
— Kleinere Notizen: Lexikon von Baiern I, 469—472. —
Zimmermann, Churbayer. Geistl. Kaiend. f, 137—140. (Ohne Reihe
der Pröpste.)
B) Bibliothek: Aretin, Beiträge, X. Bd., IV. Stück,
S. 95—96. (Von der Bibliothek kamen aus Diessen im J. 1803
nur 1284 Stück Impressa in die Staats-Bibliothek. Alles übrige
wurde als Makulatur verkauft.) Auf der Staats-Bibliothek zu
München befinden sich aus Diessen Cod. lat. 5501—5679. —
Ueber ein Gebetbuch von 1520 aus Diessen s. Gabelentz, Zur
Gesch. d. oberdt. Miniaturmalerei, S. 27. — Ueber ein Diessener
Bussbuch s. Vierling im Oberbay. Archiv, 54 (1909), 273 ff.
C) Kunsttopographie: Süddeutsche Architektur
und Ornamentik des 18. Jahrhunderts, IX. Bd. 1894, enthält Stift
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