Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fs
Hebelbund Müllheim [Hrsg.]
Die Markgrafschaft: Beiträge aus Geschichte, Kultur und Wirtschaft des Markgräflerlandes
2. Jahrgang, Heft 3.März 1950
Seite: 10
(PDF, 6 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1950-03/0013
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Die Markgrafschaft

wegen. Die rührige Frau Brenner mußte Riesentöpfe
voll Kaffee kochen und korbweise den
guten Kuchen aufschneiden.

Ich sehe sie noch vor mir, die stattliche Frau.
Auf dem dunkeln, glatt gescheitelten Haar trug
sie ein winziges, schwarzes Spitzenhäubchen,
über dem glatten, grauen Wollkleid eine ^chwarz-
seidene Halbschürze, und an der Seite einen
großen, eingehakten Schlüsselbund. Für jeden
Gast hatte sie ein freundliches Wort. Oft erzählte
sie „von 's Großherzogs", wie einfach und leutselig
diese seien. Wenn das Fürstenpaar im Sommer
in Badenweiler war, kam oft unangemeldet
zur Kaffeezeit der großherzogliche Landauer vor
die Bürgler Freitreppe gefahren. ,,Drei Vaterunser
lang loß i der Kaffi halt zieh", sagte einmal
Frau Brenner zu meiner Mutter.

Herr Brenner hatte zwei Brüder und eine
Schwester. Letztere, eine Frau Seher aus Holzen,
hieß im ganzen Umkreis nur „d'Ernstine" Und
war eine vorzügliche Köchin. An unzähligen Verlobungen
, Hochzeiten und Tauten im Markgräfler-
land zeigte sie ihre Kunst, und wenn es auf Bürgeln
hoch herging, war die Ernestine eine unentbehrliche
Hilfe. Ein Bruder, der Schneckenwirt
in Kandern, war mein Götti. Der andere Bruder
besaß in Pforzheim ein Goldwarengeschäft und
war Junggeselle. Wenn er bald zu Besuch nach

Kandern und Bürgeln kommen sollte, ging es wie
ein Lauffeuer durch's Städtchen: „Der Goldunkel
chunnt barMehr noch als seine blitzenden
Brillantringe war dieser Name für uns Kinder
ein Schein, der diesen Mann in's Märchenhafte
hob.

Es war nicht nur der Zauber der alles vergoldenden
Erinnerung, der mir die Augen feucht
werden ließ, als ich nach Jahrzehnten zum ersten
Mal wieder nach Bürgeln kam. Das große Tor
war geschlossen, überall standen Verbotstafeln.

Auf die äußere Umfassungsmauer mußte ich
klettern, um über die hohe, breite Tannenhecke
hinweg das liebe, alte Schloß im neuen, herrischen
Gewand sehen zu können. Gewiß, es war
wunderschön; ich mußte eine Aufnahme davon
machen.

Dann lehnte ich in der Nische am Ende des
schmalen Weges und schaute zur Sausenburg
hinüber. Wo war die gute, vertraute Frau Bürgeln
, die einem mit allen Freuden oder Nöten
aufnahm? Madame Bürgeln im gelbseidenen
Rokokokleid, mit hoher Puderfrisur, stand dort
auf Stöckelschuhen. Mit dem Fächer in der Hand,
deutete sie nach der Schloß Wirtschaft hinüber:
,,Bitte, treten Sie dort ein. Ich empfange heute
keine Besuche!"

Wie ein Kanderner „Kaiser" wurde

Glück und Tragik eines großen alemannischen Sohnes

„Bigott", wie man im Alemannischen zu sagen
pflegt, das ließen sich die ehrbaren Eheleute
Sutter nun wirklich nicht träumen, daß dieses
Büblein da, das ihnen am 23. Februar 1803 in die
Wiege gelegt wurde, einmal einer der reichsten
Männer der Erde werden sollte, und später unter
dem Namen „Kaiser von Kalifornien" Weltruhm
erlangen würde. Und wenn man diese Ahnungs-
losigkeit bei rechtem Licht besah, mußte man
den Sutters, die von der Schweiz nach Kandern
herübergekommen waren, auch recht geben, denn
nichts deutete auf eine solche Entwicklung hin.
Während Vater Sutter als Werkmeister in der
Papierfabrik Häusler in Kandern um diese Zeit
das Notwendigste für Weib und Kind verdiente
und ein fleißig-schaffiger Mann war, zeigte
„Gusti", wie der Bub von seinen Schulkameraden
genannt wurde, in der Schule wenig Sitzfleisch.
Vielleicht war daran auch die romantische Wolfsschlucht
nicht ganz schuldlos, die im Kanderner
Städtchen mit seinem typisch markgräflerischen
Gesicht eines der vielen schönen Fleckchen war,
wo sich die Jugend zusammenfand. In der Thurn-
eysen'schen Buchhandlung und Druckerei in Basel,
wo Johann Sutter als Lehrling eintrat, gab es
wegen dem „Träumer" manchen Ärger und auch
sonst schien des jungen Mannes Lebensweg wenig
verheißungsvoll zu werden. Mit einem eigenen
Geschäft, das Sutter später nach seiner Verheiratung
mit Anna Dübold in Burgdorf gründete,
wollte es auch nicht recht vorwärts gehen. Bald
war ihm die Schuldenlast über den Kopf gewachsen
und als sich sogar andere unliebsame Dinge
einstellten, für die man auch von anderer Seite
Interesse zeigte, ließ er sein Weib und seine vier
Kinder im Stich und fuhr mit dem Raddampfer
„Esperance" nach Amerika.

In der Neuen Welt

Am 7. Juli 1834 legte das Schiff in New York
an, wo Sutter zunächst als Packer, Hufschmied,
Tierausstopfer, Buchhalter und Tuchmacher tätig
war, bis es ihm gelang, in St. Louis eine Farm zu
kaufen. Von vorüberziehenden Abenteurern, Pelzhändlern
und Soldaten hörte er, daß es im Westen
ein noch menschenleeres Land gäbe, wo
„Milch und Honig fließe"; frei für jeden, der
dorthin wolle. Für Sutter, in dem die Abenteuerlust
auf's neue erwachte, bedeutete dies, daß er
eines Tages wieder sein Hab und Gut verkaufte
und sich auf den Weg nach dem Westen, dem
sagenhaften Kalifornien machte. Nachdem er zunächst
am Missouri-Ufer stromaufwärts und yon
dort nach dem Westen, über den Evan-Paß gezogen
war, kam er Ende September im Fort Van
Couver, in der Nähe der Pazifikküste, an, wo
ihm von einer Weiterreise auf dem Landwege
wegen der im Süden ausgebrochenen Indianeraufstände
dringend abgeraten wurde. Mit einem
halbmorschen Segler fuhr Sutter dann zunächst
nach den Sandwich-Inseln und wartete dort auf
Fahrgelegenheit nach Kalifornien. Zufällig hörte
er von Seglern, die regelmäßig von Alaska aus
zur kalifornischen Küste fahren würden. Ein


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