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Benediktiner-Abteien—St. Ulrich in Augsburg.
anfangs Februar 1806 genötigt, die Klostergebäude zu räumen
und durften nie mehr in dieselben zurück, indem nach
Auflassung des Lazarettes die Räume von der Regierung als
Kaserne verwendet wurden, wozu sie noch dienen. — Die Stifts-,
nun Pfarrkirche ist der achte Bau seit der Gründung des Stiftes.
Sie wurde in ihrer jetzigen Form 1474 zu bauen begonnen und
(bis auf den Turm) bis c. 1503 vollendet. Sie ist ein herrlicher
gotischer Bau, LäDge 318'8", Breite 94'6-, Höhe 100'. — Die
Nebenschiffe sind 50' hoch, der Hauptchor 82' 3" lang. — Die
Anlage ist dreischiffig; die Kirche ist sehr akustisch, hat 12 Altäre1)
und 42 grosse Fenster. In dieser Kirche ruhen die Gebeine der
hl. Afra und ihrer Genossen, des hl. Bischofes Ulrich und die
von 5 anderen heiligen Augsburger Bischöfen: Wikterp, Tosso,
Symbert, Adalbero und Nidgar. — Auch die Sacristei ist ein
Prachtbau, 73 lang, 29' breit. Oberhalb derselben ist eine
grosse Kapelle.
Besitzstand. Das Klostergebäude steht hart an der
Grenze der Stadt. Wann das Stift reichsunmittelbar geworden,
lässt sich nicht mehr genau bestimmen. Sein Besitz war kein
zusammenhängendes Territorium, sondern bestand A) aus verschiedenen
zerstreuten Ortschaften: 1. Bonnstetten. 2. Häder.
3. Buch. 4. Schöneberg. 5. Lindach. 6. Neuhäder. 7. Erkhausen.
8. Edenberg. 9. Wengen. 10. Haunstetten. 11. Wolleshausen.
12. Baurenfinningen. 13. Herrenfinningen. 14. Unterliezheim.
15. Wolmatshofen. 16. Hof Demhard. 17. Hof Ahlingen. —
B) Aus der Propstei Unterliezheim. — C) Aus einem nicht
zusammenhängenden Complex mehrerer grosser Weingüter nebst
Häusern in der Nähe von Bozen in Südtyrol. (Vgl. Dr. Schröder'
Die staatsrechtlichen Verhältnisse im bayer. Schwaben, S. 51—52.)
Quellen: Frank Joannes, Augsburger-Annalen
von 1430—1464. (Ediert v. Dr. Steichele im Archiv f. Gesch.
des Bistums Augsburg, H, (1859) 78-112.2) — Wilhelm Wittwer,
Catalogus Abbat um Monasterii SS. Udalrici et Afrae
Augustensis, herausgegeben von Dr. A. Steichele, Archiv für
Geschichte des Bistums Augsburg, IH. Bd. (1860) 10-437.3) —
Khamm C. Hierarchia Augustana, Pars III. regul. 1—239, 375—
591. (Quellenmässige Gesch. des Stiftes St. Ulrich.) — Mon.
boica XXH und XXIII. Monumenta San -Ulricana. (Ganz von
P. Placidus Braun bearbeitet.4) — Mon. Germ. SS. — Abbates,
SS. XHI. 278—280; XIV. 556—559. — Translatio S. Udalrici Ep.,
1183, IV. 227—428. — Annales M. S. Udalrici et Afrae, 1106—
1334, XVII, 428—436. — Uodalcalcus Abbas, De Eginone Abb.
S. Udalrici, XU., 429 ff. — Nec. I, 120—128, Necrol. S. Udalrici
et Afrae. — Excerpta ex Mortilogio (Necrologio) Mon. ad
S. Udalricum scripto a Fr. Leonhardo Wirstlin (alias Wagner). .
a° 1514. (Braun, Notitia Codd. MSS. VI., 47—55; enthält Namen
vom XI. bis zum XVIU. Jahrhundert.) — Eine quellenmässige
Arbeit ist auch die folgende, weshalb sie hier eingereiht wird:
Braun Placidus (Bibliothekar und Archivar des Stiftes St. Ulrich),
Geschichte der Kirche und des Stiftes der hl. Ulrich und
Afra in Augsburg aus ächten Quellen zusammengetragen. Mit
4 Kupfern. Augsburg (Moy) 1817.5) 474 S. 8*. (I. Teil.) Der
H. Teil, enthaltend die Geschichte des Besitzes und der
Gelehrten des Stiftes, blieb ungedruckt. Das Original
befindet sich im bischöfl. Ordin.-Archiv zu Augsburg.0)
Literatur: A) Historische Beschreibungen:
Lebensbeschreibungen der Patrone des Stiftes. Anonym,
Descriptio chronographica Monasterii S. Udalrici et Afrae
Augustae Vindel. 1783. 11 unpaginierte Seiten in 4°. — Bruschius,
Chronologia Ed. IL, 1., 493—508. — Hirsching, Klosterlexikon,
198—204. — Roth Fr., Die Spaltung des Conventes der Mönche
von St. Ulrich im Jahre 1537 und deren Folgen. (Zeitschrift d.
