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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1949-02/0014
Die Markgrafschaft

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ich unartig war, damit der schwarze Mann es
lesen konnte. Und von dort geht es noch höher
mit einer festgemachten Leiter unter den Hohlziegel
. Das kleine Fensterloch im Giebel geht
gerade über Nachbar Hansers Dachfirst. Und
dort hinaus zog es mich, um rittlings auf Hansers
Dachfirst über die Nachbarhäuser zu schauen,
dem Kirchturm näher zu sein und den Kameraden
weit unten auf der Straße stolz zuzurufen.
Meiner Mutter stand das Herz fast still vor
Schreck, als sie durch das Gebahren der Kinder
aufmerksam wurde, Und es war doch so schön!

Die Plätze und Gäßchen, auf denen unsere
Kinderspiele tobten, die alte Kirche in der wir
helfen durften Betzeit läuten, der Blumenplatz,
auf dem ich mein erstes Jahrmarktgeld — ganze
30 Pfennig — verjubelte, der Bach, in den ich
fiel, weil ich am Geländer turnte, alles, alles lebt
wieder auf.

Im Kronensaal errang ich mfeine ersten „Bühnenerfolge
". Meine erste Liebe und mein erstes
Leid, meine erste Freude und meine erste Enttäuschung
erlebte ich daheim. Treue Freundschaft
ist mir bis heute geblieben. f

Am liebsten sind mir aber die Erinnerungen

an die vielen großen und kleinen Spaziergänge
mit meinem Vater in die schönen Wälder und
Berge unserer Umgebung. Da erlebte ich die
Wunder der Natur, da wuchs und erstarkte meine
Liebe zur Landschaft und zum Tier in ihr. Die
ersten Erdbeeren holten wir am „Lüttersten",
sahen in der Sonntagsfrühe die scheuen Rehe bei
der „Scheideck" aus dem Wald treten, stöberten
in der „Neuen Bürg" die Fuchslöcher auf und
freuten uns an, der kupferglänzenden Blindschleiche
auf dem sonnigen Fußweg nach der
„St. Johannsbreite". Wir belauschten am „Heuberg
" Specht und Hasen, kl etterten im Felsenmeer
der „Wolfsschlucht" herum und lauschten
dem Echo am „hinteren Böscherzen". Vom geliebten
„Blauen" schaute ich zum ersten Mal weit
ins Land.

„Erinnerung ist das einstige Paradies, aus dem
wir nicht vertrieben werden können", das Wort
ist wahr. Diese macht uns solange wir leben die

Heimat zum Köstlichsten. Und noch etWas--

man kann es nicht mit Worten sagen, aber es ist
da und spinnt seine geheimen Fäden. 'Dies Unsagbare
können wir nur im tiefsten Herzen fühlen
und bewahren.

Der unfreiwillige Hochzeiter

Von L. Börsig

So unterschiedlich wie das Wetter am ersten
Mai sein kann, strahlend blau, bindfadenregnerisch
, stürmisch, kalt, heiß, lau, griesgrämig
oder zwischen Lachen und Weinen die Mitte
haltend, so verschieden mag es auch Hochzeitspärchen
zumute sein, wenn sie in die Kirche
kommen, wo man schon alles vorbereitet hat, was
zum Ernst der Stunde paßt. Selten aber w^ar es
einem Bräutigam zumute wie vorzeiten dem
Botte-Hans und kaum konnte einer, dem mit
kirchlichem Segensspruch der Ehehimmel geöffnet
werden sollte, unter merkwürdigeren Umständen
St. Martin als Hochzeiter betreten, als
eben dieser Botte-Hans. Er hat zwar später nicht
bereüt, daß es dabei recht unsanft und ganz und
gar gegen seinen Willen zuging, denn er bekam
ein braves Weib, das ihrem immer etwas leichtlebigen
und lockeren Ehegesponst einen guten
Hausstand führte und ihn auch dazu brachte, daß
er mit der Zeit von seinen Possen ließ und Raison
annahm. Dafür liebte er aber einen guten Tropfen
, und im Stadthaus konnte er manchmal den
Stammtisch biederer Zechgenossen erheitern,
wenn er die Geschichte seiner Hochzeit erzählte,
die ihrer Kuriosität wegen der Aufzeichnung wert
ist.

Der Botte-Hans, dem sein Vater in frühen
Jahren gestorben war, kam alsbald zu einem Seiler
in die Lehre. Er lernte rasch und der Meister
war, was die Arbeit anbelangt, zufrieden mit ihm.
Aber nach Feierabend war der Hans bald verschwunden
. Es gab kaum einen Streich, an dem
er nicht beteiligt war. Bald führte er einer Witwe
die Geißen in die Schlafkammer und band sie an

den Bettpfosten der armen Frau; bald half er
mit, einem reichen Geizkragen einen Beutel Gulden
zu stehlen und ihn auf dem Kirchhof zu vergraben
, wo der Ärmste es zu mitternächtiger
Stunde wieder holen mußte; bald verlas er in
lustiger Runde das Tagebüchlein einer frommen
Jungfer, die nachher, zum Gespött der Stadt geworden
, sich verschwor, keine Silbe von Liebe
mehr einem Blatt Papier anzuvertrauen, denn
die Jugend achte auch das Heiligste nicht. Der
Hans bekam manche Prügel von dem handfertigen
Seilermeister und das Ortsgericht vermahnte
ihn auf das strengste. Aber geholfen hats wenig.

Gedanke über d'Fraue

Wiiber z'chenne isch e Sach,
's git kai Maister in dem Fach, '
Bis ein Chrut un Salbi chennt,
Het 'r d'Dobe scho verbrennt!

Hüet di vorme schöne Wiib! —
Meistens isch's nur Zitvertriib,
Schöne Täfer un Verputz
Ohni Seel isch nit viel nutz.

Menge meint, er haig e Schatz,
Handumchehr scho isch's e Chatz. —
Sammetpfötli het si gha,
Aber jetz sin Chralle dra!

Fritz Woifsberger


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