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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1949-02/0013
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Die Markgrafschaft

dung und sogar eine eigene Uniform. Im Jahre
1619 wurden schließlich 117 Mann zur Verteidigung
der Grenzen ausgehoben. In Fällen, in
denen die Schliengener einen Einfall befürchteten
, brachten sie ihr Hab und Gut auf einer
Rheininsel bei Steinenstadt in Sicherheit. Um
das Schrecklichste zu verhüten, zahlte der Bischof
immer wieder Kriegssteuern, die von der Einwohnerschaft
aufgebracht werden mußten. Aber
all dies nützte nur wenig und im Schicksalsbogen
am Oberrhein ließen Schwert, Feuer, Pest und
Hungersnot die Städte und Dörfer völlig veröden
. Einst Pflegestätte eines ehrsamen Bauern-
und Bürgerstandes, war das ganze Land ein Land
der Armut und ein Land ohne Menschen geworden
. Als der Krieg zu Ende war, zählten Schlien-
gen, Steinenstadt und Mauchen nur noch vierzig
Familien. In der Zeit von vier Jahren wurden
damals in jeder dieser Gemeinden nur eine einzige
Trauung in die Pfarrbücher eingetragen.

Lange Jahre lagen die Häuser in ihrer Asche.
Das vermochte aber nicht, den Geist und die
Haltung dieser alemannischen Menschen zu brechen
und bald zog der Pflug wieder durch die
rauchgeschwärzte Erde und neues Leben erstand.

Kaum hatte die fleißige Bevölkerung mit Gottvertrauen
sich dem friedlichen Aufbauwerk zugewandt
, als neue Drangsale über sie hereinbrachen
. Es waren die Jahre der französischen Revolution
, die Schliengen sogar im Jahre 1796 zum
Kriegsschauplatz werden ließen. Der französische
General Moreau, der von Erzherzog Karl von
Österreich hart bedrängt wurde, versuchte bei
seinem Rückzug über die Rheinbrücke, bei Hüningen
einen letzten Widerstand zu leisten. Mit
vier Kolonnen griff der Erzherzog den auf den
Höhen zwischen Schliengen und Bürgeln stark
verschanzten Gegner an. Es war,.so erzählt der
Chronist, ein „furchtbar regnerischer Herbsttag".

Nach mündlicher Uberlieferung soll Moreau sich
damals im „Baselstab" aufgehalten haben. Über
die Dörfer hinweg entspann sich eine schwere
Kanonade, von der später gefundene Kugeln
noch die letzten Zeugen waren.

Mit dem Reichsdeputationshauptschluß im
Jahre 1803, nach dem alle geistlichen Fürstentümer
aufgehoben wurden, kam die Landvogtei
Schliengen an Baden. Bis 1810 Oberamt, kam der
Ort 1817 zum Amt Kandern, zu dem bis 1827
auch die Orte Steinenstadt und Mauchen gehörten
. Von 1827 an wurden diese drei Orte dem
Bezirksamt Müllheim zugezählt.

Große wirtschaftliche Änderungen brachte das
vergangene Jahrhundert für die Einwohner
Schliengens, von denen etliche Jahrhunderte vorher
ihr Brot durch das sogenannte „Vorreiten"
verdient hatten. Damals, so erzählt die Chronik,
leisteten diese Einwohner den vielen Fahrzeugen
, die den Handelsweg Frankfurt—Basel be-
fuhren, am „Berge" Vorspann. Am Abend wurden
die Wagen dann bis zur „Wagenstelle" gebracht
. Diese nicht unbedeutende uralte Einnahmequelle
fiel für Ort und Leute „am Berg"
weg, als 1848 der Weiterbau der Eisenbahnstrecke
bis Efringen erfolgte, nachdem ein Jahr vorher
Schliengen der Endpunkt der Eisenbahn von
Freiburg her geworden war. So mußten sich
schließlich diese Schliengener notgedrungen der
Landwirtschaft und vor allem dem Rebbau zuwenden
.

Ungezählte haben seither das gastliche Schliengen
, seinen aufrechten Menschenschlag und seinen
guten Tropfen lieben und schätzen gelernt.
Und manch einer, der gen Lörrach zog und den
„Aufstieg" über den „Schliengener Berg" vor sich
hatte, hielt es mit der Weisheit jenes Alten, der
da meinte: „Zuerst den ,Schliengener', und dann
den ,BergV

Mein liebes Kandern

Von Ida Pr e u s c h - M ü 11 e r

Groß ist es nicht, das Markgräfler Städtchen
Kandern, es hat auch keine Besonderheiten, die
auf Fremde anziehend wirken. Ein richtiges
Kleinsiädtle, sauber, betriebsam, friedlich, das,
geruhsam in herrlicher Landschaft eingebettet,
sein eigenes Leben lebt. Solange ich dort lebte
— und das waren fast drei Jahrzehnte — wußte
ich kaum, was es mir bedeutete.

Wenn ich heute wieder einmal dort Einkehr
halte, dann fühle ich die Heimat mehr als je. Die
ganze Kinder- und Jugendzeit steht vor mir auf.
Die vertrauten Häuser und Straßen grüßen mich,
die Menschen rufen mir zu. Ich brauche eine
ewiglange Zeit, um eine ganze Straße zu durchgehen
.

Meine Jugendgespielen sind mit mir alt geworden
, die Alten von damals sind gebückt und
zusammengeschrumpft oder gar nicht mehr da.
Und die heutigen „Jungen"? Doch, ich kenne
viele trotzdem am „Model", wie man bei uns
sagt, an der Familienähnlichkeit.

In meinem Elternhaus sind heute fremde Leute,
aber alle meine Erinnerungen sind drin hängen
geblieben. Da ist der niedere Laden, in dem ich
meine erste Bekanntschaft mit den Menschen
außerhalb des Familienkreises machte. Dort steht
noch der riesige, braune Kachelofen, in dem die
Mutter unser gutes, eigenes Brot buck, sechs
Laibe über's Mal. Und wenn das Ofentürle aufging
, spähte ich lüstern nach dem größten Kropf.

Dort ist noch der Platz unter der hölzernen
Stiege, wo der treuste Begleiter meiner Kindheit
seine Hütte hatte, unser Bello. In Vaters Druk-
kerei bestaunte ich zum ersten Mal an der neuen
Schnellpresse das Wunder der Technik. Dort hielt
ich den Winkelhaken in meinen kleinen Händchen
und setzte die kleinen Buchstaben zusammen
zu meinem Namen. Auf der Laube war ich
dabei, wenn Vater für die kleine Maschine neue
Walzen goß und durfte Syrup lecken.

Hoch oben lockt der Dachboden, wo der Vater
immer meinen Namen in's „Chemi" schrieb, wenn


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