Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-01/0008
6

Die Markgrafschaft

in zwei Hauptgebiete. Unterscheidungsmerkmal
ist der K-Laut. Im nördlichen Teil, der von
Baden-Baden bis zum Feldberg reicht, wird Kind,
Kern, Korn ausgesprochen. Hier herrscht das
Mittelalemannische. Es grenzt sich im Osten, auf
dem Höhenkamm des Schwarzwaldes von Gernsbach
im Murgtal bis ins Amt Villingen, gegen
das Schwäbische ab und schließt die Baar, den
Hegau und das Amt Überlingen mit ein. In seinen
Westteil dringt vom Elsaß her, bei Wittenweier
beginnend und die Riedorte und das
Hanauerland um Kehl umfassend, das Niederalemannische
ein, in dem aus sage = saje wird.

Im südlichen Teil des alemannischen Sprachgebiets
heißt es Chind, Chorn, Chern; hier gilt
das Südalemannische. Die Lautgrenze zwischen
K und Ch scheidet das Markgräflerland vom ehemals
österreichischen Breisgau, stößt bei St. Georgen
(bei Freiburg) und Leutersberg bis zum
Schönberg vor und verläuft dann über den Notschrei
zum Feldberg und /von da durchs Wutachtal
zum Fürstenberg und über die Kuppen des
Hegaus nach Konstanz. Bei uns im Markgräflerland
, im Wiesental und auf dem westlichen
Hotzenwald wird also südalemannisch gesprochen,
die Sprache, in der auch Hebel gedacht und gedichtet
hat. Im Südostteil unseres südalemannischen
Gebietes, in den Landstrichen, die den
schweizerischen Kanton Schaffhausen einrahmen,
herrscht eine besondere. Abart, das Hochalemannische
,, das auch in der Schweiz, im Berner Oberland
, im Wallis und im Kanton Schaffhausen
selbst erklingt.

Eine bildliche Erläuterung unserer Ausführungen
gibt die Skizze auf Seite 5.

Si me amas — ?

(Fortsetzung.)

Eine Kunde aus der klassischen Badezeit Badenweilers

Von Rudolph Vogel t

Da keines des andern Sprache verstand und das
Esperanto der Liebenden, nämlich die romantischen
„Achs" und „Oh's" damals noch nicht so
gang und gäbe waren wie in den heutigen Romanen
, so blieb die Unterhaltung, was artikulierte
Laute anbelangt, dürftig. Daß aber Augen und
Hände, die bei solchen , sprachlichen Schwierigkeiten
beliebte Dolmetscher sind, nicht allzu beredt
wurden, dafür sorgten mancherlei Umstände.
Die germanische Jungfrau erwies sich als ein
Kind, harmlos und von verblüffender Ignoranz in
allen Liebessachen; und da ihr nichtsdestoweniger
die gehaltene Würde des Weibes vollkommen
eigen war, erschien sie in einen doppelten Schleier
göttlicher Unnahbarkeit gehüllt. Dem Römer, der
solch reinen und edlen Frauentums gänzlich ungewöhnt
war, mehrte diese Haltung die ehrfürchtige
Scheu, und wenn er doch zuweilen durch den
göttlichen Schleier hindurch das liebliche Menschenkind
schimmern sah, so drängte er das Verlangen
des jungen Herzens gewaltsam zurück.
Mit Schaudern dachte er an Äktäons Schicksal
aus Ovids Metamorphosen und blickte unruhig
nach den beiden Rüden, die der Herrin nicht von
der Seite wichen. Sie beobachteten ihn mit einer
an Eifersucht grenzenden Wachsamkeit und erhüben
ein bedenkliches Knurren, sobald der
Fremdling sich anschickte, seinem Dankgefühl
einen etwas zu lebendigen Ausdruck zu geben.
So taten sie schließlich das Beste bei der Sache,
denn jeder Versuch, sie durch bestechendes Streicheln
zur Nachsicht zu stimmen, stieß auf schnöde
Zurückweisung.

Rasch — ach, fast allzu rasch heilten die Wunden
. Was die Kunst der Diana-adjutrix glückhaft
begonnen,, vollendete die Heilkraft ihres
Quells und der stille Zauber des Ortes, dessen
Friede schmerztilgend Leib und Seele wundersam
umfing. Seltener erschien die Jungfrau,
stiller ward ihr Weilen, rascher ihr Scheiden. Es
kam, was einmal kommen mußte, der Augenblick,

wo sie ihn nicht mehr halten und er nicht mehr
bleiben durfte. An einem Nachmittage blieb sie
außen vor dem Eingang der Hütte stehen und
winkte nur. Da wußte der Römer, daß sein Stündlein
geschlagen, und er folgte der Voranschreitenden
, wie ein armer Sünder, den Tod im Herzen
und vor Augen, seinem Henkersknecht. Auf
Waldpfaden über niedere Hügel ging es talwärts,
bis der Rheinstrom silbern aus den Uferbüschen
heraufblitzte und der Blick nach der Kette des
Gebirges hinüberschweifte, das fern im Westen
dunstig die Landschaft beschloß.

Ein Einbaum lag in verborgener Bucht auf
kiesigem Grund; der nahm die beiden auf.
Schweigend glitten sie über die still- und breitströmende
Wasserfläche, als würde ein Abgeschiedener
von Charons Kahn zum Hades entführt
, um im Schatten ewigen Vergessens ein
kümmerliches Dasein als schwirrende Fledermaus
zu beginnen. Die Jungfrau stand, die
Stange in der kräftigen Hand, am Heck, aufrecht
und fest, wie eine, die nicht gern und nicht eilig,
aber entschlossenen Mutes tut, was ihr das Geschick
auferlegt. — Die Hunde rasten am Ufer
auf und ab, und ihr grimmiges Bellen scholl dem
Fahrzeug nach wie das Heulen des zweiköpfigen
Cerberus.

Wie die Fahrt, war der Abschied: kurz, karg,
wortlos. Der Jüngling löste, in Ermangelung des
bei solcher Gelegenheit gebräuchlichen Obolus,
eine bronzene Sparige von seiner Tunika und
heftete sie auf die Schulter der Jungfrau, die seinem
Tun regungslos mit stillem Blick zusah.
„Si me amas — ?" flüsterte er mit bebender
Stimme und sprang rasch ans Ufer; dann war
alles vorbei. —

Wenig später sah der scheidende Tag ein eigenartiges
Bild. Am linken Ufer des Stromes stand
der fremde Mann gleich einer Statue von ägineti-

(Fortsetzung auf 'Seite 9)


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-01/0008