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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-02/0017
Die Iftarkgr'kfSchaft

15

zugegen war, vor Zorn fast zerriß, hat den Feuerwerker
nicht gestört, im Gegenteil, er wartete
gerne, bis der Geärgerte in die Nähe kam, um
dann umso lauter den „Köpenicker" auszurufen.
Wir Buben gönnten es dem gefürchteten Mann
von Herzen, daß er in der Person des Emil einen
gefunden hatte, dem er nicht gewachsen war.

Lustig ging es da oben auf der Hohle zu.
Scheibe um Scheibe flog als glühender Kreisel in
die Luft, und es sah aus, als ob ein brennender
Wespenschwarm über dem Berg stünde. Daß die
vielen frohen Menschen da oben Heiden sein
sollten, wollte nicht in meinen Bubenkopf. Jedenfalls
hat mir das bunte, ausgelassene Treiben sehr
gut gefallen.

Am andern Morgen, in der Schule, wurde das
Ereignis natürlich ausgiebig besprochen. Mein
Schulkamerad O. H. rückte auf dem Heimweg
mit dem Plan heraus, das Fasnachtsfeuer zu
wiederholen und meinte, in Nachbar L's. Garten
sei der geeignetste Platz. Der Vorschlag wurde
begeistert aufgenommen. Gleich nach dem Essen
marschierten sechs Buben der Hohle zu und
lasen in den Reben die am Fasnachtsfeuer geschlagenen
Scheiben, von denen viele noch gut zu
brauchen waren, zusammen. Diethelms Wäldele
lieferte uns die Stecken und als Scheibenbock
dienten die Waschbänke unserer Mütter, die
wir still und leise daheim abholten. Nun fehlte
noch das Brennmaterial. Aber Lausbuben sind
nie verlegen. O. H., der unser Leithammel war,
schlug vor, Wellen von unserem Schopf zu neh-

Eine Fahrt im

Heute sind es genau 22 Jahre, als am Fasnachtssonntag
ein grüner „Laubfrosch" in rascher Fahrt
den Erngupfenweg herunterkam. Der junge
Fahrer am Steuer hatte es sehr eilig. Eben
hatte er sich von seinem Freund Erich verabschiedet
mit dem Versprechen, sich beim Fasnachtsfeuer
nachher wieder zu treffen. Die Holzstöße
auf der „Hohle" brannten schon, als er sich
der großen Brücke bei der Frickmühle näherte,
die er in kühnem Bogen, ohne das Tempo zu
mäßigen, überquerte, um in die Gerbergasse einzubiegen
. Aber der Fahrer hatte bei der tollen
Fahrt jetzt das Steuer etwas zu stark nach rechts
herumgerissen, und ehe er sich's versah, schoß
das Auto über ein junges, gertenschlankes Pappel-
bäumchen hinweg (dies ist heute ein großer, starker
Pappelbaum) in den Klemmbach hinab. Hier
lag nun der Wagen und streckte alle vier Räder
in die Luft. Der Fahrer, dem bei dem tiefen Sturz
weiter nichts geschah, zwängte sich durch die
Wagentür, kletterte den steilen Rain wieder hinauf
und holte bei seinem Freund Hilfe, die ihm
auch von diesem und dessen Angehörigen rasch
zuteil wurde. Bald stand der Wagen auch wieder
auf seinen Rädern. Der Motor wird probiert,
und — er läuft an, ebenso funktionierte die Lichtanlage
, aber auch noch etwas anderes funktionierte
: das Boschhorn. Selbsttätig hatte sich dieses
miteingeschaltet und war nicht mehr zur Ruhe
zu bringen. Mit dem ersten Gang ging es nun den
Klemmbach hinab. Durch das fortwährende Gemen
; wir hätten ja noch viele, meinte er, und
weil der Schopf in der Nähe sei, würde das
am wenigsten auffallen.

Also holten wir die Wellen; es mögen etwa
hundert gewesen sein, und schichteten sie zu
einem Haufen übereinander. Aus einem Bubenhosensack
wurden Streichhölzer gespendet und
bald loderten die hellen Flammen über den
Wellenhaufen hinaus und legten eine dicke
Rauchfahne über die Scheune des Nachbars L.

Zum Scheibenschlagen aber kamen wir nicht
mehr, denn der Ruf „Fürio! Fürio!", der von der
Straße her unsere Ohren erreichte, jagte uns in
eine furchtbare Angst. Wie gelähmt standen wir
um unser Feuer. Erst als die Nachbarn in den
Garten stürmten, kam wieder Leben in unsere
Glieder. Daß unser Heil nur in der Flucht liegen
konnte, hatten wir blitzschnell erfaßt, und wir
rannten davon, als ob der Schinderhannes hinter
uns her wäre. *

Die Strafe war freilich nur aufgeschoben. Der
Vater hat am Abend nachgeholt, was die Nachbarn
mittags beim besten Willen nicht vollbringen
konnten, weil die Bubenbeine schneller
waren. Ich weiß aber noch sehr gut, daß jene
Prügel bei mir das' Gefühl auslösten, die Strafe
sei redlich verdient und befreiten mich von der
eigenen, schweren Anklage, dem Vater die mit
vieler Mühe erarbeiteten Wellen nutzlos verbrannt
zu haben. Die Prügel aber waren gesalzen
und gepfeffert, und es ging kein Streich fehl.

Klemmbach

tude aufmerksam gemacht, rannten die Gäste aus
dem „Oberen Engler" auf die Straße hinaus; erst
sahen sie nichts, hörten aber nur immer das
Autosignal, aber als die Lichter mitten im
Klemmbach auftauchten, ging der Spektakel oben
am Klemmbachstrand los: alles rannte nebenher
und machte seine Witze über den Fasnachtsscfyerz,
wie sie erst glaubten. Bei der unteren Brücke vor
dem alten Schlachthaus wurder^ dann von hilfreicher
Hand einige Bretter. hinabgeschoben und
mit Motor- und Menschenkraft kamen dann
Fahrer und Auto in der „Bachgasse" wieder auf
trockenen Boden. Bald stand dann auch der Wagen
mit zerbeultem Kühler, aber ohne Windschutzscheibe
— diese lag im Klemmbach — wieder
in der Oarage in der Eisengasse. Der tapfere
Klemmbachschiffer rannte jetzt rasch nach Hause,
wo er von seiner erschrockenen Mutter, die von
dem „Unglück" schon benachrichtigt war, mit
trockenem Plunder versehen wurde. Zu einem
langen Nachtessen hatte der Junge keine Zeit,
denn er mußte doch zum Scheibenschlagen. —

Wenn unser Held diese Nummer der „Markgrafschaft
" in den USA. liest, wird ihm wohl die
Erinnerung an diese nächtliche Wasserfahrt wieder
vor Augen treten, und er kann dann Vergleichet
ziehen zwischen dieser Fahrt im Klemmbachbett
in Müllheim und seinen jetzigen Autofahrten
unter dem Hudsonfluß. H. H.


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