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Die Markgrafschaft

Chandere Märt vor fufzig Johr

Aus meiner Erinnerungskommode / Von Jda Preusch-Müller

Der Herbst ist vorbei, das Laub beginnt zu fallen
und der November, der Monat der Jahrmärkte
, will bald Einzug halten. Wie auch heute
noch, war der Kanderner Spätjahrsmarkt am
ersten Dienstag nach Büß- und Bettag.

Das alte Schulhaus stand damals noch am Blumenplatz
, und wir Kinder konnten in den Pausen
schon lebhaft an den Vorbereitungen teilnehmen.
Am Montag begannen die Zimmerleute die großen
, gedeckten Stände aufzuschlagen, und da
konnten wir in den Pausen oder nach Schulschluß
herrlich „Suechis" und „Fangis" dazwischen
oder darin machen.

In der Mitte, beim runden Brunnen, blieb der
Platz frei für die „Rößliryti".

Kisten über Kisten der fremden Händler, die
aus dem Schwäbischen, vom Schwarzwald oder
auch aus dem Unterland kamen, regten die Neugier
an, und am 10- und 50-Pfennigstand wurde
schon am Abend ausgepackt und das Ganze mit
Zeltplanen zugemacht. Manches neugierige Näslein
schob sich zwischen die Lücken.

Am Markttage selbst fing in aller Herrgottsfrühe
das Auspacken an allen Ständen an. Wenn
schon Frost war oder die ersten Schneeflocken
fielen, dann hatten die Schuh- und Wollwarenstände
Hochbetrieb.

Die Jungfer Dörflinger brachte die warmen,
dickauswattierten „Endifinke" und Wolle in allen
Farben, die Jungfern Berner die herrlich wärmenden
Kapuzen in Tuch, Wolle oder Chenille,
die den ganzen Kopf umhüllten und mit dem
Kragen auch Hals und Nacken schützen. Kein
Wind konnte sie wegwehen. Heute sieht man
diese Form noch ab und zu bei einer alten Lieler
Frau, wenn sie im Winter ausgeht. Der alte
Messerschmied Meyer brachte seine prima Solinger
Waren zu Markt, der Läuger Seiler seine
selbstgedrehten Seile und Bindfaden. Wäsche
und Schürzenzeugle, Holz-, Bürsten- und Blechnerwaren
, Steingut und Glas, kurzum, was das
Herz begehrte, war da.

Am Marktplatz hatten die Kanderner Hafner
ihre schöne, saubere Ware auf Stroh ausgebreitet.
Schüsseln und Platten, Milchbecken, Milchtöpfe
und Kaffeehäfeli in allen Größen. Die schöne,
braune Glasur war bemalt mit weißen Linien
und Punkten oder bunten Sträußchen und Kränzchen
. „Wy-Chrüsli" waren mit Sprüchen bemalt.
Es gab dreibeinige „Babbedüpfi" für die Weidbuben
, „Ziegernäpfe" für die „käsende" Hausfrau
und für die Kleinen Sparkässli und Wasser-
pfyffli in Form von Vögeln.

Tische mit mehr oder minder appetitlichen
Süßigkeiten standen an der Straße und für den
verwöhnteren Geschmack war der Stand vom
„Laguschte-Conditer" (Lacoste) da. Das Marieli
hatte alle Herrlichkeiten feil: Mohrenköpfe, Marzipankartoffeln
, Cremeschnitten, Schillerlocken

für 10 Pfg., Blätterteighufeisen mit Mandelfülle,
Apfeltörtchen, Kleientörtle für 6 Pfg., echte
Bisquitgugelhüpfle für 5 Pfg. und sogar Lebküchle
mit einer halben Mandel belegt für 3 Pfg.

Und dann die „Rößliryti!" Da gab es noch kein
Karussell mit elektrischem Antrieb und allen
Schikanen. Die heutige Jugend würde darüber
die Nasen rümpfen. Und doch war es für uns
so schön! Der alte Schmidt von Egisholz war der
Besitzer und zog damit von Jahrmarkt zu Jahrmarkt
im Oberland. Er selbst drehte die Orgel
im Innern, das Bäbeli, seine Tochter, zog ein.
Schulbuben, die an der Innenseite des Ringes
„schoben", gaben der Rößliryti den nötigen
Schwung, und konnten dann immer abwechselnd
aufspringen und mitfahren. In einem „Chaisle"
kostete die Fahrt 3 Pfg., auf einem Pferdchen
5 Pfg. Und wenn ein Vater den Geldbeutel auftat
und dem Schmidt eine ganze Mark zahlte,
durfte der Sprößling dafür den ganzen Tag
fahren. Wieviel Stücke die Orgel spielte, weiß ich
nicht mehr; viele nicht. Aber das einprägsamste
war das, zu dem wir immer laut und inbrünstig
sangen: „I schob si in e Habersack, un bind en
obe zue, tralalala, tralalala, tralalalalala." Und
da ich immer nur 40 Pfg. Johrmärtgeld bekam,
das ich lieber beim Laguschte-Marieli verschleckte
, hopste ich meistens „vor" der Rößliryti
herum und sang begeistert mit den Fahrenden
den wundervollen Refrain.

Wegen dem kleinen Stückchen

Von Paula Hollenweger

Der Hansli isch e chleine, lebhafte Bueb gsi.
Syni Eitere sin arm gsi un der Chuchizettel für
sys Muedders Tisch het kei großi Abwechslig
zeigt. Entweder het's Chnöpfli ge oder Grum-
bierepflute oder Suppe, je nodem grad do gsi
isch. Aber der Hansli isch g'sund un chugelrund
gsi un het sich wohl un glücklich g'füehlt, wenn's
au numme am Sunntig Fleisch ge het.

Do isch aber d'Chilbi vor der Tür g'stande un
do het eini vu de zwei Gäns dra glaube müesse,
wo scho ne Johr lang im Gärtli am Bach uf
d'Weid g'loffe sin. An so-nere Chilbi goht's lustig
zue, un wer freut sich nit uf e schöne Gansbrotis?

Sy Stückli kriegt au der Hansli, nit ebe z'viel,
denn es chönnt ihm numme schade. Wu er's gesse
gha het, fangt er z'mols a hüle un d'Muedder
weiß nit, wie sie ihn tröste soll.

„Sei doch still, Hansli! Wege was duesch denn
au so hüle?"

„Weisen, Muedder," seit do der Hansli, un
d'Träne laufe über syni Backe, „do mueß i eifach
hüle, wenn i dra denk, daß wege so-me chleine
Stückli Gans die Gans het sterbe müesse!"


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