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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1949-03/0016
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Die Markgrafschaft

Seither sind in schönen Sommernächten im
Schlößlegarten zwei glänzende Flämmchen, die
schwebenden Seelen der beiden Liebenden, zu
sehen. Erscheinen diese einem Brautpaar, so bedeutet
das für diese ein besonderes Glück.

Auf der Höhe des Steinackers, so heißt es in
der Sievert'schen Chronik, entspringt eine Quelle,
die nie austrocknet und von den Leuten „Heili-
genbrünnlein" genannt wird. Von ihr wird erzählt
, daß einmal an betreffender Stelle eine
Klosterfrau auf der Flucht vor Verfolgern erschöpft
niedergesunken sei und um neue Kraft
gebetet habe. Darauf sei die Quelle zu ihrer Erquickung
aus dem Boden hervorgequollen. Vom
Steinacker geht ferner die Sage, daß in seiner
Tiefe ein gewaltiger See ruhe, der einmal, wenn
die Zeit dazu gekommen sei, hervorbrechen und
in seinen Fluten das Dorf Auggen bis an den
Rhein tragen würde. In Hach soll ehedem ein
Kirchlein gestanden haben, in welchem zur Mitternacht
Lichtschimmer zu sehen und psalmsingende
Chöre zu hören waren.

Zwischen Hügelheim und Buggingen wurde
einmal ein junges Mädchen von einem Manne
ermordet. Dieser band die Leiche an den Schweif
seines Pferdes und ritt damit eilends an den
Rhein, um dort die Leiche in den Strom zu werfen
. In der Hast und von seinem schlechten Gewissen
getrieben, ließ sich der Mann von der
hereingebrochenen Dunkelheit täuschen und
merkte dabei nicht, daß er die Leiche auf eine
Uferstelle geworfen hatte. Dort wurde sie bald
entdeckt und führte zu seiner Festnahme. Seit
diesem Tag jagt der Mörder ruhelos in Sturmesnächten
an der Mordstelle vorbei, den Rhein
hinauf und zurück.

In der Nähe von Neuenburg, bei der Heiligkreuzkapelle
, wurde wiederholt eine weiße Erscheinung
gesehen, die besonders in der Nacht
vor Allerheiligen umging. Das Kreuz in der
Kapelle wurde, so hieß es, dreimal nach Neuenburg
gebracht und gelangte von dort jedesmal
wieder auf ungeklärte Weise in die Heiligkreuzkapelle
zurück.

In Sitzenkirch lebte einmal ein Ritter, der zwei
Söhne und eine Tochter hatte. Während dieser
Ritter seine beiden Söhne zu gleichen Teilen mit
Schlössern und Gütern beschenkte, soll er der
frommen Tochter erklärt haben: ,,Für dich habe
ich nichts; sitz zu Chilch und bete." Daraus sei
damals der Name des Klosters ,,Sitzenkirch" entstanden
.

Von Britzingen berichtet die Sage, daß dort
täglich ein Hund vom Neuenfelser Schloß nach
Britzingen kam, um Lebensmittel zu holen. Als
der Hund längere Zeit ausblieb, wurden die Leute
auf ein im Schloß inzwischen geschehenes Unglück
aufmerksam, das zum tragischen Geschick
des edlen Neuenfelser Geschlechtes führte.

In Heitersheim finden sich im dortigen Johan-
niterschloß zu gewissen Zeiten Maltheserritter
ein, um im Saale zur Mitternachtsstunde geisterhafte
Sitzungen abzuhalten.

Im Lochgarten bei Steinenstadt erscheint zu
besonderen Zeiten ein gespenstischer Mann, der
auf einem Schimmel reitend durch die Gegend
jagt und die ihn verspottenden Leute verfolgt
und schlägt.

In Sulzburg gar ist es ein weißgekleideter
Mann, der ruhelos herumläuft und den Kopf
unterm Arm trägt. Karl Kraus-Mannetstätter.

Si me amas — ?

(Fortsetzung von Seite 2)

Ich kenne das. Wer einmal ein Gespenst hat
lachen hören, vergißt den Ton nicht wieder. Er
ist wesenlos; das Lachen ist sozusagen selbst zum
Gespenst geworden und geht spuken. Natürlich
war es kein anderer als jener erste Badegast, der
sich auf diese Weise mausig machte. Der Kerl
war längst tot — und nun lachte er!

Ich tappte im Finstern weiter. Vor mir lag, von
Strauchwerk dicht umwachsen, der Trümmerhaufen
des römischen Bades, schwärzer als
schwarz, eine Nacht in der Nacht. Irgendwo hier
mußte eine Bank sein. Richtig, da ist sie! Ich
setzte mich also. Aber ich bekam hinterwärts
nicht die mit Sicherheit erwartete körperliche
Fühlung, wie man sie bei Sitzbänken normalerweise
voraussetzt, sondern plumpste in eine
bodenlose Leere, bis ich mich verdutzt zu ebener
Erde wiederfand, mitten in einer Anpflanzung
blühenden Knoblauchs, der mit seinem würzigen
Duft die balsamische Nachtluft schwängerte.

Ich starrte eine Zeitlang — wie lange, weiß ich
nicht — vor mich hin in die vierte Dimension:
da flitzt mit einem Male etwas Weißes an meinem

Auge vorüber wie ein Gespenst in eiligen Geschäften
— der Gestalt und der Tracht nach
irgend ein Stück dämonischer Weiblichkeit im
Hemde.

Kurios — aber nett! Die Sache läßt sich an.
Natürlich blicke ich ihr nach — ich könnte sagen:
„Wie von magischer Gewalt gezogen"; aber ich
bin ehrlich und gebe zu, daß es in solchen Fällen
bei mir keinerlei magischer Gewalt bedarf. Sie
ist überflüssig; es geht ganz ohne sie.

Ich blicke also nach und bemerke nun auch mit
Interesse zwei lange, fliegende Zöpfe, ohne
Zweifel echt, — soweit bei einem überirdischen
weiblichen Wesen von echten Zöpfen überhaupt
die Rede sein kann. Am Eingang der Badruine
hemmt „sie" ihren Geisterschritt, dreht sich um
und — winkt. Winkt wirklich und wahrhaftig
,,mit ihrer schlohweißen Hand", wie wir Dichter
sagen.

Mein erster Gedanke war: „Nanu?!", der zweite
,,Warum nicht?" Wenn einer Dame, sei es auch
einer längst verstorbenen, um meine persönliche
Bekanntschaft zu tun ist, so ist und bleibt das
ehrenvoll. Ob es auch Genuß verspricht, ist eine
andere Sache. Der Begriff des vollendet Weiblichen
ist nun einmal durch rein Geistiges nicht


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