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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1949-02/0005
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Die Markgrafschaft

höfe um, und die Freibauern wurden den vom
König eingesetzten Herzögen abgabepflichtig. Den
zum Christentum bekehrten Gutsbesitzern wurde
nahegelegt, Teile ihres Grundbesitzes, also auch
Weinberge, zum eigenen Seelenheil den inzwischen
überall gegründeten Klöstern zu vermachen
. Die Bauern begaben sich auch teilweise in
den Schutz der Kirche, um gegen die immer
größere Willkürherrschaft einzelner Grundherren
und gegen deren Bestreben nach Vergrößerung
des Grundbesitzes, gegen ungebührliche Erhöhung
des Zins- und Frondienstes, sowie gegen Waffendienst
geschützt zu sein. Dadurch vergrößerte sich
der Klosterbesitz in kurzer Zeit ganz gewaltig.
Aus dieser Zeit stammen die ältesten Aufzeichnungen
über unseren Weinbau. Die erste urkundliche
Nachweisung des • Markgräfler Weinbaues
stammt aus der Zeit Childerichs IL, der von 660
bis 670 regierte. Damals schenkten Ebo und seine
Gemahlin Odalsinda dem Kloster St. Gallen Weinberge
in Laidikofen (Laidolvinchova), Wahin-
kofen (Vahcinchova, Wenkenhof) und Bodinchova.
Die Namen beziehen sich auf untergegangene
Weiler, die zwischen Weil und Haltingen gelegen
haben sollen.

Die erste sichere Urkunde über unseren Weinbau
stammt aus der Regierungszeit des Mero-
wingers Chilperich II., der von 715 bis 721 regierte
. In dieser Urkunde wird berichtet, daß
Erfoin mit seinen Söhnen Teotar und Rotar dem
Kloster St. Gallen Güter übertragen hat, u. a.
einen Jauchert Weinberg in Ebringen und zwanzig
Jauchert Weinberge in Pfaffenweiler. Diese
Urkunde ist insofern interessant, weil sie die
älteste unbezweifelte Angabe von der Größe, der
Lage und dem Besitzer nach genau verzeichneten
Rebgrundstücken von ganz Deutschland, darstellt
.

Im Jahre 758, am 27. Oktober, schenkte ein
gewisser Strachfrid seine Besitzungen, darunter
auch Weinberge in Aguringas, Onninchova und
Mulinhaimo dem Kloster St. Gallen. Aguringas
ist Egringen, Onninchova der nicht mehr bestehende
Weiler Innighofen bei Schallstadt und
Muiinhaimo ist unser Müllheim. Diese Urkunde
stellt also den amtlichen Geburtschein unserer
Stadt dar, und Müllheim kann somit in wenigen
Jahren seinen 1200. Geburtstag feiern.

(Fortsetzung folgt.)

Ein vielgepriesener Wanderweg

Wünsch mir nicht Märchenpracht, Sterntalerregen,
Möchte dem Herrgott nur einmal begegnen,
Wenn ich im tiefen Tann endlich ihn fände,
Küßt' ich in Demut ihm dankbar die Hände.

Dieser von kindlicher Frömmigkeit zeugende
Spruch war unlängst noch zu lssen auf einer
Tafel an den Felsen des „Alten Mann" hoch über
Hausbaden. Die Felsmauer, die von Sehringen
bis Badenweiler zieht und unvergleichliche Ausblicke
bietet, besteht aus verkieseltem Muschelkalk
und heißt in Bergmannskreisen „das Quarzriff
*. Der Spazierweg, der von der Gegend des
Karlstollen östlich von Badenweiler über die
Sophienruhe zum Alten Mann und zur Luisenburg
führt, könnte auch Quarzriff-Weg genannt
werden. Er streift an Stätten uralten Bergbaus
vorbei. Dicht über Badenweilers „Hinterdorf"
findet sich im Pfarrwald eine ansehnliche Felspartie
, unweit davon der Karlstollen, wo vor 150
Jahren noch silberhaltiges Blei gewonnen wurde.
Von da windet sich der Pfad zur Sophienruhe
hinauf, einer Schutzhütte, die über einer alten
Bergwerkshalde liegt, die man wegen der hier
vorkommenden violetten Flußspatkristallen „Blaue
Steine" nennt. Es wird angenommen, daß hier
schon Kelten und Römer schürften; bis zum Jahr
1939 brannte man auf den Blauen Steinen die
Fasnachtfeuer ab. — Von der Sophienruhe geht
der Weg stets an alten Bergbauspuren vorbei, an
Einsturzstellen und Luftschächten. Unter dem
Alten Mann wird ein ausgeräumter Erzgang durch
ein Brücklein überquert, derselbe Gang zeigt sich
weiter südlich als „Schwefelhöhle", in deren
düsteren Hallen die Fledermäuse hausen. Von
Hausbaden aus, das tief unter uns liegt, führten
einst sechs Stollen in den Berg, sie sind jetzt vermauert
, weil es gefährlich wäre, das System der
unterirdischen Gänge und Bergwässer zu betreten
. Ein Rest früheren Bergbaus hat sich noch
erhalten im Gipswerk zwischen Hausbaden und
Sehringen, dort führt der Stollen durch Keuper
und Muschelkalk bis zur Rheintal-Verwerfungsspalte
, die wir als eine der größten Störungslinien
der Erde von Kandern bis in den Odenwald
verfolgen können.

Der Mann, der obigen Vers dichtete, hat wohl
weniger an die wechselvolle Geschichte des Bergbaues
gedacht als an die herrliche Natur, die ihn
hier am Steiläbfall des Hochblauen umgab und
die jeden Wanderer noch heute entzückt. Tief
unter den Felsen wogt ein prächtiger Mischwald,
im Herbst bewundert man die Farbenpracht des
Hörnle, eines Vorberges aus Jurakalk, der sich in
elegantem Schwung westlich von Sehringen aufbaut
. Im harten Gestein des Quarzriffes wachsen
Stechpalmen in seltener Üppigkeit, Heidekraut
und allerlei Farne säumen den« Weg, über uns in
den Tannenwäldern des Blauen ruft der Schwarzspecht
und läuten Meisen und Goldhähnchen.
Doch die Fernsicht von Sophienruhe, Altem Mann
und Luisenburg übertrifft vielleicht noch die
Schau in die Nähe. Unter uns die Vorberge des
Markgräflerlandes, teils bewaldet, teils mit Reben
bestanden, weiter draußen die breite Ebene des
Rheins mit zahlreichen badischen und elsässi-
schen Dörfern und als großartiger Abschluß der
Landschaft die blaue Mauer der Vogesen und des
Schweizer Jura.

„Unübersehbar ergießt sich vor meinen Blicken
die Ferne,

Und ein blaues Gebirg endet im Dufte die Welt".

Dr. E. Scheffelt


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