Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1949-03/0008
6

Die Markgrafschaft

Der dot Guhler

Von Jda P r e u s c h - M ü 11 e r

Es isch vor fufzig Johre scho gsi wie hüte:
wenn eim öbbis g'fehlt het — seig's Mensch oder
Tier gsi — so het me z'erscht emol d'Nochbers-
lüt um Rot g'frogt, im eis het im andere g'rote
im g'hulfe.

So isch au emol d'Huetmacher - Koppi zue
minere Großmuedder z'Mülle cho un het g'jome-
ret: „Denket emol, my schöne Guhler isch
chrank. Er frißt nit un luegt d'Hiehner nit a;
er schdoht numme im Winkel umme un hängt
der Chopf. Chömmet doch emol, Nochbere, un
lueget en a!"

D' Großmuedder het no g'schwind e Schittli
Holz in Füürherd gleit, het d'Händ am Chuchi-
schurz abtröchnet un isch mit-ere gange. Jo,
wahrhaftig, wie het dä Schtaatskärli vorne Guhler
usgseh! Sini Fädere, wo sunscht wyß%gsi sin
wie Schnee, sin ganz dreggig un schtrublig an em
babbt. Si hän en g'fange, un er het sich nit emol
sölli g'wehrt. D' Koppi isch uf der Schpaltchlotz
g'sesse, het en zwische d'Bei gno, un d'Groß-
muedder het em der Schnabel ufg'macht. „Do
hämmer's jo," het si gseit, „er het halt 's Pfipfi.
Jetz maehet-er Schwineschmalz un feing'schnit-
teni Ziebele underenander un gänt em's y; oder
weiget Brotmümpfeli in Essig un fuedderet
em's." D' Koppi het si gar schön bedankt un het
gseit, si well's mache. „Nüt z'danke," het d'Groß-
muedder gseit: „'s isch gern g'scheh," un isch
wieder heim in d'Chuchi. D' Koppi het au z'Mit-
tag g'chocht un het dem Ding so noschtudiert un
denkt: Essig isch doch au grüseli suur, das frißt
er amend gar nit. Do chönnt me sicher au Wii
neh. Un derno het si 's Chrüegli g'längt, het e
Gläsli voll in e Beggeli g'schüttet, un Wyßbrot
dry bröggelet. Wo's weich gsi isch, het si's im
Guhler yg'schobt, bis er nümmi het chönne, un
het en laufe lo. Sorge het si sich jetz keini meh
g'macht. Gegen Obe, wo sie d'Hiehner g'fuedde-
ret het, isch der Guhler nit derby gsi. „Hansel,"
het si g'ruefe, „chumm weidli, chumm, bi — bi —
bi!" Derno het si halt g'suecht un g'suecht, un
z'letscht het si en g'funde, schtock-schtyf, hinde-
rem Misthufe. Dot isch er gsi.

„Herj ehre, was han-ich agschtellt!" het sie
gruefe, un d'Händ überem Chopf z'sämme-
g'schlage. D' Großmuedder isch gli z'schpringe
cho, un het welle helfe, un 's isch ere grüsli arg
g'si, daß si amend e falsche Rot ge hät'. Aber
alles Jomere het nüt meh g'hulfe.

Ob dem G'jomer het der Kopp der G'sell
g'schickt, go luege, was los sei. „He," het dä
g'sait, „wenni z'obe der Schtall mischt, vergrab
i en," het dä arm Deufel gno an de Bei un in e
leere Sauschtall ine keit.

D' Welt isch nit undergange ob dem Schmerz,
aber der Koppi het's doch ans Herz g'länt, un
der Schurzzipfel isch an sellem Nohmittag gar
mängmol an d'Auge cho.

Mittlerwyl isch's Fyrobe worde, un der G'sell
isch in Hof cho un het welle der Guhler verloche.
Wo-n-er d'Sauschtalldühr ufmacht, isch nüt meh

do gsi. „Meischteri, hän Ihr der Hans scho use
do?" „He, was fallt der y!" „Zuem Dunder ine,"
seit er, „i han-en doch do inedoh!" Der Karli
macht d' Dühr wyter uf — kei Guhler. Z'letscht
luegt er hinter d' Dühr un — was meinet-er! Do
schtoht das arm Viechli, wie ne arme Sünder un
loßt alles lambe, der Chopf, d' Fägge un der
Schwanz. Z'erscht het der Karli gar nit g'wüßt,
was er dengge soll, un het numme g'chratzt am
Chopf. Uf eimol aber het er ag'fange z'lache, wie
nit g'scheit un isch useg'rennt un het g'ruefe:
„Meischteri, schnell, schnell!" Wie 's Büsiwetter
isch d'Koppi z'renne cho. „Was isch, hesch en?"
Der Karli het nüt g'seit, er het si numme g'no
am Arm und hinter d' Düre g'schürgt. Die Frau
het no ne dümmer G'sicht g'macht, un derno hän
si mitenander g'lacht, wo si au g'merkt het, was
lands. Der Guhler isch nämlich numme schtern-
hagelvoll gsi un het im Sauschtall si Mordsrusch
usg'schlofe. Öb em aber au 's Pfipfi vergange
isch, seil hani d'Großmuedder vergesse z'froge.

Anmerkung : Pfipfi ist eine hornartige Verhärtung
der Zungenspitze, die den Hühnern das Fressen
fast unmöglich macht. Pips heißt die Krankheit.

Die Geschichte eines Badener Liedes

Hoch auf des Schwarzwalds Höhen,

Wo schlank die Tanne steht,

Hör ich, wie Gottes Wehen

Sanft durch die Wipfel weht.

Hab in die lichten Berge

Im Frührot ich geschaut,

Bewundernd Gottes Werke,

So möcht ich rufen laut:

O Badner Land, du schönes Land,
Wie schön bist du, mein Heimatland!

Diese vertrauten Klänge, die neulich aus der
Volkschule an mein Ohr drangen, riefen liebe
alte Erinnerungen in mir wach. Hatte ich doch
diesem sinnigen Lied und Gedicht seiner Zeit den
Weg in die Öffentlichkeit vermittelt.

Der Schöpfer des Liedes, Robert Räuber, mein
Schulkamerad und lieber Jugendfreund, war damals
, ich glaube es war im Jahr 1896 oder 1897,
Student an der Technischen Hochschule in Karlsruhe
. In seinen Sommerferien besuchte er jeweils
seine alte Heimat Müllheim und hielt auch bei
mir immer Einkehr. Von 1892—1900 war ich im
Verlag des ,,Müllheimer Tagblatt" (später „Mark-
gräfler Nachrichten") in der Schriftleitung tätig.
Bei einem Ausflug auf den Hochblauen" gingen
Robert Räuber die Gedanken zu seinem Gedicht
ein. Abends brachte er mir dann sein Musenkind
und wollte mein Urteil hören. Ich war entzückt
davon. Andern Tags stand es dann im „Müll-
heimer Tagblatt" zu lesen, und es fand warmen
Anklang in der Markgrafschaft.

Der Verfasser war der älteste Sohn des Reallehrers
Albert Räuber, der viele Jahre an der


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1949-03/0008