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Die Markgrafschaft
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's Iisveegili
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E Pfiil schnellt iwers Wasser hü, äs gellt e lange Pfiff,
€ Schpindle süüst v'rbei, e fletig Wäwerschiff —
un uffme Zwiigli Üßwuchs vumme füüle Babbeleschtumbe,
wu in de Binzge nooch am Bord lit, obme diafe Gumbe,
hoggt do uffs Mool e Veegili, miislischtill, schtockgschtiff,
e farwige Edelschtai vum rainschte Schliff.
Uff sinem Brischtli glumst e gliawig Oweroot,
wie-s wintertags am kalte, haitre Himmel schtoht.
Si Rugge glitzret, wie im Määr 's bloi Wasser, 's grian-
läächt Iis
durnander gmänglet, schtahlschwarz glänzig zittewiis.
Uffgmutzt esoo, duat's lüüre aß e gschnälle Dood,
un untri glüüre, wu in de Zepf d'Forälle schtoht,
wu Tschiaber, Wißfisch, Barble ummenanderflitze,
v'rgellschtret un v'rtschaicht in dunkli Küdde schlitze,
wu's liislig gwalleret, kunt vum Brüüser här e linde
Schwall,
wu's uf de Bode sährie ka durs klar Krischtall.
Jetz luag! Gäh wi-e Schtai, aß e baar Trepfli schpritze,
keit sich's kopfiiwer nii, d'rgege schwimmt's, un ball
isch's wider duß, küüm aßes d'Wasserhütt dät ritze,
z'ruck fliagt's un kunnt uffs glichlig Plätzli z'sitze,
im Schnäwili hett's e zawlig Silberfischli blitze,
un schlänkret's un worgst's naa — hoggt wider miislischtill
, schtockgschtiff,
dä farwig Edelschtai vum allerrainschte Schliff.
Karl Ernst Wiemann
(Mittelalemannisch, Köndringen.)
Si me amas — ? (Fortsetzung von S. 6)
schem Erz — diesseits am rechten die weiße,
ragende Gestalt des Germanenweibes, scharf abgehoben
von dem schwarzen Hintergrund des
Tannenwaldes, beide den Blick unverwandt aufs
Ufer gegenüber gerichtet. So starrten sie einander
an, regungslos, Kinder zweier Welten, einer
sterbenden, deren Sonne hinter den westlichen
Bergen in Dunst und Qualm zu Rüste ging und
einer kommenden, die in frischer kraftvoller
Jugendsehöne über Wäldern und Sümpfen emporstieg
, und der der künftige Tag gehörte.
So standen sie, bis das letzte Licht schwand
und die Erdennacht die Gegenwart in ihre flüchtigen
Schatten hüllte.
Was eine Frau pflegt, ein Kindlein oder auch
nur ein Hündlein, das gewinnt sie lieb; denn es
liegt , im eigensten Wesen der echten und rechten
Frau, alles mit dem Herzen zu tun und nichts
mit dem Verstand. Wohl gibt es auch kluge
Frauen; aber ihre Klugheit ist Herzensklugheit,
bei welcher das Herz der Meister und der Verstand
der Knecht ist.
Und alle Art von Heimlichkeit ist für das
Frauenherz eine gefährliche Sach£. Wenn ein so
grundehrliches Ding, wie es ein Mädchenherz ja
wohl ist, beginnt, sich mit Heimlichkeiten zu befassen
, so mischt sich Liebe ins Spiel, ufigerufen
und ungewußt. Nimmt ein Mädchen erst einmal
die Gewohnheit an, hinter sich abzuschließen, so
kauert die Liebe hinter der Tür und lauert am
Schlüsselloch, bereit, einzuschlüpfen--, wenn
sie nicht schon drinnen ist. . ' -
Was Abnoba dem wunden Römer heimlich Liebes
angetan, haftete ihr im Herzen, und alle
Wasser des Rheines wuschen es nicht hinweg. Die
ehrliche Guttat, aus reinstem Mitleid geboren,
ward ihr zur verborgenen Flamme, welche fortan
in ihrem Busen ein ungewohntes Wesen trieb und
ihr den ruhigen, gleichmütigen Sinn in drängende
, suchende Unruhe wandelte. Die Fröhliche,
Gesellige, Muntere ward still, scheu, verschlossen.
Der Mutter fiel auf, daß sie oft in Gedanken war
— mit Recht! Denn Gedanken sind bei jungen
Mädchen etwas sehr Ungewöhnliches und daher
sehr Beunruhigendes. Seltsam war, daß sie unablässig
baden ging, und ihre Gespielinnen machten
erst verwunderte und dann schlaue Gesichter, als
sie jede Begleitung dabei sichtlich vermied.
Und das arme Kind badete nicht einmal. Sie'
schämte sich. Sobald sie an den Weiher trat, überfiel
sie tiie Empfindung, als rauschte es hinter
jedem Busche von bekannten Schritten, als lugten
hinter jedem Baume verlangende Augen hervor
. Die leere Waldhütte ward ihr bedenklich
und verdächtig. Es lag wer drin. Das war Einbildung
; aber das Eingebildete ward ihr leibhaftig
und beherrschte sie völlig, als wartete der
Mann da drinnen schon darauf, daß sie ihr Gewand
abwürfe. Nein! Sie konnte nicht baden;
schon bei dem Gedanken ward sie rot.
Aber ein anderes tat sie an dieser verstohlenen
Stätte immer und immer wieder. Hatte sie sich
umgesehen und überzeugt, daß keiner lauschte
und daß sie allein, war mit ihrem Herzen und
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