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Die Markgrafschaft

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Zuckerbrötli

Aus meiner Erinnerungskommode / Von Jda Preusch- Müller

Die länger werdenden Nächte führen immer
tiefer in die verheißende Adventszeit hinein,
und um die stillen Lichtlein der Adventskränze
wehen Wünsche und Hoffnungen, klingen liebe
Lieder aus der Kinderzeit und wispern köstliche
Geheimnisse in den Häusern. Während die Kleinsten
schlafen oder flüstern und raten, was wohl
das Christkind bringen mag, arbeiten die Großen
ihre Heimlichkeiten in den gemütlichen Abendstunden
.

Zu diesen Heimlichkeiten gehörte früher auch
das „Zuckerbrötlimachen", denn damals brachte
das Christkind auch diese in seinem goldenen
Säckchen hinunter zur Erde. Faßt nicht das köstliche
alemannische Wort ,,Zuckerbrötli" alle weihnachtliche
Süße und allen Zauber in sich?

Wie kalt ist dagegen das hochdeutsche „Kon-
fekt"; es knallt einern^ so richtig in die Ohren.
Konfekt kann man beim Konditor kaufen,
Zuckerbrötli backen die Mütter mit Liebe und
Sorgfalt selbst, und Zuckerbrötli hängten die
Mütter früher als Schmuck an den kleinen Christbaum
. Wenn dieser am Dreikönigstag geplündert
wurde, schmeckten die selbstgebackenen Süßigkeiten
genau so gut, wie heute die Ringlein und
Figuren aus Fondant, Marzipan oder Schokolade.

Meine früheste Erinnerung ,,an's Zuckerbrötli-
mache" ist mit einer Enttäuschung und zugleich
mit einer Wonne verknüpft, die mir buchstäblich
das Wasser im Munde zusammenzog.

Meine Mutter mußte sich die Zeit zu solchen
Heimlichkeiten immer in die frühen Stunden vor
Tag legen, da Geschäft und Haushalt sie bis in
die späten Abendstunden festhielten. So war sie
auch wieder früh um 4 Uhr aufgestanden, um auf
dem Tisch im Gängli hinter dem Ladenschrank,
der den Aufgang zur Stube im zweiten Stock
deckte, zu zuckerbrötlen.

Der Teig für Ausstecherle war fertig und Mutter
rollte mit Eifer und Schwung auf dem Nudelbrett
die süßen Teigplatten aus, stach eifrig Formen
aus, die bemehlten Förmchen immer wieder
ausklopfend. Da hörte sie ein sonderbares Geräusch
. Sie horchte, da war es still. Sie arbeitete
weiter, und wieder tat es so. Es — ja, was war
es nur? Richtig, es „sürpfelte" von der verdeckten
Treppe her, und das weiße Zipfelchen eines
Nachthemdchens blitzte. Barfuß stand ich dort,
mit großen Augen, den Finger im Mund, an dem
es entlang tröpfelte und immer wieder eingesogen
wurde. Mutter schalt und lachte in einem.

So also sah das Christkindle aus, das die
Zuckerbrötli brachte? Was konnte ich dafür, daß
Mutter im Eifer das Wellholz so kräftig aufsetzte,
das Nudelbrett wackelte und die Blechförmchen
so „böbberleten"? Ich war davon aufgewacht und
mußte dem Geräusch und dem Lichtschimmer
nachgehen.

Mit einem Möggeli Teig stillte Mutter mein
„Glüstli", brachte mich wieder zu Bett und versprach
mir, daß ich in Zukunft helfen dürfe.

Wie herrlich war es dann, an all den feinen
Zutaten zu riechen und da und dort ein wenig zu
lecken, Mandeln zu reiben, Zitronat zu schneiden,
Honig zu ziehen, bis ein Tropfen auf das Händchen
fiel, Eier und Zucker zu rühren,' Schnee zu
schlagen, von Teigresten Ringlein, Schnecken und
Brezeln zu formen. Unser alter, großer Kachelofen
schluckte eine Menge Bleche, und wenn dann
die Butterbrötchen, Springerle, Makrönle, Lebküchle
, Profitie, Zimmtsterne und Pfeffernüsse
weiß oder braun oder goldgelb wieder herauskamen
, duftete das ganze Haus. Wenn dann die
Kunden im Laden sagten: ,,Ah, by Euch schmeckt's
aber fein!", und Mutter sagte: ,,Jä, ,Es' het halt
au ghulfe," war ich glücklich.

Das Fingerlein kam hinfort nicht mehr in den
Mund, aber ein kleines, wonniges „Sürpfle" soll
bei dieser Arbeit bis heute geblieben sein.

Wir erinnern nochmals:

An unserer Jahresfeier, die voraussichtlich
am 18. Januar stattfindet, wollen wir einen
Gabentisch aufbauen. Zu diesem Zweck werden
unsere Maidli von Haus zu Haus gehen, um für
den Hebelbund etwas auf den Gabentisch zu
holen. Wir bitten die Bevölkerung herzlich, unsere
Maidli freundlich zu empfangen. W.

Die Abonnenten und Leser unseres Blattes
„Die Markgrafschaft'' bitten wir, uns die Adres sen
von Angehörigen und Freunden, die außerhalb
des Markgräflerlandes oder im Ausland wohnen
, schriftlich mitzuteilen. Das Blatt soll ihnen
als Gruß der Heimat regelmäßig — sofern dies
gewünscht wird — zugestellt werden. Ein Abonnement
einschl. Zustellgebühr kostet monatlich
nur 50 Pfg. Bitte deutlich schreiben. Die Adressen
sind einzusenden an Fr. Wolfsberger, Müllheim,
Werderstraße 25.


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