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Die Markgrafschaft
Aus der Geschichte des Markgräflerlandes
Der Dreißigjährige Krieg im Markgräflerland
Mit dem bekannten Fenstersturz und Aufstand in Prag
am 23. Mai 1648, als kaiserliche Gesandte durch die Fenster
des Hradschin auf den Misthaufen flogen, war die
Lunte an ein Pulverfaß gesteckt worden, dessen Explosion
ganz Deutschland auf das $chwerste und auf drei
Jahrzehnte erschüttern sollte. Hörte man auch in den
ersten Jahren im Markgräflerland nicht viel vom Kriegslärm
, der Druck aber, der auf allen lastete, und die
Nachrichten, die durch Flüchtlinge etc. verbreitet wurden
, ließen nichts Gutes ahnen.
Als aber der badische Markgraf Georg Friedrich aktiv
in das Geschehen eingriff und badische und pfälzer
Truppen die ibischöflich-speyerische Festung Philippsburg
einnahmen, züngelten bald auch im Markgräflerland
die Flammen des Krieges empor. Und als gar der
Markgraf in der Schlacht bei Wimpfen (6. Mai 1622) von
Tilly entscheidend geschlagen wurde, waren den Greueln
des Krieges und einer Soldateska, die in der Geschichte
kaum eine Parallele finden dürfte, Tür und Tor geöffnet.
Es half nichts, daß Markgraf Friedrich V., zu dessen
Gunsten sein Vater Georg Friedrich am 11. Juni 1622 die
Regierung niederlegte, seine friedliche Gesinnung beteuerte
. Tilly ließ von der Pfalz aus seine Kroaten die
ganze untere Markgrafschaft durchstreifen, und sie
hausten so fürchterlich, daß sich die Markgräfliche Regierung
dazu entschließen mußte, der oberen Markgrafschaft
eine Brandsteuer aufzulegen, um der dringendsten
Not zu steuern. Bald darauf traf jedoch das „Markgräflerland
" selbst die ganze Schwere des Krieges. Einquartierung
folgte auf Einquartierung. Die ersten, es
waren Dragoner, blieben 20 Wochen da. 1626 auf 27
lagen die Regimenter Reinach und Pappenheim hier im
Quartier. Hauptmann Philipp von Pappenheim hatte sich
sein Quartier in Britzingen ausgesucht, und es sich 14
Wochen lang dort wohl sein lassen.
Es blieb aber nicht nur bei bloßer Quartierlast. Hohe
Kontributionen, die mit rücksichtsloser Härte eingetrieben
wurden, machten das Leben der Leute fast unerträglich
. Nehmen wir dazu noch das Fehl jähr 1628 und
im gleichen Jahr den Beginn einer Pest, welche viele
Opfer forderte und bis Mai 1630 anhielt, so könnten wir
denken, es sei der Trübsal und Heimsuchung ein überfließend
Maß gewesen. Aber es sollte noch viel, viel
schwerer kommen.
Als nämlich Schweden sich unter Gustav Adolf in den
Krieg einschaltete, und im August 1632 ein schwedisches
Heer die Kaiserlichen aus dem Elsaß über den Rhein
warf, hausten letztere wie die Vandalen in unserem
Land und ließen die Einwohner aus Not und Gefahr
nicht herauskommen.
Nachdem die Schweden unter dem Rheingrafen Otto
Ludwig über den Rhein gingen und Staufen, Neuenburg
und Freiburg besetzten, war etwas Ruhe und Sicherheit
eingekehrt, obwohl auch im schwedischen Heer sich damals
schon Verwilderung breitmachte. Als aber die
Kaiserlichen am Neujahrstag 1633 Neuenburg wieder
einnahmen und sie von dort aus zu öfteren Raubzügen
in die Umgebung ausholten, war Müllheims Schreckenszeit
angebrochen. Mord und Totschlag waren Tagesordnung
geworden.
Am Ostermontag 1633 wurde Sulzburg überfallen und
geplündert. Am 26. April machten die Kaiserlichen einen
vergeblichen Angriff auf Schloß Badenweiler und legten
bei ihrem Rückzug die Orte Niederweiler, Müllheim und
Zunzingen in Schutt und Asche. Im Mai des gleichen
Jahres wurde der Angriff auf Schloß Badenweiler erneuert
; diesmal mit Erfolg.
Nach dem Bericht, den Dr. Isaac Vollmar, Römischer
Kaiserlicher Rat, unterm 21. Mai 1633 von Neuenburg
aus an Erzherzogin Claudia Felicitas von Oesterreich
richtete, hatte diese Aktion folgenden Verlauf:
„Am 16. Mai kam der kaiserliche Marschall Hannibal
v. Schauenburg mit dem Grafen Montecuculi in Breisacli
an. Es wurde Kriegsrat gehalten und beschlossen, vor
allem die Festung Breisach gut zu verproviantieren. Zu
diesem Zweck richtete man sein Augenmerk auf die
markgräflichen Häuser Hochberg, Badenweiler, Sausenburg
und Rötteln, wo man großen Vorrat zu finden
hoffte. Am 18. Mai kam Schauenburg in Neuenburg an,
rückte sofort vor Badenweiler und ließ zur Übergabe
auffordern. Als diese verweigert wurde, ließ Schauenburg
belagern. Mit Anbruch des 19. Mai begann die Beschießung
und dauerte den ganzen Tag fort. Dadurch
wurde der mittlere Zwinger zum Anlauf geöffnet, auch
der große viereckige Turm beschädigt. Gegen Abend ließ
man die äußere Pforte durch Haraucourtsche Knechte
anlaufen und in Brand stecken. Um 9 Uhr nachts parla-
mentierte die Besatzung und ergab sich auf Gnade und
Ungnade. Der markgräfliche Kommandant, ein Basler
namens Zörnlin, samt seinen Knechten und Bauern, 150
Mannspersonen nebst über 100 Weibern und Kindern,
wanderten in die Gefangenschaft. An Früchten fand man
etwa 2000 Fuder, dazu über 100 Saum Wein. Die Besichtigung
des Schlosses ergab, daß dasselbe viel stärker
war als anfänglich vermutet wurde und hätte noch lange
gehalten werden können, da auch Kraut und Lot genügend
vorhanden war." (Sievert, Chronik der Stadt Müllheim
.)
Bei dieser Gelegenheit wurde Müllheim aufs neue
ausgeraubt, und was an Gebäuden noch da war, in
Schutt und Asche gelegt. Die Einwohner flohen in die
Wälder. Aber auch dort waren sie ihres Lebens nicht
sicher. Die Schrecken dieses Jahres waren aber noch nicht
zu Ende. Wohl schien Erleichterung zu nahen. Markgraf
Friedrich kam von Freiburg her mit dem Rheingrafen
, entriß den Kaiserlichen Neuenburg und Badenweiler
, belagerte Breisach, hatte aber in dieser Unter-
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