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Von diesem Augenblick ab betrachten sich
die jungen Leute als verlobt; eine offizielle
Verlobung- existirt bei den Tscherkessen nicht.
Auch bei ihnen bringt die Frau vom Elternhaus
nichts mit in die Ehe ; der Mann kauft
die Frau. Gehört man einer besseren Familie
des Stammes (Tokum) an, so bezahlt der
Bräutigam dem Vater des auserwählten Mäd-
chens einen Kaufpreis, welcher selten höher
als fünftausend Piaster, ungefähr neunhundert
Mark, ist; ist er minder reich und verfügt
er über kein Baargeld, so bezahlt er mit
Pferden, Ochsen, Schafen, Waffen, Stoffen
oder mit anderen Gegenständen. Kann ein
Bräutigam den Kaufpreis nicht erschwingen,
so helfen ihm seine Freunde oder der zukünftige
Schwiegervater begnügt sich mit Raten-
Zahlungen.
„Es kommt unter den Freien fast niemals
vor", erzählt Bodenstedt, „dass ein Mann
eine Stammesgenossin heirathet. Es wird
dieses, wo es ausnahmsweise geschieht, als
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