bist. Vereines von Schwaben. 30. Bd. (1903) 1-41.) — Dr. Schegl-
mann, Saecularisation, 3. Bd., 1. Abteiig., 232—249. — Stengel
Carl, O. S. B. v. St. Ulrich, a) Der weitberühmten bayerlichen
freyen u. d. hl. Rom. Reichs Statt Augspurg Kurtze Kirchen
Chronik sampt dem Leben und Wunderzeichen der Heiligen
welche daselbst gelebt. Mit 24 grossen Kupfern. (F. Sustris et
Th. Mayer delin.) Augspurg 1620. Folio. — b) Commentarius
Rerum Augustanarum Vindelic. Ab urbe condita ad nostra
Tempora. Ingolstadii 1647. 2 Partes in uno Vol. 4°. Mit
togograph. Karte der Dioec Augsburg in Kupfer.7) —
c) Chronologica et compendiosa Descriptio celeberrimi atque
antiquissimi Monasterii SS. Udalrici et Afrae. Augustae Vindeli-
corum 1613. (Typis Chrysost. Daberii.) Impensis Dominici
Custodis. Druck eines Blattes in Patent-Format. Dediziert dem
Abte Johannes VIH. (Merk). — d) Desselb., Monasteriologia
Pars I., 1619. (Blatt 5 und 6 enthalten vorzügliche Stiche des
Klosters. — e) Desselb., Mantissa rerum Augustanarum, S. 56 ff.
— Streitigkeiten des evangel. Magistrates zu Augsburg contra
Stift St. Ulrich, die Wiederanmalung einiger katholischer Bilder
betreffend. (Europäische Staats-Kanzlei, XV., 690—770.) —
Fest-Schriften: Neuerweckter Andachts-Eyffer
das ist Hoch-feyr und freudenreiches Ehrenfest, welches bey
jüngst geschehener solenner Erheb- und Beysetzung der 5 glor-
würdigen hochheiligen Leichnamb und vier Augspurgischen
Bischöffen Wicterpi, Thossonis, Nidgarii et Adaiber
onis, wie auch der hl. Martyrin Dignae mit ungemeinem
Kirchen-Gepräng den 12 Oct. dieses zu End lauffenden Jahrs
angestellt und mit 8tägig. Andacht in des hl. römisch. Reichs
freyen Kloster und Gottshauss St. Ulrich und Afra, allhier
continuiert, wie hierinn neben den lobwürdigsten abgelegten Lob-
und Ehren Predigten kürtzlich beschrieben und denen Nach-
kömblingen zu beständiger Gedachtnuss .... in Druck gegeben
worden. Augspurg, Druck v. Ant. Nepperschmid 1699. 266 S. 4°.
(Dediziert dem Abte Willibald v. St. Ulrich.) — Die Predigten
') Leider fielen nach Jänner 1537 die kunstvollen Heiligen-Figuren
in der Kirche, die von Adolf nnd Gumpold Giltinger stammten, den Bilderstürmern
, aufgehetzt besonders durch Buzers Lehren, zum Opfer. -) Enthalten
vieles über die Gesch. des Stiftes St. Ulrich. P. Frank legte 28. Juni 1458
Profess ab, f 19. Mai 1472. 3) Ist nebst Stifts-Urkunden in den Mon. boica
eine Hauptquelle für die Stiftsgeschichte. Der Catalog reicht von
1012 bis 1497 incl. P. "Willi. Wittwer war geb. zu Höchstädt an der Donau
9. Jan. 1449, studierte an der Klosterschule zu Saalfeld (Thüringen) und
dann zu Zerbst; Prof. 29. Oct. 1470, ord. 22. Febr. 1472, Primiz 5. April in
der Stiftskirche, war von 1502—1506 Prior, f 30. April 1512. 4) Inhalt:
Vol. XXII. (1814): Inhalt: a) I—XXIV. Reihe der Aebte von 1012—1803 mit
urkundlichen Erläuterungen, b) Codex Traditionum, 981—1368, 227 Urk.
(S. 1—130.) c) Liber censualis (131—160). d) Diplomatarium miscellum,
1023—1662, 271 Urk. (161-773). Mit 9 lithogr. Tafeln (Siegelabbildungen). —
Vol. XXIII. (1815) Inhalt: a) Diplomatarium 1180—1499, 287 Urk. (1—676).
b) Excerpta ex monumentis S. Ulricanis a s. XVI—XVII, 18 Urk. (677—712).
s) Inhalt I. Abschnitt: Ueber die Kirche: Verschiedene Bauten, deren Merkwürdigkeiten
und Wohltäter (1—56).— II. Heiligkeit dieser Kirche, Patrone:
S. Afra, Hilaria, Dionysius, Wikterp, Tosso, Simpert, Nidgar, Adalbero
u. Ulrich (56—224). — III. Celebrität dieses Ortes in Hinsicht seiner
Bewohner (kurze Geschichte des Klosters) (225—374). — IV. Besondere
Feierlichkeiten bei d. Kirche (375—423). — V. Die Pfarrei (424—452). Anhang:
Bruderschaften dieser Kirche (453—462j. e) Inhalt: l. Gründung und religiöse
Verfassung, 68 S. — 2. Besitz in Schwaben, 40 S. — 3. Besitz in Bayern,
38 S. — 4. Besitz im Herzogtum Neuburg, Propstei Liezheim. — Besitz in
Tyrol, 32 S. — 5. Die gelehrten Männer des Stiftes, 96 S. Von diesem
II. Teile, der sich gleichfalls ganz auf Urkunden stützt, liess der Verfasser
dieses Monasticons im Jahre 1883 eine Copie anfertigen und collationierte
diese Wort für Wort mit dem Originale. Diese Abschrift, 2 Bde. gr. 4°,
befindet sich jetzt in der Stifts - Bibliothek zu 8t. Peter in Salzburg,
Signatur XLII D. 7) Nota: Es ist dieses die erste veröffentlichte Karte
der Augsburger Dioecese. Eine zweite (noch genauere) verdankt man dem
bischöflichen Augsburger Registrator Leonhard Mayr 1763 , die 1792 zu
Augsburg abermals nachgestochen und bei Propst in Augsburg verlegt wurde.
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