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14 Die Markgrafschaft
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angewiesen hatte. Von einem inzwischen stattgefundenen
Besuch der Bärbel beim Pfarrer und
beim Vogt ahnte er nichts. Er schnarchte so schön
wie sein alter Meister bis zum andern Vormittag,
Der Hans war ein Hans in allen Gassen und nach
seiner Lehrzeit war er auch bald ein Hans in
aller Mädchenherzen, die ihm nur so zuflogen,
dieweil er alles hatte, was die Mädchen damals
und heute leicht zum Schwärmen bringt. Zu ihnen
gehörte auch die Bärbel aus einem Haus in der
Unterstadt, wohin sich der Hans an manchem
Feierabend begab. Die Bärbel, das muß gesagt
werden, war keine, üble Person. Sie hatte eine
gute Postur, geraden Wuchs, ihr übriges Äußere
war, wenn auch nicht mit Schönheit zu verwechseln
, so doch ganz passabel. Nur stotterte sie ein
wenig und gehörte auch sonst nicht zu den Kirchenlichtern
. Den Hans stör.te das vorerst wenig;
Schwiegersohn des Meisters werden könne, und
dagegen hatte er nichts. Seine Besuche in der
Unterstadt wurden immer seltener, sehr zum
Leidwesen der armen Bärbel, die ihm eines schönen
Tages erklärte, wie es um sie stand und —
da hülft nit un hattet nüt, Hans du muesch mi
hirote.
Der Hans war sprachlos und wenn er an die
Tochter des Meisters, mit der er inzwischen
handelseinig geworden war, dachte, auch ratlos,
denn diese hatte mehr Haare an den Zähnen als
sein guter Meister auf dem Kopf. Er dachte, daß
er sich nun einen Arme-Sünder-Strick machen
könne und daß es mit allem Hallodri zu Ende sei
Am Abend noch nahm ihn die Meisterstochter,
die durch sein verrücktes Benehmen aufmerksam
wurde, ins Gebet. Am Stammtisch meinte der
damals Verhörte, daß er lieber noch einmal hei-
Müllheim (Blick vom Luginsland) Federzeichnung von Julius Kibiger
er glaubte, 's ßärbel ein wenig zum besten zu
halten, um nachher seinen Kumpanen, deren er
genug hatte, wiederum einen neuen Streich berichten
zu können. Aber 's Bärbel nahm es ernst
und da beide das Alter hatten, sprach sie bald
einmal vom Heiraten und wenn eine Hochzeit
war, führte sie dem Hans, den sie vergötterte, die
Segnungen einer guten Ehe vor Augen. Dieser
gebrauchte zuerst allerhand Ausreden, bis es dem
Bärbel genug war und es erklärte, er solle nicht
mehr unter seine Augen kommen, falls er ihr
nicht das Versprechen gebe, sie zu ehelichen. Der
Hans blieb den nächsten Abend weg, aber schon
am übernächsten entschloß er sich, ihr das Versprechen
zu geben, allerdings ohne die Absicht,
es auch zu halten. Davon merkte aber die jetzt
in Wonne auf den Hochzeitstag wartende Braut
nichts. Der Hans hingegen konnte nur ermutigt
werden, ihr einen Streich zu spielen. Und er
spielte ihn auch. Inzwischen hatte er aber einen
Wink bekommen, daß er, wenn er nur wolle, der
raten wolle, als unter diesen Umständen einem
Weib ausgeliefert zu sein. Man verlangte von
ihm, der Bärbel noch am gleichen Abend Bescheid
zu geben, daß aus einer Heirat nichts werden
könne. Der Hans tat es auch. Das Bärbel wurde
ganz still und sah ihn groß an. In ihren grauen
Augen lag etwas, das er nicht aushalten konnte.
Er ging fort und beschloß, sein Bündel zu packen
und andern Tags auf Wanderschaft zu gehen. Des
Seilers Tochter ging ihm ja nicht durch, dachte
er. Er konnte sie auch noch in ein oder zwei Jahren
heiraten. In der Frühe brach er auf. Aber
schon im nächsten Dorf blieb er im Bären hängen.
Und das war sein Unglück oder wahrscheinlicher
sein Glück. Er ertrank seinen Kummer recht
tapfer und war bald in der Stimmung, in der
man gern mit dem Teufel anbändeln möchte. An
sein Wanderziel, das weiter im Oberland liegen
sollte, dachte er nicht mehr, sondern ging oder
schwankte vielmehr in eine Kammer, die man
ihm zum Ausschlafen seines kapitalen Rausches
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